Die Bucht der schwarzen Perlen
und begann, mit den Lippen ihren Körper zu erkunden.
Und dann verschwammen Zeit und Raum, es gab nichts mehr als sie beide, es gab kein Meer mehr und keinen unendlichen blauen Himmel, keinen warmen Wind, der über sie hinwegstrich, und kein Donnern der Brandung an den Klippen, kein Vogelkreischen und keine Sonne mit ihrer Nachmittagsglut … Es gab nichts als das selige Gefühl, miteinander zu verschmelzen und etwas unirdisch Glückliches zu werden.
Später lagen sie eng umschlungen im Korallensand, lächelten sich an, streichelten und küßten sich, und Ron sagte fast feierlich: »Ich bleibe bei dir, ich flüchte nicht von deiner Insel, das verspreche ich dir. Hier ist die Endstation meines Lebens. Ich hätte nie geglaubt, daß es so etwas gibt. Mein Gott, wie glücklich bin ich!«
Von dieser Stunde an blieb Tama'Olu bei Ron, wohnte mit ihm zusammen in seiner Hütte wie Mann und Frau, und niemand sah sie mit scheelen Blicken an. Es war so selbstverständlich wie die Tatsache, daß Bananen wuchsen oder Mais und Bohnen auf den Feldern.
Zwei Tage später schlachtete Tápana ein Schweinchen, briet es über dem offenen Feuer und gab für alle ein Fest zu Ehren seines neuen Sohnes. Er nannte Ron von nun an Ovaku – der Teufel mochte wissen, was das bedeutete. Aber Ovaku war von nun an sein Name, alle nannten ihn so. Nur Tama'Olu sagte ›Liebling‹ zu ihm, weil er es auch immer zu ihr sagte, und sie spürte, daß es ein zärtliches Wort war.
Die vergangenen Wochen, in denen Ron auf das Erscheinen eines Schiffes oder eines stabilen Bootes gehofft und gewartet hatte, waren ihm wie Monate vorgekommen … jetzt dagegen flog ihm die Zeit davon. Ein Tag war zu kurz, die Nächte mit Tama'Olu vergingen für Ron viel zu schnell, waren erfüllt mit Zärtlichkeit und Leidenschaft.
Die drei Alten, die Getauften, bauten ihnen in der Nähe der Hütte einen Steinofen und eine offene, windgeschützte Feuerstelle. Sie gruben einen Erdofen in den Boden und legten die Grube mit glattgeschliffenen Steinen aus, die sie aus dem Meer holten. Die Steine waren in Jahrtausenden von den Wellen poliert worden und so stahlhart, daß sie die Hitze der brennenden Scheite in sich speichern konnten.
Eine feierliche Handlung war es, als Tápana, begleitet von seiner Frau, seinen drei Söhnen und der gesamten Sippe – alle mit Federn und Ketten geschmückt –, in einer würdevollen Prozession zu Rons Hütte zog und in einer Schale aus Eisenholz das Feuer zu Ovaku, dem Gebieter von Tama'Olu, brachte.
Er kippte die flammenden Holzscheite auf das Reisig, mit dem Tama den Ofen ausgelegt hatte, und als das trockene Holz sofort hoch aufloderte, legte sie dicke Scheite darauf und verbeugte sich vor dem Feuer. Von nun an war es ihre Aufgabe, das Feuer, das Leben bedeutete, zu hüten, dafür zu sorgen, daß es nie erlosch und so lange ununterbrochen flammte, wie Ovaku lebte. War er gestorben, würde sie das Feuer mit dem Wasser des Meeres löschen und zurückkehren in das Haus ihrer Sippe – eine Witwe, die auf ihren eigenen Tod wartete.
In diesen Wochen lernte Ron ein wenig mehr von der tongalesischen Sprache und brachte Tama'Olu Englisch bei. Zuerst hatte er mit dem Gedanken gespielt, sie Deutsch zu lehren, aber als sie ›Ich liebe dich‹ und ›Komm zu mir‹ sagen konnte und begriffen hatte, was es bedeutete, setzte er den Unterricht in Englisch fort, denn damit konnte sie später etwas anfangen, mit Deutsch nicht.
Tama'Olu lernte schnell, viel schneller als Ron das Tongalesische, das er nach vier Wochen Zungenübungen als die wahnsinnigste Sprache dieser Erde bezeichnete. Wo gab es das noch einmal, daß ein schlichtes ›Guten Morgen‹ etwa ›Malo e lelei ki he pongipongi ni‹ bedeutete?
»Hier müßte mal ein Sprachreformer her«, stöhnte Ron, während Tama'Olu ihm immer wieder mit größter Geduld die Worte vorsprach, die er wiederholen mußte. »Mein Schatz, diese Zungenbrecher kann doch niemand behalten! Einigen wir uns auf Englisch, einverstanden?«
Tama'Olu schüttelte den Kopf, sagte mit einem Lächeln, aber bestimmt: »'Ikai«, was, wie Ron wußte, »nein!« hieß, und gab ihm erst dann einen Kuß oder ließ sich von ihm über die Brüste streicheln, wenn er brav nachsprechen konnte: »Malo 'aupito«, was ›Danke‹ hieß oder »Ko hoku hingoa ko Ovaku«, was ›Mein Name ist Ovaku‹ bedeutete.
Nach dem Unterricht erholte sich Ron in der Lagune oder auf dem offenen Meer. Tápana oder Tama'Olus Brüder luden ihn zum Fischen
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