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Die Buecher und das Paradies

Titel: Die Buecher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Brüstung in seiner ganzen Breite und die Fahrbahn mit Ausnahme eines schmalen, dunklen Streifens, dem Schatten der Brüstung. Eigentlich müßte man im Hafenwasser noch das umgekehrte Bild des Ganzen sehen, wieder dasselbe Spiel der Parallelen und den geradlinig dem Kai zustrebenden Schatten der hohen, senkrechten Wand. 7
    Dieser Auszug (die Beschreibung geht noch fast zwei Seiten weiter) ist deshalb interessant, weil hier zuviel gesagt wird und die vielen Details den Leser hindern, sich ein Bild zusammenzusetzen (es sei denn um den Preis einer großen Anstrengung und intensiven Konzentration, die nur wenige aufbringen). Was uns die Schlußfolgerung nahelegt, daß Hypotypose dann vorliegt, wenn gerade soviel gesagt wird, wie nötig ist, um den Adressaten zu einer Mitarbeit zu bewegen, in der er die Leerstellen auffüllt und Einzelheiten aus eigener Initiative ergänzt. Anders gesagt, die Hypotypose muß nicht so sehr etwas sichtbar machen, sie muß vielmehr Lust darauf machen, etwas zu sehen. Doch wo findet man eine Regel? Im Falle von Robbe-Grillet könnten wir sagen, daß der zitierte Abschnitt in seinem Bemühen, etwas sichtbar zu machen, gewollt scheitert (interessante Provokation für einen mit Le voyeur betitelten Text aus der école du regard), da er keinen Anhaltspunkt bietet, irgendein Element als besonders relevant anzusehen: Alles ist gleichrangig und von gleicher Wichtigkeit.
    Was heißt, besondere Relevanz anzubieten? Es könnte heißen, eine Gefühlsreaktion verbal herauszuheben, sie in gewissem Sinne zu befehlen (»mitten auf dem Platz war etwas Schreckliches ...«) oder auf einer Einzelheit zu Lasten anderer zu insistieren.
    Beispiele ließen sich endlos geben, ich beschränke mich auf einen Abschnitt, der Tausende von visuellen Übersetzungsversuchen provoziert hat, aus der Offenbarung Johannis 4,2 - 6:
    Und siehe, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Thron saß einer. Und der da saß, war anzusehen wie der Stein Jaspis und Sarder; und ein Regenbogen war um den Thron, anzusehen wie ein Smaragd. Und um den Thron waren vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste, mit weißen Kleidern angetan, und hatten auf ihren Häuptern goldene Kronen. Und vom Thron gingen aus Blitze, Stimmen und Donner; und sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Thron, das sind die sieben Geister Gottes. Und vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer gleich dem Kristall, und in der Mitte am Thron und um den Thron vier Lebewesen voller Augen vorn und hinten ...
    Hypotypose, wenn es je eine gab. Und doch beschreibt diese Beschreibung nicht alles, sondern begnügt sich mit dem Notwendigsten. Von den vierundzwanzig Ältesten werden nur die weißen Kleider und die goldenen Kronen genannt, nicht aber die Augen oder die Bärte.
3. Aufzählung
    Mit ihr haben wir eine Technik, die zweifellos zur Evokation von räumlichen Bildern führt, ohne besondere Relevanz zu erzeugen. Drei Beispiele, ein antikes aus spätlateinischer Zeit und zwei moderne.
    Zuerst eine Beschreibung der Stadt Narbonne bei Sidonius Apollinaris:
    Salve Narbo, potens salubritate, urbe et rure simul bonus videri, muris, civibus, ambitu, tabernis, portis, porticibus, foro, theatro, delubris, capitoliis, monetis, thermis, arcubus, horreis, macellis, pratis, fontibus, insulis, salinis, stagnis, flumine, merce, ponte, ponto; unus qui venerere iure divos Lenaeum, Cererem, Palem, Minervam spicis, palmite, pascuis, trapetis.
    Gegrüßet seist du, Narbonne, an Wohltaten reich, als Stadt und Land gleich angenehm zu betrachten: ob Mauern, Bürger, Wälle, Läden,
    Tore, Hallen, Forum, Theater,
    Tempel, Rathaus, Münze,
    Thermen, Bögen, Speicher, Märkte,
    Wiesen, Brunnen, Inseln, Salinen,
    Teiche, Fluß, Messe, Brücke, Meer; einzige Stadt, die rechtens verehrt die Götter Lenaeus, Ceres, Pales, Minerva, mit Ähren, Rebschößen, Weiden, Ölpressen.
    Nun ein Abschnitt aus der Beschreibung des Inhalts der Schubladen in der Küche von Leopold Bloom, im vorletzten Kapitel des Ulysses:
    What did the first drawer unlocked contain?
    A Vere Foster’s handwriting copybook, property of Milly (Millicent) Bloom, certain pages of which bore diagram drawings, marked Papli, which showed a large globular head with 5 hairs erect, 2 eyes in profile, the trunk full front with 3 large buttons, 1 triangular foot: 2 fading photographs of queen Alexandria of England and of Maud Branscombe, actress and professional beauty: a Yuletide card, bearing on it a pictorial

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