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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiter. Jack schien ein Ästhet zu sein, er hatte sich aus der Kühltasche ein Glas geholt und füllte es mit dem Kognak, allerdings randvoll. Es war ein Weinglas …
    Tápana fiel in einen tiefen Schlaf. Erschöpfung oder das Hinüberdämmern in das Nichts? Ron wußte es nicht. Er saß neben Tápanas Kopf auf einem Hocker und wartete. Wann steht der Atem still? Wann hört das Herz auf zu schlagen? Wann zerfallen die empfindlichen Hirnzellen?
    Willmore, noch nicht völlig betrunken, kam an den Tisch und wechselte mit zitternden Händen die Infusionsflasche aus.
    Dr. Rudeck lag inzwischen langgestreckt auf Rons Bett, sang einen schweinischen Vers von einem geilen Rocky und schlief dann ein. Sein röchelndes und pfeifendes Schnarchen war fast unerträglich.
    Zwei Stunden mochten vergangen sein, und Tápana lebte noch immer. Er atmete tief und ruhig, und seine Hautfarbe wurde rosiger.
    Gab es doch noch Wunder?
    Der Arzt und Willmore lagen nebeneinander auf Rons Bett. Nun war auch Jack umgefallen. An einen Rückflug, wie Dr. Rudeck es gewollt hatte, war überhaupt nicht zu denken.
    Ron war das nur recht. So konnte der Doktor am nächsten Morgen noch einmal nach Tápana sehen, bevor er abflog. Und er konnte die Medikamente dalassen, die man noch brauchte – vor allem Antibiotika, Schmerzmittel und Infusionsflaschen.
    Zweimal ruderte Ron hinaus zu seiner Yacht und brachte alles mit, was sie jetzt gebrauchen konnten: Decken und Kopfkissen, zwei Matratzen und Propangaslampen. Er löschte die Scheinwerfer, um die Batterien zu schonen, und brachte zwei Flaschen Mineralwasser mit. Zum erstenmal in ihrem Leben trank Tama'Olu das sprudelnde, perlende Wasser. Sie lachte leise auf, als es in ihrer Kehle und Nase prickelte, und begriff nicht, daß Wasser lebendig werden konnte.
    »Leg dich hin und schlafe«, riet Ron und küßte sie zärtlich. Draußen ging wieder die Sonne wie ein Feuerball unter. »Es war ein schwerer Tag für dich, mein Liebling.«
    Sie schüttelte den Kopf, trank das Glas leer und freute sich über das Sprudeln wie ein Kind. »Du mußt schlafen, Ovaku. Ich bleibe bei Fatahefi.«
    »Die Wache übernehme ich.« Wenn er stirbt, werde ich sie nicht wecken, dachte er. Wenn sie dann aufwacht, ist alles vorbei, und das ist leichter für sie, als das Sterben ihres Vaters miterleben zu müssen. Kein Mensch sieht gut aus, wenn er stirbt, erst die Majestät des Todes verklärt sein Gesicht.
    »Mal du, mal ich …« Tama'Olu ging zu der an der Wand liegenden Matratze und setzte sich darauf. Sie hatte noch nie eine solche Unterlage gesehen. Sie war weicher als ihr mattenbelegter Boden, ihr war, als schwebe sie über der Erde.
    »Darauf schlaft ihr?« fragte sie, klopfte auf die Matratze und wunderte sich, daß ihre Hand zurückfederte. War das ein Zauber? Eine Matte ließ doch keine Hand tanzen! Ganz vorsichtig legte sie sich hin und wartete auf neue Überraschungen. Obwohl sie müde war, wehrte sich ihr Körper gegen den Schlaf. Ihm fehlte der Kontakt mit der Erde.
    Und Tápana lebte noch immer …
    Aber auch Ron fand keine Ruhe. Die vergangenen dramatischen Stunden ließen sich nicht so einfach wegwischen. Irgendwann spürte er, daß eine bleierne Schwere sich in ihm ausbreitete, die Lider herunterzog, die Muskeln lähmte und seine Umwelt verschwimmen ließ. Er kam nicht dagegen an, er bemühte sich auch nicht darum. Er empfand es als wunderbar, die Augen schließen zu können. Dr. Rudecks Schnarchen wurde leiser und immer leiser – bis er es gar nicht mehr vernahm …
    Er hörte nicht, daß Tama'Olu aufstand, nach ihrem Vater sah und die Infusionsflasche auswechselte. Sie hatte Willmore genau beobachtet, sie hatte sich jeden Griff gemerkt, und ohne Schwierigkeiten brachte sie die neue Flasche an.
    Ron lag mit dem Kopf auf dem Tisch und schlief tief und fest. Dr. Rudeck und Willmore schnarchten unerträglich laut. Doch das alles schien Tama'Olu nicht zu stören. Sie sah nur ihren Vater: Er lebte noch immer …
    Mit einem Ruck wachte Ron auf, und sein erster Blick fiel auf Tápana. Ruhig und gleichmäßig atmete der Stammesfürst, das Gesicht war entspannt, und der Mund war nur noch leicht geöffnet: ein Genesender, der im Schlaf Kräfte sammelte.
    Auf dem Bett lag immer noch Willmore und schlief tief und fest. Dr. Rudeck war wohl schon aufgestanden. Auch Tama'Olu war nicht in der Hütte. Ron richtete sich auf und reckte sich. Dann stutzte er plötzlich und begriff, daß er aufgewacht war, weil er etwas wie einen Schrei

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