Die Buchmalerin
in den vergoldeten Kelchen und der Karaffe, die darauf standen.
Nein, dachte der Abt trocken, die Anklage wegen Verschwendung hatte den Lebenswandel Heinrich von Müllenarks nicht verändert. Seine Anspannung ließ nun, da der Beginn des Gesprächs unmittelbar bevorstand, ein wenig nach. Nachdem sie auf den niedrigen Stühlen Platz genommen und der Kardinal Wein in einen Kelch gegossen und das Gefäß dem Abt gereicht hatte, beugte er sich ihm zu.
»Euch führen Geschäfte in die Stadt?«, Enzios Stimme klang wie meist liebenswürdig und auch ein wenig Sorge schwang darin mit. »Leider muss ich Euch eine Mitteilung machen, die Euch, fürchte ich, nicht gefallen wird. Sie betrifft ein Mitglied Eurer Familie. Adelheid, die Äbtissin des Klosters Maria im Kapitol.«
Der Abt nahm einen tiefen Schluck von dem Wein. Widerwillig musste er zugeben, dass der Kardinal die Eröffnung des Gesprächs für sich entschieden hatte. Elegant war er möglichen Vorhaltungen begegnet.
»Aus genau diesem Grund bin ich nach Köln gereist.« Nun neigte sich auch Hugo dem Kardinal zu und auf seinem schmalen, noch jungen Gesicht zeichnete sich ein leiser Vorwurf ab. »Ein Mönch aus der Stadt, ein Dominikaner, hat mich benachrichtigt. Es hat mich ein wenig gewundert, nichts von Euch darüber zu erfahren, dass Ihr meine Großtante der Ketzerei verdächtigt …«
»Gewiss«, Enzio seufzte bedauernd. »Ich hätte es Euch sofort mitteilen sollen. Und wenn Ihr nicht in die Stadt gekommen wärt, hätte ich Euch jetzt einen Boten geschickt. Aber der König bat mich zu sich nach Trier …« Er hob in einer entschuldigenden Geste die Hände.
»Die Schuld trifft auch mich«, warf Heinrich von Müllenark ein. »Denn auch ich hätte Euch, Abt Hugo, benachrichtigen können …«
Der Kardinal schenkte ihm ein Lächeln. »Nein, Ihr müsst keine Schuld auf Euch nehmen. Ihr habt Euch in dieser Sache – und dies zu Recht – auf mich verlassen.«
»Ich bin davon überzeugt, dass ich in Kürze von Euch unterrichtet worden wäre«, lenkte der Abt höflich ein. Vorsichtig tastete er sich weiter. »Eine Anklage wegen Ketzerei ist – gleichgültig, wen sie trifft – eine schwer wiegende Sache. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr mich darüber ins Bild setzen könntet, was genau meiner Großtante zum Vorwurf gemacht wird.«
Enzio nickte. »Ihr wisst, dass Gisbert, der Inquisitor, von einem Begarden ermordet wurde, dem wiederum die Kölner Beginen – und unter ihnen vor allem die Vorsteherin Luitgard und eine Frau namens Bilhildis – dabei geholfen haben. Sie riefen die Kraft des Bösen auf das Mordwerkzeug herab.«
Der Abt neigte zum Zeichen seiner Zustimmung den Kopf.
»Luitgard, die Vorsteherin, wurde in dem Benediktinerinnenkloster Maria im Kapitol erzogen und Eure Großtante pflegte einen freundschaftlichen Umgang mit ihr.«
»Nun, dies ist bedauerlich. Aber meiner Großtante ist daraus nicht unbedingt ein Vorwurf zu machen.«
Enzio hob die Augenbrauen. »Trägt ein kranker Baum eine gesunde Frucht?«
»Kaum. Aber ein gesunder Baum kann nicht immer etwas für den Befall, der die Frucht trifft«, erwiderte der Abt kühl.
»Ich verstehe, dass Ihr dies so sehen wollt«, die Stimme des Kardinals verlor nichts von ihrer Liebenswürdigkeit, während Heinrich von Müllenark, wie eigentlich schon seit Beginn des Gesprächs, wirkte, als fühlte er sich nicht recht wohl in seiner Haut.
»Aber Ihr werdet zugeben müssen«, Enzio ließ den Abt nicht aus den Augen, »dass es unter allen Umständen ein schweres Vergehen darstellt, eine Ketzerin zu beherbergen und ihr zudem zur Flucht zu verhelfen. Und genau das hat Eure Großtante für jene Frau getan, die Donata heißt.«
»Gewiss, Ketzer zu beherbergen ist ein schweres Vergehen«, der Abt nickte ernst. Ganz abgesehen davon, dachte er zerknirscht, dass auch er sich dieser Tat schuldig machte. Er schwieg und schaute vor sich hin, als müsste er mit dem, was er eben gehört hatte, erst ins Reine kommen.
»Ich möchte mit meiner Großtante sprechen«, sagte er schließlich. »Als ein Mitglied ihrer Familie und als Priester …«
»Ich halte es für angebracht, dass die Äbtissin Buße tut, in einer geistigen Wüste gewissermaßen, ohne Tröstungen ihrer Verwandten. Zumindest, bis der Prozess gegen die Beginen und den Begarden stattgefunden hat. Verzeiht es mir also, wenn ich Euren Wunsch für das Erste abschlage.« Die Miene des Kardinals war ruhig und fest. Heinrich von Müllenark vollführte eine rasche
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