Die Bucht des grünen Mondes
der Geist der Siyuoca in ihn fuhr. Und ein langer, wenn er sich in seinem Leib ausbreitete, wie träges Wasser, das die Flussauen tränkte.
Tiefe Stille löschte alles Lärmen des Waldes, das beständige Sirren, Rauschen, Pfeifen und Trillern. Aymáho nahm einen tiefen, erleichterten Atemzug. Manchmal brachte die Siyuoca auch Traumbilder. Er war froh, wenn es nicht so war. Nichts wollte er sehen, nichts hören, nichts wahrnehmen. Als es ruhig und dunkel um ihn wurde, lehnte er den Kopf an den Stamm und schloss die Augen.
Sein Atem verlangsamte sich.
Er glitt ins Nichts …
Plötzlich glaubte er in heißem Blut zu ertrinken. Der Chullachaqui, der böse Geistgott des Waldes, lachte über ihn. Das Glück war vorbei! Aymáho schreckte hoch. Blut! Irgendein Tier hatte ihn angefallen, ihn von oben bis unten aufgerissen. Er fuhr sich über das Gesicht, um Luft zu bekommen. Mühte sich, zu erwachen, und tastete nach seinem Blasrohr, das ihm aus der glitschigen Hand entglitt.
«Seht nur, wie seine Hände auf der Suche nach der Waffe zittern. Wie die eines Alten!»
Gelächter brandete über Aymáho hinweg. Durch den Blutschleier sah er einige Schritte entfernt die jungen Männer des Dorfes stehen.
«Sicherlich hat er Tiacca nur mit einem Liebeszauber gewonnen. Sie sollte hier sein und sich das Elend ansehen.» Niemand anderer als To’anga war der Anführer dieser lächerlichen Gruppe, dort stand er, eine blutige Schale im Arm. «Aymáho! Weißt du, was das für Blut ist? Riechst du es? Nein, deine Sinne sind wahrscheinlich noch zu benebelt. Sieh her.»
Er gab einem vor ihm liegenden Kadaver einen Tritt. Das schwarzfellige Schwein rollte, eine rote Spur hinter sich herziehend, vor Aymáhos Füße.
Aymáho krümmte sich. Auch wenn der Wald voller Gerüche und oft auch Gestank war – dies hier verursachte ihm Übelkeit. Dickflüssige Rinnsale troffen aus seinen Haaren und trübten seine Sicht. To’anga hatte die Fäuste in die Seiten gestemmt und das lange Haar zurückgeworfen. Er grinste über das ganze Gesicht, während das wiehernde Grölen der anderen nicht völlig echt klang. Natürlich, sie wussten, dass man Aymáho besser nicht reizte; wahrscheinlich hatte To’anga sie mit Geschenken und wohlfeilen Worten überredet.
Der Tumult hatte das ganze Dorf herbeigelockt. Oder To’anga hatte angekündigt, dass es hier etwas zu sehen gab. Hinter den Männern, in gebührender Entfernung, hielten Mädchen und Frauen entsetzt die Hände vor die Gesichter. War auch Tiacca unter ihnen? Aymáho vermied es, genauer nach ihr Ausschau zu halten. Kinder reckten die Köpfe. Und Yami, die wuchtige Häuptlingsfrau, schob sich zwischen ihnen hindurch, überblickte rasch, was geschehen war, und wandte sich kopfschüttelnd wieder ab. Nun fehlte wahrhaftig nur noch der Kazike selbst, sich anzusehen, in welcher Schmach Aymáho soeben badete.
«Du solltest mir dankbar sein», höhnte To’anga. «Denn wahrscheinlich wirst du von jetzt an diesen Unsinn sein lassen, und somit habe ich dein Leben gerettet.»
Aymáho sprang auf. Das Lachen erstarb. Er fuhr sich mit den Fingern durch die verklebten Haare und versuchte sie aus dem Gesicht zu zerren. Tausend Vorwürfe und Beleidigungen lagen ihm auf der Zunge. Aber besudelt von Schweineblut würde alles lächerlich klingen.
Er machte einen Schritt auf To’anga zu. Die jungen Männer wichen zurück; jetzt schienen sie sich darauf zu besinnen, dass es zwar verlockend gewesen war, das hässliche Spiel mitzumachen, aber alles andere als klug.
Nur To’anga rührte sich nicht. Aymáho schenkte ihm ein kühles Lächeln. Vermutlich fiel es ein wenig dürftig aus, aber sein Gesicht war ohnehin eine blutige Maske. «Wir reden später darüber», sagte er ruhig. «Ich werde mich erst waschen.»
«Tu das», erwiderte To’anga ebenso ruhig.
Aymáho blieb nichts anderes übrig, als ihm den Rücken zuzukehren. Er nahm seine Waffen auf und schlug den Pfad ein, der tiefer in den Wald führte. Erst als er sicher war, den Blicken entzogen zu sein, schlug er mit geballter Faust gegen einen Baumstamm und stieß eine unterdrückte Verwünschung hervor. To’anga, To’anga! Gemocht hatten sie sich noch nie, aber seit der Kerl ein Krokodil erlegt hatte, war er unerträglich geworden. Gut, es war ein mächtiges Tier gewesen; es hatte zwei spielende Kinder gerissen, und To’anga galt fortan als Rächer ihrer Geister. Seitdem bemühte er sich, Aymáho den Ruf als erster Jäger und Krieger des Stammes zu
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