Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
und schenkte sich nach. «Woher wisst Ihr, dass sie dort sind?»
«Michel war da. Er hat es von den Mönchen erfahren.»
«Ah ja», sagte Joscelyn. «Michel.» Mit mörderischem Funkeln im Blick trat er auf den Knappen seines Onkels zu. «Michel, der Geschichten erzählt. Der zum Bischof rennt, anstatt zu seinem neuen Herrn zu kommen.»
Ängstlich wich Michel zurück, doch der Bischof stellte sich schützend vor ihn. «Michel dient jetzt mir», sagte er, «und wer Hand an ihn legt, greift die Kirche an.»
«Wenn ich ihn also töte, wie er es verdient hätte, bringt Ihr mich auf den Scheiterhaufen, ja?» Verächtlich spuckte Joscelyn in Michels Richtung. «Was wollt Ihr von mir?»
«Ich will, dass die Ketzer festgenommen werden», erwiderte der Bischof. Dieser neue, gewalttätige Graf machte ihn nervös, aber er zwang sich, ihm die Stirn zu bieten. «Ich verlange im Namen Gottes und im Dienst Seiner heiligen Kirche, dass Ihr Männer aussendet, um die Begine, die einst unter dem Namen Geneviève bekannt war, und den Engländer, der sich Thomas nennt, zu finden und hierherzuschaffen. Ich will, dass sie brennen.»
«Aber nicht bevor ich mit ihnen gesprochen habe», meldete sich eine unbekannte Stimme zu Wort. Es war eine schneidende, kalte Stimme, und alle Männer im Saal, einschließlich des Bischofs und des neuen Grafen, blickten zur Tür, in der ein Fremder aufgetaucht war. Joscelyn hatte Hufgetrappel wahrgenommen, als er in den Turm hinaufgestiegen war, sich jedoch nichts dabei gedacht, da in der Burg den ganzen Morgen über reges Kommen und Gehen geherrscht hatte. Nun jedoch begriff er, dass Fremde in Berat angekommen sein mussten, und ein halbes Dutzend von ihnen stand jetzt im Eingang des großen Saals. Der Mann, der gesprochen hatte, war offenbar ihr Anführer. Er war noch größer als Joscelyn, aber hager, mit einem harten, fahlen Gesicht, das von schwarzem Haar umrahmt war, und vollständig in Schwarz gekleidet: schwarze Stiefel, schwarze Hosen, schwarzes Wams und schwarzer Mantel, dazu ein schwarzer, breitkrempiger Hut und eine mit schwarzem Tuch verkleidete Schwertscheide. Sogar seine Sporen waren aus schwarzem Metall, und Joscelyn, der ebenso fromm war wie ein Inquisitor barmherzig, verspürte unvermittelt den Drang, sich zu bekreuzigen. Da nahm der Fremde den Hut ab, und Joscelyn erkannte ihn. Es war der geheimnisvolle Ritter, der auf den Turnierfeldern Europas so reich geworden war, der einzige Gegner, den Joscelyn nie besiegt hatte. «Ihr seid der Harlekin», sagte er anklagend.
«Ich trete bisweilen unter diesem Namen auf», bestätigte der Fremde, woraufhin der Bischof und die übrigen Geistlichen sich bekreuzigten, denn der Name bedeutete, dass er ein Liebling des Teufels war. «Doch in Wirklichkeit heiße ich Guy Vexille.»
Der Name sagte Joscelyn nichts, doch die Kirchenmänner bekreuzigten sich ein zweites Mal, und der Bischof erhob seinen Stab, als wolle er sich verteidigen.
«Und was zum Teufel tut Ihr hier?», fragte Joscelyn herrisch.
«Ich bin gekommen», sagte Vexille, «um Licht in diese Welt zu bringen.»
Ein kalter Schauer überlief Joscelyn. Er wusste nicht, warum, er spürte nur eine instinktive Furcht vor diesem Mann, der sich Harlekin nannte und Licht in die Finsternis bringen wollte.
Die Knocheneinrenkerin verkündete gleich, sie könne nicht viel tun, und das, was sie tat, fügte Geneviève höllische Schmerzen zu, doch nachdem die Prozedur beendet war, wusch Bruder Clément der Gepeinigten sanft das Blut von Schulter und Brust, träufelte Honig auf die Wunde und verband sie erneut mit Sackleinen. Immerhin verspürte Geneviève plötzlich großen Hunger, was ein gutes Zeichen war. Sie aß alles, was Thomas ihr brachte, obwohl es weiß Gott wenig genug war, denn er selbst hatte bei seiner Plünderung alles Essbare aus Astarac mitgenommen, und die Vorräte des Klosters waren nahezu aufgebraucht, weil die Mönche sie an die Dorfleute weitergegeben hatten. Doch es gab noch ein wenig Käse, Birnen, Brot und Honig, und Bruder Clément kochte wieder einen großen Topf Suppe für alle. Die Aussätzigen zogen mit ihren Klappern in den Wald, um die Pilze dafür zu suchen. Zweimal am Tag gingen einige von ihnen zur Rückseite des Klosters und erklommen eine Treppe, die in einen kahlen steinernen Raum führte. Durch ein kleines Fenster konnte man von dort den Altar der Kirche sehen. Hier durften die Aussätzigen beten, und am zweiten und dritten Tag nach seinem Gespräch mit Abbé
Weitere Kostenlose Bücher