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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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war es der katzengleiche Dämon gewesen, der in sie gefahren war, derselbe Dämon, der sie gezwungen hatte, den Mord wiederzugeben.
    Zögernd bewegte sich nun ihre Hand. Langsam und ohne dass der Stift unkontrolliert ausbrach, erwuchs ein zweites Mal das Bild des Krautes auf dem Leder. Als sie es vollendet hatte, schob sie den Stift und die Zeichnung hastig in das Bündel zurück.
    Gesichter … Sie hatte die Gesichter der Männer gezeichnet, so, wie sie diese während des Mordes beobachtet hatte. So, wie sie wirklich waren. Hatte Roger Recht und nicht das Bild war böse, sondern das, was geschehen war? Sollte es möglich sein, Gesichter so zu malen? Nicht nur als gleichförmige Schablonen, wie die Musterbücher sie vorgaben, sondern mit all ihren Eigenheiten? Wieder, wie so oft, sehnte sie sich danach, dies tun zu können.
    Später am Tag kroch sie aus der Höhle. Nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte, schien sie plötzlich sehr rasch zu sinken. Als die Dämmerung einsetzte, sagte sich Donata, dass Roger noch zurückkehren würde. Es war leicht möglich, dass er in der Dunkelheit den Weg verlor und diesen Ort erst mitten in der Nacht oder kurz vor Tagesanbruch erreichte.
    Aber sie hatte ihm versprochen, die Höhle zu verlassen, wenn er bis Einbruch der Dämmerung nicht wieder hier sein sollte. Donata kämpfte mit sich und wartete noch eine Weile. Doch schließlich griff sie nach ihrem Bündel und hängte es sich um.
    Als sie sich unter dem Höhleneingang hindurchduckte, war die Nacht bereits angebrochen. Keinerlei Dunst verschleierte die Sicht. Sie orientierte sich an den Sternen, die sehr hoch und eisig am Himmel standen. Ehe sie die Richtung einschlug, in der das Benediktinerkloster lag, schob sie ihr Messer so in ihrem Bündel zurecht, dass sie es rasch greifen konnte. Während sie sich ihren Weg durch den hohen Schnee bahnte, zwang sie sich, nicht an das zu denken, was Roger widerfahren sein mochte.

    *

    Als Enzio den Saal im Wohngebäude von Odilos Gehöft betrat, saß Gertrud – die Gattin von Heinrichs früherem Gefolgsmann – in sich zusammengesunken auf einem Schemel. Zwei Frauen standen bei ihr und sprachen beruhigend auf sie ein und noch weitere Knechte und Mägde hatten sich um sie versammelt. Die Flammen in der großen Feuerstelle an der Längsseite des Saales waren fast heruntergebrannt und der beißende Geruch von kaltem Rauch lag in der Luft.
    Ein Geruch, der zu Trauer und Wehklagen passt, ging es dem Kardinal durch den Kopf. Nun, ein jeder war Asche und kehrte zu Asche zurück, wie es im Buch Hiob hieß. Und auch seine eigenen Gebeine würden eines Tages verrotten. Aber trotzdem ließ sich in der Zeitspanne davor etwas schaffen, was die Jahrhunderte überdauerte und Unsterblichkeit verlieh.
    Das Gesinde wich respektvoll vor ihm zurück, auch die beiden Mägde, die neben ihrer Herrin gestanden hatten. Odilos Frau schien dies zu bemerken und schaute auf. Ihr noch vor wenigen Stunden rundliches Gesicht wirkte jetzt schmal und eingefallen. Langsam irrte ihr Blick durch den großen Raum, doch sobald sie den Kardinal erkannte, erhob sie sich hastig und machte einige Schritte auf ihn zu.
    »Herr, was Euer Bote mir mitgeteilt hat, kann nicht wahr sein. Sagt mir, dass mein Mann noch lebt!« In einer flehenden Gebärde hob sie die Hände.
    »Es tut mir Leid … Odilo ist tot«, sagte Enzio sanft. Er ergriff ihre Hand und führte sie zu dem geschnitzten Stuhl vor der Feuerstelle, in dem er am Vortag gesessen hatte. Sie ließ sich gehorsam nieder, während ihre Miene immer noch verzweifelten Unglauben spiegelte.
    »Aber wer könnte meinem Mann etwas so Böses antun? Er war immer freundlich zu den Menschen …«
    Der Kardinal nahm auf einem Stuhl neben Odilos Frau Platz und sprach geduldig auf sie ein. »Es ist, wie Ihr sagt. Auch ich habe Euren Mann sehr geschätzt. Er war ein ehrbarer, tapferer und ritterlicher Mensch. Und der König hat von ihm als einem Freund gesprochen.«
    Gertruds Augen füllten sich mit Tränen. Doch sie hörte ihm schweigend zu und ein wenig von ihrer Starre schien von ihr abzufallen.
    »Wie Ihr wisst, ist Euer Mann gestern Nachmittag mit uns aufgebrochen, um uns den besten Weg nach Köln zu zeigen.« Immer noch klang Enzios Stimme warm und voller Mitgefühl. »Er hat die Nacht mit uns verbracht und ist am Morgen, als er sicher war, dass wir den Weg nicht mehr verfehlen würden, wieder umgekehrt. Zwei meiner Leute – sie blieben eine Weile zuvor hinter uns zurück, weil

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