Die Buchmalerin
an, ihm dabei zu helfen, dünne Tücher auf die Brandwunden zu legen und die Erfrierungen an den Händen und Füßen zu versorgen.
Nachdem sie damit fertig waren, wickelten sie die warmen Steine in Decken und schoben sie dicht an den Körper des Mannes heran, der immer noch kalt und reglos war. Schließlich trug der ältere Mönch dem jüngeren auf, den Prior des Klosters zu benachrichtigen, dass sie den Fremden gefunden hatten. Er selbst zog sich einen Schemel heran und begann seine Wache.
V or einem südwestlichen Kölner Stadttor – eine Steinmauer statt dem Erdwall bildete hier die Befestigung – ritt eine Gruppe von Mönchen an den Rand des verschlammten Wegs und ließ einige Reiter sowie Karren passieren, die mit Holz und Säcken beladen waren. Donata, die eine dunkle Kutte über ihren Kleidern trug, die Kapuze über ihren Kopf gezogen hatte und äußerlich nicht von den Mönchen zu unterscheiden war, schaute hinüber zu dem hohen Tor. Durch dasselbe hatte sie die Stadt einige Wochen zuvor, nach ihrer Flucht aus der Stolkgasse, verlassen. Während der vergangenen Tage hatte sie sich manchmal gewünscht, ihr Ziel endlich zu erreichen. Doch nun, beim Anblick der hohen Mauern, überfiel sie wieder die Angst und sie fürchtete, in eine Falle zu geraten, aus der es keinen Ausweg für sie gab.
Als der Weg frei war, ritten die Mönche weiter, und auch Donatas Pferd verfiel in einen gemächlichen Schritt. Nachdem sie eine Weile einer langen, recht breiten Straße gefolgt waren, bogen sie in ein Gewirr aus Gassen ein. Schließlich, nahe dem wuchtigen Bau des karolingischen Doms, ritten sie in einen Hof. Ein zweiflügeliges Fachwerkgebäude, das von einem niedrigen Turm gekrönt wurde, umschloss ihn – das Haus, das die Abtei in der Stadt besaß, wie Donata auf dem Weg erfahren hatte. Ein Verwalter und zwei Knechte, die saubere Kittel trugen, traten aus dem Haus. Die Mönche stiegen ab und der, der Donatas Pferd am Zügel geführt hatte, ein älterer, freundlicher Mann, half ihr nun auch aus dem Sattel.
»Komm mit«, sagte er leise, »ich zeige dir, wo du bleiben kannst. Es ist besser, wenn die Bediensteten nicht zu viel von dir wissen.« Der Abt, der mit dem Verwalter sprach, blickte rasch zu ihnen herüber und nickte. Donata folgte dem Mönch zu einer hölzernen Treppe, die an der Außenseite eines der Gebäudeflügel emporführte. Über die Galerie im zweiten Stock betraten sie das Haus. Der Mönch stieß eine Tür auf. Sie gehörte zu einer schmalen Kammer. Durch die Ritzen eines Ladens fiel ein wenig Licht. Donata konnte eine Bettstatt und einen Schemel ausmachen.
»Bleib hier, bis der Abt dich zu sich rufen lässt. Einer von uns Brüdern bringt dir später ein Kohlebecken und etwas zu essen.«
Sie nickte wortlos. Nachdem der Benediktiner die Kammer verlassen hatte, streifte sie ihr Bündel ab und zog die Kutte aus. Danach trat sie zu dem Laden und öffnete ihn. Rechter Hand, jenseits von verschneiten Dächern, befand sich der Dom. Als sie den Kopf wandte, erkannte sie zu ihrer Linken die hellen Mauern einer Kirche, deren Türme haubenförmige Kappen hatten. Auf diese Kirche hatte sie auch von ihrem Verschlag im Beginenhaus in der Stolkgasse geschaut.
Erneut packte sie die Angst. Sie war wahnsinnig, in diese Stadt zurückzukehren … Erschöpft hockte Donata sich auf den Schemel und stützte den Kopf in die Hände. Irgendwann drang ein Rufen und Schreien von der Gasse her durch ihre Erstarrung. Da der Lärm eine unbestimmte Erinnerung in ihr weckte, stand sie auf und ging zu der Fensteröffnung. Ein Tross von Reitern, die in leuchtend rote, mit Pelz besetzte Mäntel gekleidet waren, zog unter ihr vorüber. Menschen drängten sich am Rand der Gasse. Noch ehe Donata begriffen hatte, hob der breitschultrige, schwarzhaarige Mann, der inmitten der Soldaten ritt, das Haupt. Als hätte etwas seine Aufmerksamkeit erregt, blickte er an dem Haus hoch.
Mit wild schlagendem Herzen wich Donata zurück und presste sich gegen die Wand. Sie stand wie versteinert, fürchtete, dass er sie entdeckt hatte und den Soldaten befehlen würde, in das Gebäude einzudringen. Doch der Kardinal setzte ruhig seinen Weg fort. Ein Gedanke stieg in ihr auf. Roger … Was, wenn sie ihn mit sich schleppten?
Sie zögerte, zog dann jedoch ihren Schleier tief ins Gesicht. Nachdem sie die Kammer verlassen hatte, hastete sie die Treppe hinunter und durch den Hof. Die Schmerzen in ihrem Fuß, die sich wieder meldeten, nahm sie kaum wahr. Als
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