Die Bucht der schwarzen Perlen
Und wir sind völlig wehrlos! Alle Waffen liegen noch in der Kiste auf der Yacht.
Es war wie ein Wunder, daß Tápana gerade in diesen Sekunden die Augen aufschlug und sein erster Blick auf seinen Sohn fiel. Er wollte etwas sagen, aber die Stimme versagte ihm noch. Nur ein heiseres Röcheln kam aus seinem Mund.
»Geh hinaus, Fai'fa«, sagte Tama'Olu mit ruhiger, fester Stimme. »Sag ihnen, daß Fatahefi Tápana lebt. Bald ist er ganz gesund. Die fremden Ärzte und Ovaku haben ihn gerettet.«
»Was sagt sie?« fragte Dr. Rudeck. »Himmel, ist das eine Sprache!«
»Sie erklärt Fai'fa, daß Tápana bald wieder gesund sein wird.«
»Du meine Güte!« Dr. Rudeck warf einen schnellen Blick auf Tama'Olus Bruder. »Dann wird's Zeit, daß wir uns verabschieden, Ron. Ich habe kein Verlangen, ein Märtyrer der Südsee zu werden. Wie kann Ihre Frau einen solchen Unsinn erzählen?«
»Anders erhalten Sie Ihr Bier und Ihren Kognak nicht. Willmore kommt nicht ans Schiff.«
»Ich verzichte auf das Bier!«
»Aber ich nicht. Ich habe auch Sehnsucht nach einem kühlen Blonden. Glauben Sie, ein offener Bauch ist ein so schöner Anblick, daß man sich daran weiden kann?«
»Für einen Chirurgen schon.« Rudecks Sarkasmus war kaum noch zu überbieten. »Sie sollten erst mal sehen, wie das aussieht, wenn man einen Dickdarm operiert.«
Fai'fa warf noch einen Blick auf seinen Vater. Er hatte die Augen wieder geschlossen, aber ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen.
Was Fai'fa zurückhielt, hinauszugehen, waren die auf Tápanas Brust befestigten Elektroden des EKGs, die wie große Blutegel aussahen. Sein Blick fiel auf die vielen Drähte, die zu einem Kasten führten, in dem zuckende Geister tanzten. Und etwas ganz Merkwürdiges hing an einem blinkenden Gestell: eine Art Flasche, die aber zerbrochen war, denn unten heraus tropfte es ohne Unterlaß. Man schien das schon gemerkt zu haben, fing die Tropfen auf in einem durchsichtigen Schlauch, aber rätselhafterweise steckte der Schlauch im rechten Arm von Tápana, und alles floß in ihn hinein. Fai'fa verstand das nicht, ebensowenig wie Tama'Olu. Aber dem Vater schien es gutzutun, als er wieder die Augen öffnete, war sein Blick schon klarer.
Fai'fa lächelte ihn an und verließ schnell die Hütte. Draußen hob er seinen Speer hoch in die Luft und schrie: »Ko 'eku ha'u mei Fatahefi!« (Ich komme von Fatahefi.) Und dann, wie ein Jubelschrei: »Malo!« (Gut)
Ein vielstimmiges Jauchzen war die Reaktion. Alle Männer, Frauen und Kinder klatschten in die Hände, sprangen auf und liefen ins Dorf zurück. Der Alltag ging endlich weiter … fischen, auf dem Feld, im Wald, an den Feuerstellen arbeiten … Tápana lebte, die Götter waren gnädig mit ihm gewesen. Nur der Medizinmann tanzte wieder herum, stieß kreischende Laute aus und rief dann: »Er wird sterben! Er wird sterben!«
Aber niemand kümmerte sich mehr um ihn. Mit mörderischem Haß in den Augen schüttelte der buntbemalte Alte die Fäuste gegen Rons Hütte und rannte dann in den Palmenwald hinein.
»Sollten wir nicht besser abfliegen?« meinte Dr. Rudeck.
»Sie wollen nicht die weitere Genesung Ihres Patienten abwarten?«
»Auf gar keinen Fall. Ich bin froh, wenn ich wieder in Pangai in meinem Sessel am Schreibtisch sitze. Vom Paradies habe ich die Nase voll. Wenn das eintritt, was ich als fast sicher annehme –«, er sah hinüber zu Tápana –, »möchte ich weit weg sein. Sie können mich ja anrufen, wenn Sie noch telefonieren können.« Sein Blick glitt weiter zu Tama'Olu und schien sie förmlich zu taxieren. »Sie haben eine besonders schöne Frau, Ron. Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
»Noch gar nicht. Wir werden demnächst auf Telekitonga oder in Papeete heiraten.«
»Ach! Sie sind noch gar nicht verheiratet? Ron, Sie Glückspilz! Tun Sie's nicht. Genießen Sie ohne Zwang. Was glauben Sie, wie diese umwerfende Schönheit mit Fünfzig aussieht? Ich kenne das, habe genug von dieser Sorte in Behandlung. Ihre Großmutter sieht dagegen aus wie ein Teenager. – Er ist also gar nicht verheiratet! Das ist interessant!«
»Wieviel bekommen Sie, Doktor?« fragte Ron eisig.
»Was bekomme ich?«
»Ihr Arzthonorar.«
»Müssen wir jetzt davon sprechen?« Dr. Rudeck ließ seinen Blick über Tama'Olu gleiten, von den Haaren bis zum Saum ihres Rockes. Ein Blick, der die schöne Frau entkleidete.
»Ja! Ich möchte das so schnell wie möglich regeln. Wer weiß, was in den nächsten Stunden passiert.«
»Da
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