Die Bucht der schwarzen Perlen
eine Markierung, die um die Bucht herumführte und hinter den Klippen verschwand.
Das Muschelfeld, aus dem die schwarzen Perlen kamen!
Tama'Olu wußte seine erstaunte Miene zu deuten. Sie warf ihm den Rock zu und lief dann durch den weißen Korallensand zum Meer und in die anrollenden Wellen hinein. Ihr herrlicher, nackter, aufregender Körper glänzte in der Sonne, das lange Haar flatterte wie eine Fahne im Wind. Bis zu den Hüften im Wasser stehend, blickte sie sich noch einmal um und winkte Ron zu.
Heiße Angst um das Mädchen nahm ihm plötzlich den Atem. Und dann schrie er auf, warf den Rock in den Sand und rannte Tama'Olu nach, die mit einem Sprung in den Wellen verschwand.
»Zurück!« brüllte er. »Nicht, Tama, nein … bleib hier! Tama! Komm zurück.«
Er lief ins Wasser, stemmte sich gegen die Wellen, aber er sah Tama'Olu nicht mehr. Ab und zu meinte er, ihre Haare auf den Wogen treiben zu sehen, schon ziemlich weit entfernt, in der Nähe der Kokosnußkette, und die Angst stieg ins Unermeßliche. Seine Phantasie gaukelte ihm Schreckensbilder vor.
Die Minuten dehnten sich ins Unendliche, der Krampf in seiner Kehle erstickte ihn fast. Er sah im Geist, wie die Brandung Tama'Olu gegen die Felsen schleuderte und ihren zierlichen Körper zerschmetterte; er sah sie vor einem Hai flüchten, unter Wasser schreien, aber der Hai war schneller und wendiger als sie und griff sie mit vollaufgerissenem Maul an.
Sie kommt nicht wieder, dachte er voller Verzweiflung. So lange kann kein Mensch tauchen! Einmal muß sie doch Luft holen, muß ich ihren Kopf sehen! Aber nichts sehe ich, nichts … Tama'Olu, was hast du da getan?
Diese Perlen, diese verfluchten schwarzen Perlen … ich will sie ja gar nicht haben! Ich will nur, daß du wieder auftauchst und zurückkommst zu mir …
Er schüttelte die Beklemmung ab, warf Schuhe, Hemd und Hose in den Sand und wollte sich in die Wellen stürzen, um Tama'Olu zu suchen. Da sah er ihren Kopf auftauchen, entdeckte ihren winkenden Arm, sah, wie sie mit kräftigen Stößen zu ihm schwamm – vom Meer getragen, als sei sie ein Stück braunes, leichtes Holz.
Als sie Grund unter den Füßen hatte, watete sie lachend auf ihn zu und hielt eine große Muschel hoch über ihren Kopf.
Ron lief dem Mädchen entgegen, umarmte es, drückte es an sich. Und als er Tamas Körper spürte, löste sich alle innere Spannung und Not in einem tiefen Seufzer. Eng aneinandergepreßt standen sie nackt in der Brandung, umklammerten sich, und während Ron mit einem Gefühl, das er nie zuvor gespürt hatte, ihr Haar streichelte, preßte sie ihr Gesicht an seine Brust, und liebkosten ihre kleinen, schmalen Hände seinen Rücken.
Eng umschlungen gingen sie dann aus dem Meer, stumm, denn was zu sagen war, spürten sie in ihrem Herzen, im Klopfen des Blutes und mit jeder Pore ihrer Haut. Erst als sie wieder am Strand angelangt waren, trat Tama'Olu einen Schritt zurück und hielt Ron die große Muschel hin. Er bückte sich, holte aus der im Sand liegenden Hose das Taschenmesser, klappte eine Klinge heraus und öffnete damit die Muschelschalen.
Das Wunder der Natur lag in seiner Hand … eine große, runde, matt glänzende, einmalig schöne schwarze Perle.
Zweitausend Dollar, dreitausend, schoß es Ron durch den Kopf. Vielleicht noch mehr. Wer hat solche Perlen schon gesehen? Wer hat so etwas Einmaliges jemals in der Hand gehalten? Und dort, im Meer, liegen die Muschelbänke mit vielleicht Hunderten solcher Perlen. O mein Gott!
Tama'Olu nahm mit den Fingerspitzen die herrliche Perle aus der Muschel und legte sie Ron in die Handfläche. »A'au« (Dein), sagte sie dabei. »Koau kaume'a …« (Du bist mein Freund.)
»Ich weiß nicht, was das heißt«, antwortete er. »Und du verstehst nicht, wenn ich dir sage, wie sehr ich dich liebe. Ja, verdammt, ich liebe dich. Als ich dachte, du kommst nicht mehr zurück, war ich wie ausgeblutet. Tama'Olu, es ist alles so verrückt, gegen alle Vernunft, aber ich liebe dich. Verflucht noch mal, ich liebe dich!«
Er ließ die Perle auf seine Hose im Sand fallen, hob Tama'Olu, die in schimmernder, sonnenüberfluteter, herrlicher Nacktheit vor ihm stand, auf seine Arme und trug sie vom Strand weg zu den Palmen und Frangipanibüschen.
Sie legte die Arme um seinen Nacken, küßte ihn, rieb ihre Brüste an seiner nassen Haut, nagte mit den Zähnen an seinem Ohrläppchen und begann zu zittern, als auch er sie küßte. Sanft ließ er sie unter einer Palme auf den Boden gleiten
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