Die Bucht des grünen Mondes
schlugen die Zähne aufeinander, so wenig war es zu ertragen, nicht augenblicklich von einem stärkeren Tier überwältigt zu werden. Zitternd öffnete sie ihre Schenkel, schwang das Becken, dass er endlich den Rock entfernte. Sie selbst vermochte es nicht. Denn war sie nicht an dieses Lianengewächs gefesselt? Wieder kannte er ihren innigsten Wunsch – er entblößte sie, drängte sich zwischen sie und hob sie auf sein Geschlecht. Mit einer Hand hielt er sie, drückte sie zugleich gegen eine raue Rinde; mit der anderen packte er ihren Nacken und presste ihr Gesicht an sich. Tief sog sie seinen Duft in sich auf. Sie war nur noch Empfindung. Er nur noch Haut, Muskeln, Glut und raubtierhafter Atem. Sein Becken stieß sie. Seine Finger bohrten sich wie Krallen in ihr Fleisch. Stoß um Stoß trieb er sie aus ihrem menschlichen Leib, machte sie zum Wesen, das nur für diesen Rausch lebte. Amely schrie. Sie hörte sich nicht. Ruben schrie. Es waren Klänge aus einer anderen Welt. Der Himmel warf Blitze. Und während sie verging, öffnete sie die Lider einen Spalt. Sie sah ihr eigenes Inneres: glühend, von Lichtstrahlen durchbohrt. Ruben hielt ihren schweißnassen Kopf, sah sie an, erschöpft lächelnd. Sie begriff, dass sie in die Wirklichkeit zurückgekehrt war. In eine zauberhaft schöne Wirklichkeit. Der Regen war so schnell verebbt, wie er begonnen hatte. Der beginnende Morgen sandte Sonnenlicht über den Fluss. Dies hier war keine Höhle. Es war das verschlungene Wurzelgeflecht einer Würgefeige. Der Baumriese, den sie umschlossen hatte, war erstickt, verschwunden. Rote, violette, weiße Orchideen blühten in den Zwischenräumen; der Tau auf ihnen glänzte wie gläserne Perlen. Amely streckte über Rubens Schulter hinweg die Hand in einen der Lichtspeere, in denen Pollen und Bienen tanzten. Im Geflecht, hoch oben, erwachten blau-rote Aras aus ihrem Schlaf.
Wir haben uns geliebt in einer Kathedrale des Urwalds
.
Ruben stellte sie auf die Beine, die ihr wegsacken wollten. Sein Arm um ihre Mitte hielt sie. Amely kreuzte die Finger in seinem Nacken.
«Che hayihu», sagte sie.
Ich liebe dich.
Der Schweiß floss ihr in Strömen aus den Poren. Ihre Glieder waren schwer wie getränkte Schwämme. Sie wollte den Kopf heben, sehen, was Tatapiy tat. Die junge Frau, die am Abend ihrer Frauwerdung so willig ihr zukünftiges Dasein als Nebenfrau Rendapus angenommen hatte, war eine geschickte Tätowiererin. Unter ihren kundigen Fingern entstand ein verschlungenes Seil, ein Knoten – das Zeichen, dass sie, Amely, Ruben gehörte. Auch die anderen Frauen trugen die Symbole ihrer Verbundenheit mit ihren Männern auf ewig mit sich; gesehen hatte Amely sie jedoch selten, da sie sich dicht neben den Schamlippen befanden. Niemals hätte sie geglaubt, selbst eines Tages die Beine zu spreizen, um fremden Fingern den Zugang zu solch heikler Stelle zu gewähren. Aber wer war sie denn inzwischen, wer war sie
jetzt
? Yacurona nannte Ruben sie, da er meinte,
sie
habe ihn in den Fluss hinabgezogen. Ein Wesen war sie, das im Rausch des Epena auf bunten Lichtblitzen tanzte und sang, ohne sich zu bewegen und den Mund zu öffnen. Ihre Seele tanzte, vibrierte, als wolle sie sich von ihrem Körper lösen, um ungehindert durch den Wald zu streifen und Teil aller Wunder zu werden. Noch einmal zurückzukehren zu jenem Abend, als die Männer ihren Frauen glimmende Holzscheite an die Köpfe geschlagen hatten, um sie erneut an sich zu binden. Noch einmal zu spüren, wie Rubens Scheit sie an der Schläfe getroffen hatte und sie zu Boden gesackt war, trunken vor Glück über diesen Schmerz. Noch einmal den Schlangenbiss zu spüren, noch einmal das tagelange Fieber zu durchleiden. Alles war Glück, jeder Stich, jeder Biss, jedes Stolpern, jede Mühsal, jede Furcht.
Es macht so lebendig. Zuvor bin ich nur wach gewesen, habe geatmet und sonst nichts getan. Inzwischen bin ich ein pulsierender, lachender, leidender Mensch, der das Leben in jeder Fingerspitze spürt. Wenn ich jetzt um jemanden weinen müsste, dann schmerzte es wie noch nie, aber ich will es niemals mehr anders
.
Sogar das rhythmische Klopfen der beinernen Nadel in ihre Haut nahm sie so deutlich wahr, als triebe die Frau ihr eine Pfeilspitze in den Leib. Jeder Stich sandte farbige Lichtblitze in ihre Augen, und jeder Blick dröhnte in ihren Ohren. Doch es tat kaum weh. Sie betrachtete Ruben, der an ihrer Seite saß. Auch ihm rann der Schweiß von den Schläfen; sein Blick war glasig. Das
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