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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Salweide herrühren mochte. Gerüche, die ihn an die schattige Kammer seines Hauses in Salerno erinnerten, wo er Arzneien zubereitete. War er dort eingeschlafen und die wirren Bilder, die nun in seinem Gedächtnis aufstiegen, gehörten nur einem Albtraum an? Die Soldaten, die ihn in den Schnee niederwarfen. Enzios schattenhafte Gestalt vor der blendenden Sonne. Der dämmrige Schuppen … Der Gestank von versengtem Fleisch …
    Er spürte ein stechendes Brennen auf seiner Haut, als sei sein ganzer Körper mit einem Netz aus Nesseln überzogen. Langsam schlug er die Augen auf und blinzelte gegen das Licht.
    Allmählich erkannte er, dass er sich in einer kleinen, weiß gekalkten Kammer befand. In einem Halter an der Wand brannte ein Kienspan. Darunter hockte auf einem Schemel ein Mönch, der die Kutte der Benediktiner trug. Der Blick des älteren Mannes war auf ihn gerichtet.
    »Ihr seid also zu Euch gekommen«, stellte der Mönch ruhig fest. »Seit etwa einem Tag ist das Fieber, das Euch befallen hatte, zurückgegangen. Aber eine Zeit lang dachte ich nicht, dass es möglich sein könnte, Euch am Leben zu erhalten. So, wie Ihr zugerichtet seid …«
    Roger richtete sich hastig auf, musste sich jedoch mit den Armen abstützen, weil ihn sofort Schwäche und Schwindel befielen. Unversehens war ihm wieder gegenwärtig, was geschehen war. »Ihr seid Benediktiner. Zu welchem Kloster gehört Ihr?«
    »Zum Kloster Maria Laach.«
    »Eine Frau, die Donata heißt – ist sie hier?« Roger hatte das Gefühl, dass sich die Zeit dehnte, sich vor ihm auftat wie eine tiefe Kluft, von der er nicht wusste, ob er jemals darüber gelangen würde, ehe der Benediktiner antwortete: »Ja, diese Frau kam vor knapp zwei Wochen zu uns.«
    Erleichterung und eine tiefe Freude erfassten Roger gleichermaßen. Sie hatte also vor Enzio und seinen Leuten fliehen können. Er hatte ihr die notwendige Frist verschafft.
    »Ich möchte sie sehen.«
    »Sie ist nicht mehr hier, denn sie ist bald danach zusammen mit unserem Abt und einigen Mönchen nach Köln geritten. Zwei Tage, bevor wir Euch in einer abgelegenen Gegend besinnungslos gefunden haben.«
    Die Freude, die Roger eben noch empfunden hatte, verschwand und machte einer dumpfen Sorge Platz. Hatte er verraten, dass Donata dieses Kloster aufsuchen wollte und den Kardinal damit gewarnt? Unwillkürlich presste Roger die Hände gegen die Stirn. Doch so sehr er sich auch dazu zwang – außer der Erinnerung an die Schmerzen und seine Schreie gab sein Gedächtnis nichts preis.
    »Ihr solltet Euch wieder hinlegen und versuchen zu schlafen.« Der Mönch war neben ihn getreten. »Eure Wunden vernarben zwar und Ihr habt das Fieber überstanden. Aber geheilt seid Ihr noch lange nicht.«
    Roger schreckte auf. »Bringt mich zu Eurem Prior – oder wer auch immer den Abt in dessen Abwesenheit vertritt.« Er wollte aufstehen, doch wieder erfasste ihn Schwindel und er sank auf das Lager zurück.
    »Bei allen Heiligen, bleibt, wo Ihr seid!«, schimpfte der Mönch.
    »Ich muss mit dem Vertreter des Abtes sprechen …« Erneut versuchte er, auf die Beine zu kommen. Doch der Benediktiner hielt ihn zurück und drängte ihn vorsichtig, aber energisch auf den Strohsack nieder. Roger musste feststellen, dass er nicht die Kraft hatte, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
    Kopfschüttelnd meinte der Benediktiner: »Wartet! Ich werde Volker, unseren Prior, zu Euch bringen.«
    Nachdem der Mönch die Kammer verlassen hatte, zog Roger die Tücher beiseite, die seine Arme und seine Brust bedeckten. Ein Muster aus dunkelroten Flecken und vernarbten Schnitten überzog seine Haut. Vorsichtig berührte er die Wunden. Wenn sie einmal entzündet gewesen sein sollten, so war dies inzwischen abgeklungen. Er fühlte sich lächerlich schwach und hilflos und hasste diesen Zustand aus ganzem Herzen. Wieder richtete er sich auf, bis er, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, auf dem Lager zu sitzen kam.
    Donata … Sie war also tatsächlich verrückt genug, bei dem Prozess gegen Enzio aussagen zu wollen. Seit sie ihn damals an dem verschneiten Moselufer versucht hatte loszuwerden, hatte er gewusst, dass es ihr damit ernst war. Dennoch empfand er jetzt einen ohnmächtigen Zorn.
    Nach einer Weile kehrte der Benediktiner zurück. Als er sah, dass Roger sich aufgerichtet hatte, seufzte er.
    »Was ist mit dem Prior? Kommt er?«, fragte Roger scharf.
    »Ja, habt ein wenig Geduld. Ihr gebt wohl nie Ruhe, wie? Auch wenn der Zorn eine Sünde ist, werde ich

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