Die Bücher und das Paradies
schlechten Autoren gemeinsam ist: daß man nur für
sich selber schreibe. Mißtrauen wir jedem, der so redet, er
ist ein unehrlicher und verlogener Narziß.
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Es gibt nur eines, was man für sich selber schreibt: den
Einkaufszettel. Er dient als Gedächtnisstütze, wenn man
einkaufen geht, und danach wirft man ihn weg, weil er zu
nichts weiter nützt. Alles andere, was man schreibt,
schreibt man, um jemandem etwas zu sagen.
Ich habe mich oft gefragt: Würde ich heute noch
schreiben, wenn ich erführe, daß morgen eine kosmische
Katastrophe das Universum zerstört, so daß niemand mehr
lesen kann, was ich schreibe?
Im ersten Moment ist die Antwort: nein. Wozu
schreiben, wenn niemand mich lesen kann? Im zweiten ist
sie: ja, aber nur weil ich die verzweifelte Hoffnung hege,
daß in der Katastrophe der Galaxien irgendein Stern
überlebt und morgen noch jemand meine Zeichen
entziffern kann. Dann hätte es auch am Vorabend der
Apokalypse noch einen Sinn zu schreiben.
Man schreibt nur für einen Leser. Wer sagt, er schreibe
nur für sich selbst, ist nicht bloß ein Lügner. Er ist auf eine furchterregende Weise Atheist. Auch aus streng weltlicher
Sicht.
Unglücklich und verzweifelt, wer sich nicht an einen
künftigen Leser zu wenden weiß.
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