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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erreicht worden war. Noch immer schien es ihm fast märchenhaft, daß eine Insel wie Tonu'Ata so unberührt von aller Entwicklung geblieben war. Denn gerade der dicke König von Tonga wies gerne mit Stolz darauf hin, sein Inselreich in die Neuzeit geführt zu haben. Und er hatte es auch geschafft, ohne daß sein Land darunter litt, zerfiel und alle die Krankheiten übernahm, die ›Kulturnationen‹ exportierten: Parteienstreit und Streiks, Rauschgifthandel und Alkoholmißbrauch, Jugendkriminalität und politische Zänkereien.
    König Taufa'ahau Tupou IV. war zwar Herr über ganz Tonga – darüber gab es keine Diskussion, zumal ihm alles Land des Archipels und auch die Insel Tonu'Ata gehörte – aber von ihr schien er nicht einmal zu wissen, daß es sie überhaupt gab.
    Und wer das Eiland kannte, wie der Händler Gilbert Descartes, dem war es gleichgültig, ob es auf einer Karte verzeichnet war oder nicht. Auch hatte er Tonu'Ata nur durch Zufall entdeckt und sprach in Pangai, der Hauptstadt der Ha'apai-Inselgruppe, nicht darüber. Sicher vor allem deshalb, um nicht die Konkurrenz auf das kleine schöne Eiland aufmerksam zu machen.
    Ob der in Pangai residierende königliche Gouverneur die Insel kannte, interessierte Descartes nicht, und für die Flugzeuge der Air Pacific, Polynesian Airlines und South Pacific Island Airways war sie nur ein winziger grüner Fleck im weiten blauen Ozean, den sie überflogen.
    Vier Tage und Nächte allein auf dem Meer, nur Wasser und Himmel um sich und der in der Hitze flimmernde Horizont zerrten an den Nerven.
    Ron vertrieb sich die Zeit damit, daß er sang. Alles, vom Volkslied bis zur Oper. Besonders witzig fand er es, wenn er beim Rundblick über die grenzenlose Wasserfläche sang: »Warum ist es am Rhein so schön?« Oder er deklamierte Gedichte und Monologe, Erinnerungen an seine Gymnasialzeit. Sein Repertoire reichte von Wilhelm Teil über Schillers Glocke, die Jungfrau von Orléans und Fausts Osterspaziergang.
    Ab und zu sprach er auch mit Tama'Olu, sagte ihr, wie sehr er sie liebe, wie ihr Leben sich demnächst verändern würde, was er an Plänen gemacht hatte.
    Und wenn nach dem feurigen Sonnenuntergang schnell die Dunkelheit kam und er sich in seinem Schlauchboot hinlegte, sagte er jedesmal: »Gute Nacht, mein Liebling. Schlaf gut, mein dunkler Engel, und träum von mir. Ich liebe dich, ich küsse dich. Du bist bei mir, spürst du das? Du bist immer bei mir.«
    In der dritten Nacht schreckte er plötzlich auf. Es war ihm, als habe er einen langgezogenen, dumpfen Ton gehört, so, als ob ein Nebelhorn bliese. Aber nichts war um ihn herum, als das im Licht einer dünnen Mondsichel silbern schimmernde Meer – kein Schiffsrumpf, kein neuer Ton, nicht mal der schwache Schein eines weit entfernt dahinfahrenden Dampfers. Ein Nebelhorn … welch ein Blödsinn! Wozu sollte bei einem solch klaren Wetter, in einer so herrlichen warmen Nacht ein Nebelhorn blasen?
    Er legte sich wieder hin, dachte an Tama'Olu, nahm einen Schluck Obstsaft und schloß die Augen. Auch das einsamste Meer hat seine Grenzen, sagte er sich aufmunternd. Das ist jetzt erst die dritte Nacht, die ich hier draußen verbringe, und für zwanzig Tage habe ich zu essen und zu trinken. Und selbst dann werde ich nicht vor die Hunde gehen. Ich habe einen Speer bei mir und kann mir Fische stechen, das habe ich nun gelernt von Tamas Brüdern. Ich kann das Regenwasser auffangen und werde nicht verdursten. Junge, du kommst durch! Es gibt kein ›Unendlich‹ auf der Erde, auch der riesige Ozean wird von Küsten begrenzt.
    Am fünften Tag entdeckte er einen dünnen Streifen am Horizont.
    Ron stand am Mast und sah über das weite Meer. Seine Augen schmerzten und tränten, so angestrengt starrte er in die Weite. Das muß Land sein, durchfuhr es ihn. Das ist Land! Eine Insel, natürlich eine Insel, hier gibt es doch nur Inseln, und jede ist größer als Tonu'Ata und ein Sprungbrett in die zivilisierte Welt.
    Nach einer Stunde, immer vor dem schwachen Wind hersegelnd, erkannte Ron einen abgeflachten, niedrigen Vulkankegel, der aus dem Wasser ragte.
    Da griff er zu den neuen, geschnitzten Rudern und begann, das Boot vorwärtszutreiben. Er entwickelte ungeahnte Kräfte, gab auch dann nicht auf, als seine Muskeln sich verspannten.
    Man täuscht sich auf dem Meer in den Entfernungen. Was so nahe scheint, so greifbar und mühelos erreichbar, erweist sich dann als eine Strecke, die nie enden will.
    Erst nach vier Stunden war Ron nahe

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