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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kreischend lachten, wenn der Mast umfiel, sobald der Wind von dem Segel aufgefangen wurde.
    Ein paarmal kamen auch Frauen und sahen der Arbeit zu. Nur Tama'Olu ging nicht hinunter zum Strand. Sie blieb im Haus oder hackte die Erde ihrer kleinen neuen Felder auf.
    Am dritten Tag erschienen Tamas Brüder. Sie machten ernste Gesichter – wie immer in letzter Zeit – und schleppten zwischen sich in einem großen hölzernen Gefäß eine braungelbe Masse heran. Vorsichtig setzten sie das Gefäß vor Ron hin und zeigten auf das Schlauchboot.
    Ron bückte sich und steckte einen Finger in den Brei. Er war klebrig und zäh, wie eingedickter Honig, und als er den Finger herauszog, erstarrte die Masse nach wenigen Minuten und wurde zu einer harten Schicht.
    »Das ist ja toll!« rief Ron begeistert aus. »Was ist das?«
    »Von Baum …« Einer der Brüder zeigte wieder auf das Boot. »Damit einreiben. Boot bekommt keine Wunden.«
    »Baumharz! Ihr habt recht! Das gibt eine elastische Schutzschicht. Jungs, da ist doch ein Trick bei! Was habt ihr denn daruntergemischt, damit es nicht sofort erstarrt?«
    Tamas Brüder gaben keine Antwort. Sie drehten das Boot um und begannen den Boden und die Seiten mit dem Harz einzureiben. Sie benutzten dazu kleine, dünne Bretter, die nicht anders aussahen als die Spachteln der Maler oder Stukkateure. Sorgfältig trugen sie das Baumharz auf, glätteten es, und in der prallen Sonne härtete es sehr schnell und bildete eine Schicht, gegen die man mit einem Hammer schlagen konnte, ohne daß ein Riß oder ein Loch entstand. Er war wirklich der beste Schutz gegen die Spitzen und Zacken der Korallen.
    »Phantastisch!« sagte Ron. Er wagte es, mit seinem Messer gegen den Bootsboden zu stechen … die Spitze knirschte an der steinhart gewordenen Harzschicht, aber sie drang nicht ein. »Brüder, das kann mir das Leben retten.«
    Er wollte den schweigsamen Männern die Hand drücken, aber sie wandten sich ab, nahmen den Holzkessel wieder zwischen sich und gingen zum Dorf zurück. Nicht einen Blick gönnten sie Ron, und seinen ausgestreckten Arm ignorierten sie. Irritiert starrte Ron ihnen nach. Wer wird diese Menschen je verstehen? dachte er. In ihren Blicken liegt Haß … aber sie versiegeln mein Boot, damit ich sicherer fahren kann. Wer kann diese Mentalität begreifen?
    Am Abend saßen Tama'Olu und Ron wieder auf der Bank vor ihrer Hütte und warteten – fast war es schon ein Ritual geworden – auf die Flammen des Sonnenuntergangs. Vor ihnen, hochgezogen in den feinen Sand, lag das Schlauchboot mit dem neuen Mast und dem zusammengerollten Segel.
    »Wann?« fragte Tama und sah dabei starr hinaus aufs Meer.
    »Übermorgen.« Ron legte den Arm um ihre Schulter, aber sie kam ihm nicht wie sonst entgegen. »Es ist alles fertig. Deine Brüder hassen mich, nicht wahr?«
    »Sie wollten töten dich.«
    »Genau das habe ich geahnt. Und warum helfen sie mir dann?«
    »Ich habe gesagt, wenn du tot, ich auch tot. Brüder werden für mich sorgen, wenn du weg. Frau ohne Mann bleibt nicht allein … Ob Mann tot oder weg, Brüder sind immer da.«
    »Mein Gott, Tama, begreif es doch: Ich komme wieder!«
    »'Ikai! Meer ist stärker … Du nicht bist stärker als Meer. Keiner ist stärker als Meer. Du bist tot, wenn du fährst weg.«
    »Ich schaffe es, Tama, ich schaffe es bestimmt! Ich glaube ganz fest daran, und du mußt auch daran glauben. Wenn ich wiederkomme, bringe ich alles mit, was uns fehlt.«
    »Mir nix fehlt«, sagte sie mit einer so harten Stimme, wie sie Ron noch nicht von ihr gehört hatte. »Dir fehlt andere Welt. Geh in andere Welt. Geh!«
    »Das kannst du so einfach sagen? Es klingt, als wolltest du einen Hund wegjagen.«
    »Hund ist treu, Hund bleibt immer hier. Aber du willst weg.«
    »Ich tue es doch nur für uns, Tama. Für unsere gemeinsame Zukunft. Für ein herrliches, glückliches Leben.«
    »Du jetzt nicht bist glücklich, Ovaku?«
    »Es kann keinen glücklicheren Menschen geben als mich.«
    Sie hob den Arm und zeigte auf das Meer. »Dort, in anderer Welt …«
    »Bei dir, Tama'Olu.«
    »Warum lügst du?« Sie erhob sich von der Bank, sah Ron traurig an und ging in die Hütte. Es war der erste Abend, an dem sie nicht zusammen den Sonnenuntergang erlebten und den Himmel betrachteten, über den ein Feuer zog, als würde die ganze Erde brennen.
    Aber als Ron dann auch in die Hütte kam und sich neben Tama auf das Bett legte, kroch sie wieder dicht an ihn heran, preßte ihren Körper an seinen und

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