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Die Bücher und das Paradies

Die Bücher und das Paradies

Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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zu beenden.
    Doch offenbar hatte ich die zweite Hälfte in jenen ersten
    fünf Jahren so intensiv bedacht, daß alles schon
    wohlgeordnet in meinem Kopf (oder Herz oder Bauch,
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    was weiß ich) bereitlag. Kurz gesagt, zwischen Mitte Juni
    und den ersten Augusttagen hat sich das Buch fast von
    selber zu Ende geschrieben, in einem einzigen Zug
    (danach gab es noch ein paar Monate mit Kontrollen und
    Korrekturen, aber im Kern war es fertig, die Geschichte
    war zu Ende). An diesem Punkt brach ein weiteres meiner
    Prinzipien zusammen, denn auch ein Aberglaube ist ein
    Prinzip, so irrational er sein mag: Ich hatte das Buch nicht
    am 5. Januar beendet.
    Irdgendwas stimmte nicht, dachte ich ein paar Tage lang.
    Dann, am 8. August, wurde mein erster Enkel geboren.
    Mit einem Schlag war mir alles klar, diesmal sollte ich den
    Roman nicht an meinem Geburtstag beenden, sondern an
    seinem . Ich widmete ihm mein Buch und war wieder
    beruhigt.
    Computer und Schreiben
    Wie hat der Gebrauch des Computers mein Schreiben
    beeinflußt? Sehr stark im Hinblick auf meine Erfahrung,
    und ich weiß nicht, wie stark im Hinblick auf die
    Ergebnisse.
    Nebenbei: Da im Pendel von einem Computer die Rede
    ist, der Poesie fabriziert und Ereignisse aleatorisch
    kombiniert, wollten viele Interviewer um jeden Preis von
    mir hören, daß der ganze Roman am Computer entstanden
    sei, indem ich ihm ein Programm eingefüttert hätte, mit
    dem er dann alles ganz von allein habe erfinden können.
    Wohlgemerkt, es waren lauter Journalisten, die ihre
    Artikel inzwischen am Computer schrieben, von wo sie
    direkt zum Druck gingen – sie wußten also, was man von
    diesem dienstbaren Apparat erwarten konnte. Aber sie
    wußten auch, wie man für ein Publikum schreibt, das noch
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    eine magische Vorstellung vom Computer hatte, und
    bekanntlich schreibt man ja häufig nicht, um den Lesern
    die Wahrheit zu sagen, sondern das, was sie gerne hören.
    Jedenfalls geriet ich an einem bestimmten Punkt in Rage
    und offenbarte einem von ihnen die magische Formel:
    Erstens braucht man selbstredend einen Computer, der eine
    intelligente Maschine ist, die für einen denkt – was für viele vorteilhaft wäre. Es genügt ein Programm von wenigen Zeilen, das auch ein Kind schreiben kann. Dann füttert man den Computer mit dem Inhalt einiger hundert Romane, wissenschaftlicher Werke, der Bibel und des Korans sowie etlicher Telefonbücher (sehr nützlich für die Namen der handelnden Personen). Sagen wir rund hundertzwanzigtausend Seiten. Danach randomisiert man das Ganze mit
    einem anderen Programm, d. h. man verquirlt alle diese Texte
    miteinander unter Beigabe eines Zusatzbefehls, zum Beispiel der Eliminierung sämtlicher Buchstaben a . So erhält man außer einem Roman auch noch ein Lipogramm. Nun gibt man den Befehl Print , und das Ganze wird ausgedruckt. Da man alle a eliminiert hat, kommen etwas weniger als hundertzwanzigtausend Seiten heraus.
    Nachdem man sie mehrmals sorgfältig gelesen und die wichtigsten Stellen unterstrichen hat, lädt man sie auf einen Lkw und fährt sie zu einer Müllverbrennungsanlage. Dann setzt man sich mit einem Kohlestift und Fabrianopapier unter einen Baum, läßt die
    Gedanken schweifen und schreibt zwei Zeilen, zum Beispiel: »Der Mond steht hoch am Himmel / der Wald raschelt und rauscht.«
    Vielleicht kommt noch nicht gleich ein Roman heraus, sondern
    bloß ein japanisches Haiku, aber das Entscheidende ist, einmal angefangen zu haben.
    Niemand hatte den Mut, mein Geheimrezept
    abzudrucken. Aber jemand schrieb: »Man spürt, daß der
    Roman direkt am Computer geschrieben wurde;
    abgesehen von der Szene mit der Trompete auf dem
    Friedhof: Die ist wirklich erlitten, er muß sie mehrmals
    geschrieben haben, und zwar mit der Hand.« Ich schäme
    mich, es zu sagen, aber bei diesem Roman, der so viele
    Schreibphasen durchgemacht hat, bei denen der Kuli, der
    Bleistift, der Füllfederhalter und zahllose Revisionen ins
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    Spiel gekommen waren, ist das einzige Kapitel, das direkt am Computer geschrieben wurde, in einem Zug und ohne
    viele Korrekturen, genau das mit der Trompete gewesen.
    Der Grund ist sehr einfach: Ich hatte diese Geschichte so
    gegenwärtig, hatte sie mir und anderen so oft erzählt, daß
    es war, als ob ich sie längst geschrieben hätte. Ich brauchte
    nichts mehr zu ändern oder hinzuzufügen, ich bewegte die
    Hände über die Tastatur wie über die Tasten eines
    Klaviers, auf dem ich eine Melodie spielte, die ich

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