Die Buchmalerin
es, unterhaltsam zu werden.
»Nun, ich hätte nicht gedacht, dass es mir jemals Vergnügen bereiten würde, einen Inquisitionsprozess zu leiten. Aber ich denke, ich werde dieser Aufgabe gerecht werden.« Der Kardinal lachte leise. »Eigentlich ist es schade, dass unser Heiligster Vater, wenn er dies erfährt, seine Stellung wahrscheinlich nicht mehr lange innehaben wird. Und noch mehr bedaure ich, dass Gisbert diesen Prozess nicht mehr erleben kann. Ich bin überzeugt, mich als Inquisitionsrichter zu sehen hätte ihm große Pein bereitet.«
Der Kardinal schwieg einen Moment. »Du kannst jetzt gehen«, meinte er dann zu dem Diener. »Ach, und sag der blonden Magd, dass sie mir heißes Wasser bringen soll. Das Bad wird langsam kalt.«
Nachdem Léon den kleinen Raum verlassen hatte, schob der Kardinal seine rechte Hand unter einen der Ölflecken, die auf dem Wasser trieben. Als er die Hand hob, verformte sich das Öl zu einem Kreis. Für einen Augenblick glaubte Enzio wieder, das Schicksalsrad vor sich zu sehen. Er hatte sich nicht getäuscht. Sein Glück ließ ihn nicht im Stich. Es war eine gute Fügung, dass die Frau, nach der seine Soldaten nun schon seit einigen Wochen suchten, ausgerechnet bei Beginen Unterschlupf gefunden hatte. Die Beginen – und ihr männliches Gegenstück, die Begarden – waren den kirchlichen Oberen verdächtig, seit sich die ersten Gemeinschaften gegründet hatten und die ersten Männer und Frauen bettelnd und predigend durch das Land gewandert waren. Wenn er die Beginen der Ketzerei anklagte und sie einem Inquisitionsprozess unterzog, konnte er sie peinlich befragen lassen. Sicher, bislang hatten die Päpste den Inquisitoren nicht erlaubt, die Folter selbst durchzuführen. Aber zum einen scherte sich niemand besonders um derlei Feinheiten. Und zum anderen: Wenn er seine Soldaten, die ja keine Priester waren, mit der Folter betraute, war den Buchstaben des Gesetzes ohnehin Genüge getan. Sollte die Frau, die den Mord beobachtet hatte, den Beginen irgendetwas darüber berichtet haben – unter der peinlichen Befragung würden sie auf jeden Fall davon erzählen.
Und noch aus einem anderen Grund kam ihm ein Inquisitionsprozess gelegen. Ein solcher Prozess würde sich über mehrere Wochen erstrecken. Und der zaudernde deutsche König benötigte noch etwas Zeit, um sich endlich zum Pakt gegen seinen Vater durchzuringen.
Als Enzio die leichten Schritte der Magd hörte, sah er zu dem Durchgang hin. Kurz darauf betrat die blonde Frau den kleinen Raum. Auf ihre Hüfte hatte sie einen großen Tonkrug gestemmt. Der Dampf, der ihm entstieg, schimmerte gelblich im Licht der Kerzen. Enzio entging nicht, dass die Frau ihm einen raschen, abschätzenden Blick zuwarf, ehe sie die Augen niederschlug und sich der Wanne näherte. Er befahl ihr, das heiße Wasser nachzufüllen, und betrachtete sie eingehend, während sie sich über den Rand des Beckens lehnte und den Krug mit einer anmutigen Bewegung hob. Unter ihrem hellbraunen Kittel zeichneten sich volle, schön geformte Brüste ab. Auch ihre Hüften waren angenehm gerundet. Dichte honiggelbe Haare fielen ihr ins Gesicht und ihr Mund unter der schmalen Nase war rot und sinnlich.
Als sie den Krug zum größten Teil entleert hatte, hob sie den Blick und schaute ihn wieder rasch und abwartend an. Enzio wartete einige Augenblicke, ehe er sie grob an die Brust fasste. Die Magd stieß einen erschrockenen, unwilligen Schrei aus. Einige Spritzer des heißen Wassers trafen Enzios nackten Oberkörper. Er schlug ihr mit dem Handrücken zwei Mal hart ins Gesicht, sodass sich seine Ringe als rote Flecken auf ihrer Haut abzeichneten. Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Pass auf, was du tust«, sagte Enzio kühl. »Hat dir dein Herr nicht beigebracht, wie du deinen Dienst zu verrichten hast? Warte drüben, bis ich dich wieder rufe!«
Die Magd hob mit einem trotzigen Ausdruck den Kopf, als ob sie etwas erwidern wollte, besann sich dann jedoch und verließ wortlos den kleinen Raum. Der Kardinal streckte seine Glieder und genoss noch eine Weile die Wärme des Wassers, ehe er wieder nach der Dienerin rief.
Enzio beobachtete die Frau lauernd, als sie unter dem Bogen des Durchgangs erschien. Ihr Gesicht war nun mürrisch verzogen. Aber sie hielt den Kopf gesenkt und wagte es nicht mehr, ihn anzusehen.
»Hilf mir aus der Wanne und trockne mich ab!«
Die Magd reichte ihm, immer noch mit gesenktem Kopf, ihren Arm, nahm dann ein großes Leintuch von einem Schemel und
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