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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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gestürzt und hast ihn dir verrenkt?«
    »Ja …« Wirre, beängstigende Bilder stiegen in Donatas Gedächtnis auf. Das weite, verschneite Feld, das sich in der Dunkelheit vor ihr erstreckte. Die Boote am Flussufer … Hier war sie ausgeglitten. Das Geschrei ihrer Verfolger und das tanzende Licht der Fackeln … Sie schauderte.
    Bilhildis blickte verwundert auf, sagte jedoch nichts und fuhr mit ihrem Tun fort.
    Schließlich fragte Donata: »Wie lange liege ich schon hier?«
    »Eine gute Woche …«
    »Hast du mich bei der Kirche gefunden?«
    »Ja, ich sah dich dort im Schnee liegen. Luitgard, die bei einem Kranken in der Nähe Wache hielt, und ein Knecht des Klosters Sankt Martin haben geholfen, dich hierher zu bringen.«
    Wenn Bilhildis sie nicht entdeckt und sich ihrer angenommen hätte, dann hätten die Bettler sie ausgeraubt, sobald sie ohne Besinnung gewesen wäre. Sie wäre erfroren und ihre Seele würde nun die Qualen der Hölle erleiden. Donata senkte den Kopf und starrte vor sich hin.
    »Du hattest hohes Fieber und deine Lunge war angegriffen. Aber du hast einen starken Körper, der sich heftig gegen die Krankheit wehrte.« Bilhildis redete ruhig weiter, während sie die Stoffstreifen um die Kompresse aus Essig schlang.
    »Warum habt ihr mich hierher mitgenommen und mich nicht in ein Spital gebracht?«
    »Warum?« Bilhildis runzelte verwundert die Stirn, als würde sie den Sinn der Frage nicht ganz verstehen. Sie hatte den letzten Stoffstreifen um den Fuß gebunden, verknotete ihn und hockte sich gegenüber von Donata auf den Bretterboden. »Nun, ich verstehe mich auf die Heilkunst, und zu den Aufgaben, die wir Beginen übernehmen, zählt auch, dass wir Kranke pflegen …«
    »Ihr seid Beginen?«
    Bilhildis lachte. »Du sagst das, als sei es etwas Anstößiges.«
    »Nein …«, entgegnete Donata hastig und errötete. »Ich habe nur dann und wann Leute über Beginen reden hören.« Sie erinnerte sich vage, dass dies eine der Glaubensströmungen war, die von Zeit zu Zeit aufkamen und die Menschen dazu veranlassten, ihr Leben Gott zu widmen. Ähnlich wie ein Mann namens Franziskus scharenweise Menschen für ein frommes Leben begeistert hatte. Donata bereitete dies alles Angst, denn es war nicht gut, auf irgendeine Weise von den Lehren der Kirche abzuweichen. Wie sie selbst nur zu bitter erfahren hatte.
    »Und, was sagen die Leute über uns?« Heiterkeit schwang in Bilhildis’ Stimme mit.
    »Manchmal haben die Menschen sehr achtungsvoll von den Beginen geredet. Aber manche sagten auch, sie seien liederliche Frauen und stünden der Ketzerei nahe …« Donata brach erschrocken ab. Es war gefährlich, über derlei Dinge zu sprechen.
    »Der vorherige Papst hat es gutgeheißen, dass Frauen als Beginen leben und Männer sich entscheiden, Begarden zu sein. Aber du hast Recht. Nicht alle Hohen in der Kirche sind uns gegenüber so wohlwollend. Ein Konzil in Mainz im vorletzten Jahr – Bischöfe und Prälaten – hat es für ratsam erachtet, uns Auflagen zu machen. Wir müssen uns den Priestern unterstellen.« Bilhildis war wieder ernst geworden. Aber sie sprach nüchtern, ohne Zorn oder Furcht.
    »Doch zu den Orden gehört ihr nicht?«
    »Nein, Beginen legen kein Gelübde ab, das sie für immer bindet. Ähnliches gilt auch für die Begarden. Wir Frauen sind keiner Regel, sondern nur der Vorsteherin des Hauses verpflichtet. Wobei wir auch allein leben können. Und wer es möchte, kann das Leben als Begine aufgeben und heiraten …« Bilhildis lehnte den Rücken gegen die Wand und setzte sich bequemer. »Unsere Gemeinschaft entstand vor ungefähr zwölf Jahren, hier, in der Stolkgasse. Die erste in Köln. Heute sind wir vierzehn Frauen. Manche von uns arbeiten als Weberinnen oder Stickerinnen. Andere pflegen Kranke, so wie ich es tue …«
    Donata sah in das verdämmernde Licht, das den Verschlag füllte. Schließlich fragte sie widerstrebend: »Aber … du bist nicht nur heilkundig. Du kannst auch Gott schauen …«
    »Ja, Gott hat mir diese Gnade geschenkt«, entgegnete Bilhildis einfach.
    »Du bringst dich dadurch in Gefahr. Die Inquisition richtet ihre Aufmerksamkeit auf jeden, der anders glaubt, als es die Kirche lehrt«, brach es aus Donata heraus. Als sie begriff, was sie gesagt hatte, verstummte sie sofort.
    Bilhildis betrachtete Donata neugierig. Doch sie stellte keine Fragen. »Heinrich von Müllenark, der Erzbischof von Köln, ist kein strenger Herr. Und die meisten Priester und Bürger der Stadt schätzen

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