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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein. Mit ihren schwankenden Auslegerbooten fuhren sie ohne die geringste Furcht durch die Fahrrinne des Korallenriffs hinaus, hißten ein Segel aus geflochtenen Palmfasern und schleppten dann eine Art Reuse hinter sich her. Manchmal stellten sie sich auch unbeweglich ins Boot, einen langen Speer in der Hand, und warteten, bis ein größerer Fisch neugierig an die Oberfläche schwamm. Dann stießen sie blitzschnell zu, und meistens trafen sie den Fisch auch genau im Nacken. Die Widerhaken des Speers krallten sich im Fleisch fest, es gab kein Entrinnen mehr. Mit einem zweiten Speer zog man den Fisch ins Boot, wo ihm der Nackenwirbel zerschlagen wurde.
    Auch das lernte Ron von Tamas Brüdern, denn was er selbst aus dem Wasser holte, gehörte ihm, und es war die Aufgabe des Mannes, das Essen für seinen Haushalt zu besorgen.
    Tama'Olu war eine gute Frau. Was sie aus Gemüsen, Früchten, Fisch und Fleisch kochte und mit Ron unbekannten Gewürzen verfeinerte, war für ihn jedesmal eine Überraschung und ein Festmahl. Hinter der Hütte, auf einem Stück Brachland, begann sie, ein kleines Feld anzulegen, hackte den Boden auf, klaubte die Steine heraus und zog mit einem großen Wurzelholz, das aussah wie ein verkrüppelter Pflug, Furchen in den aufgewühlten Boden.
    »Laß das sein, Liebling!« sagte Ron, als er sie bei seiner Rückkehr vom Fischen damit zum erstenmal arbeiten sah. »Die Arbeit ist doch viel zu schwer für dich. Warum hat Descartes, dieser Halunke, euch keine richtigen Pflüge verkauft? Mit der Wurzel zu pflügen, das ist doch pure Schinderei. Nein, komm, laß mich das machen.«
    Aber Tama'Olu ließ das nicht zu. Der Mann soll fischen und jagen, Boote bauen und Reusen flechten – die Arbeit auf dem Feld ist Sache der Frauen.
    Am Abend aber, wenn sie vor der Hütte auf der von Pater Richards gezimmerten Bank saßen und in das Abendrot blickten, in den flammenden Sonnenuntergang, vor dessen gewaltiger Schönheit einem der Atem stocken konnte, lehnte sie den Kopf an Rons Schulter. Die Härte des Tages fiel von ihr ab, ihr Körper wurde hingebungsvoll und anschmiegsam.
    Und wenn sie dann auf deutsch »Ich liebe dich« sagte, wußte Ron so sicher, wie er sein Herz klopfen hörte, daß es doch noch Paradiese auf dieser Erde gab. Paradiese, die man erobern mußte. Paradiese, die es einem aber nicht leicht machten, in ihnen zu leben.
    Über die Bucht der Schwarzen Perlen sprachen sie nicht wieder, und Tama'Olu führte Ron auch nicht mehr zu diesem Platz.
    Bei den Fischzügen mit ihren Brüdern kam Ron nicht in diesen Teil der Insel, weil die Fischschwärme in andere Richtungen zogen und auch die großen Fische die Klippen und die tosende Brandung scheuten.
    Nur wenn Tama'Olu, zusammengerollt wie ein kleines Kind, schlief, nahm Ron ab und zu die Ketten in die Hand und ließ die schwarzen Perlen durch seine Finger gleiten, diese glatten, von einem inneren Licht erfüllten Kugeln. Dann rechnete er aus, welches Vermögen er jetzt in den Händen hielt … ungefähr sechzigtausend Dollar, wenn jede Perle nur eintausendfünfhundert Dollar kosten würde. Und was die anderen Frauen und sogar die Kinder um den Hals trugen, ließ sich gar nicht schätzen.
    Wenn Ron sich mit den Perlenketten beschäftigte, merkte er nicht, daß Tama ihn durch die halbgeschlossenen Lider beobachtete. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig, so als schliefe sie, und auf ihren Lippen lag ein leises Lächeln.
    Eines Tages, am Morgen nach dem Bad im Meer, sagte sie: »Du heute nicht fischen, Ovaku. Du lernen tauchen … Sai 'aupito?« (In Ordnung?)
    »Ich kann tauchen.« Ron dachte an die kleine Bucht, die Strömung, die Klippen und die hochschäumende Brandung. Verdammt, auch das ist zu schaffen, sagte er sich. Wenn Tama es schafft, gelingt es mir mit Sicherheit. Und wir werden das Ganze verfeinern, mein Liebling! Wir rudern mit meinem Schlauchboot hinaus zu den Muschelbänken und tauchen genau über ihnen in das Meer. Mein Boot hält das aus, aber nicht eure Einbäume, trotz Ausleger. Und eins, mein Schatz, ist sicher: Allein lasse ich dich nicht noch einmal in diese grausame Tiefe.
    »Du nix tauchen!« sagte Tama'Olu streng und schüttelte den Kopf.
    »Das wirst du sehen, mein Liebling!« Er gab ihr einen Kuß auf die Augen und lächelte siegessicher. »Ich habe schon in Australien, im Great Barrier Riff, nach roten Schmuckkorallen getaucht, und das war gar nicht so einfach.«
    »Du nix können!« erklärte sie wieder energisch. »Komm.«
    Sie

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