Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
genug an die Insel herangekommen, daß er die zerklüftete Küste deutlich sehen konnte, die Brandung, die an der Korallenbarriere schäumte, und den dichten Wald aus windgebeugten Palmen.
    Er segelte an dem Korallenriff entlang und suchte den Durchgang zur Lagune. Es gab keine Insel, die völlig von Korallen eingeschlossen war, selbst Bora-Bora, dieser schönste Traum der Südsee, hatte einen Durchgang, den sogar größere Schiffe befahren konnten.
    Rons Herz schlug schneller, als er plötzlich ein weißes Motorboot vor sich auftauchen sah, das mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zuraste. Er stellte sich an den Mast, schwenkte sein Hemd und schrie, schrie und hätte gleichzeitig heulen können vor Freude und Erlösung von aller inneren Anspannung.
    Das Motorboot ließ kurz eine helle Sirene erklingen und hielt genau auf ihn zu. Es war ein schönes, schnelles Boot, nicht groß, aber immerhin mit einer Kabine auf dem Hinterdeck und einem verkleideten Fahrerstand in der Mitte. Am Fahnenmast flatterte die tongalesische Flagge.
    Das Boot fuhr einen weiten Kreis um Rons Schlauchboot, als würde man genau prüfen, was da vom Meer angeschwemmt wurde. Dann drosselte man die Motoren, und das Schiff tuckerte auf Ron zu.
    Die ganze Zeit hatte er mit dem Hemd gewinkt und stand jetzt an dem kleinen Mast, als das Boot längsseits kam und dann der Motor abgestellt wurde. Das Fenster des Fahrerstands wurde zurückgeschoben, und der Kopf eines Mannes erschien, ein weißer Mann mit angegrauten, struppigen Haaren, um die ein breites gesticktes Stirnband gebunden war.
    So müssen früher die Seeräuber ausgesehen haben, dachte Ron sofort. Früher? Zum Teufel, das kann hier auch einer dieser Piraten sein. Im südchinesischen Meer, um die Philippinen herum, an den Küsten von Indonesien und sogar im thailändischen Golf gibt es heute wieder Piraten, die sogar kleine Handelsschiffe überfallen, entern und ausrauben. Warum soll es in der Inselwelt von Tonga nicht auch einen Seeräuber geben? Vertrauenerweckend sieht der Kerl jedenfalls nicht aus.
    Er strich sich über das Gesicht und nahm erst jetzt wahr, daß er mit seinem Viertagebart nicht weniger verwegen aussehen mußte als der Mann in dem Motorboot.
    Ron hob die Hand und winkte. Gleichzeitig rief er: »Sie schickt mir den Himmel! Ich habe schon gedacht, ich werde zum Fliegenden Holländer.«
    Er rief es auf englisch, und der Mann auf dem Motorboot antwortete ebenfalls auf englisch: »Das kann schon sein. Wer sind Sie? Wo kommen Sie her? Schiffbrüchig?«
    »Wie man's nimmt. Ich bin Ron Edwards, und ich komme von Tongatapu.« Einem plötzlichen Einfall folgend, rief er es auf tongalesisch.
    Der Mann gegenüber öffnete eine kleine Tür, trat heraus an die niedrige Reling und beugte sich zu Ron hinüber.
    »Wollen Sie mich verarschen? Sie kommen doch mit dieser Nußschale nicht von Nuku'alofa!«
    »Sie werden's nicht glauben: doch!«
    »Und wo wollen Sie hin?«
    »Zum nächsten Flughafen«, erwiderte Ron lakonisch.
    »Halten Sie mich für einen Idioten?« brüllte der Mann. »Nuku'alofa hat einen internationalen Airport!« Er blickte in das Schlauchboot, sah die Holzkisten und Palmfasersäcke, die Kalebassen mit Wasser und Fruchtsäften und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf dieses Gepäck. »Was transportieren Sie da? Sind Sie vielleicht einer von den Saukerlen, die Alkohol und Rauschgift auf die Insel bringen?«
    »Wenn ich das wäre, dann würde ich hier mit einer schnellen Yacht aufkreuzen, und Sie hätten längst ein Loch in der Stirn. Ich bin so harmlos wie eine leergeblasene Muschel!«
    »Und wieso können Sie Tongalesisch sprechen?«
    »Das ist eine lange, fast unglaubliche Geschichte, und ich glaube kaum, daß ich sie Ihnen erzählen werde. Woher können Sie denn Tongalesisch?«
    »Das ist mein Beruf.«
    »Aha, Sprachforscher, was?« Ron grinste breit. »Nehmen Sie mich in Schlepp, oder kann ich an Bord? Wo bin ich hier überhaupt?«
    »An der Insel Telekitonga.«
    »Tele… ah, hier gibt's bereits Fernsehen«, spöttelte Ron.
    »Sie scheinen ein selten blöder Hund zu sein. Aber ich kriege noch heraus, wer Sie sind, keine Bange.«
    »Gott helfe Ihnen dabei.«
    »Amen!« Der Mann schob das breite Stirnband höher auf seine struppigen grauen Haare. »Wenn ich nicht so viel von Nächstenliebe halten würde, ließe ich Sie jetzt allein, legte mich in die Durchfahrt und wartete ab, bis Sie schwarz geworden sind.«
    »Ihre Nächstenliebe sollte aber so weit gehen, daß Sie mir sagen,

Weitere Kostenlose Bücher