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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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feindlichen Soldaten mehr am Leben. Sie selbst hatten gefordert, dass es keine Gefangenen geben sollte, und die Garnison hatte dem entsprochen. Der Angriff war vorüber.
    Doch die Gefahr war noch nicht vorbei. Im Tordurchgang lagen immer noch zwei Tote. D’Evecque wusste, dass die Armbrustschützen unten in der Stadt das Tor einsehen konnten, und so schlich er, hinter seinen Schild geduckt, in den Torbogen und zerrte einen der beiden Leichname in den Hof. Von Joscelyn war zu seinem Bedauern keine Spur zu sehen. D’Evecque hätte den Grafen zu gern ein zweites Mal gefangen genommen und das Lösegeld verdoppelt und ein weiteres Mal verdoppelt und dann noch einmal. Verfluchter Mistkerl, dachte d’Evecque. Ein Armbrustbolzen bohrte sich mit solcher Wucht in seinen Schild, dass die obere Kante gegen seinen Helm schlug. Er duckte sich tiefer, packte den zweiten Toten am Knöchel und zog. Plötzlich bewegte sich der Mann und versuchte sich zu wehren. D’Evecque hieb ihm die Spitze seines Schildes in die Weichteile, und der Mann stöhnte auf und rührte sich nicht mehr.
    Es war Robbie. Als d’Evecque sich vor den Armbrustschützen in Sicherheit gebracht hatte, musterte er ihn genauer und sah, dass der junge Schotte nicht verletzt war, sondern nur betäubt, vermutlich von einem Pfeil, der den unteren Rand seines Helms getroffen und eine tiefe Delle in das dicke Metall geschlagen hatte. Der Aufprall musste so heftig gewesen sein, dass Robbie das Bewusstsein verloren hatte. Einen Zoll tiefer, und er wäre ein toter Schotte gewesen. So jedoch war er nur ein sehr verwirrter Schotte, der verzweifelt nach seiner Waffe tastete, als er begriff, wo er war.
    «Wo ist mein Geld?», knurrte d’Evecque und hielt Robbie drohend sein Schwert an die Kehle.
    «Gütiger Jesus», stöhnte Robbie.
    «Der kann dir jetzt auch nicht helfen. Wenn du Gnade willst, junger Mann, musst du dich an mich halten. Und an die da!» D’Evecque deutete auf die Bogenschützen und Soldaten, die den Toten Waffen, Rüstung und Kleider abnahmen. Der schielende Jake grinste, weil einer der Toten einen Rubinring am Finger getragen hatte. Er hatte ihm den Finger abgehackt und hielt nun triumphierend den Ring hoch. Sam, seit wenigen Augenblicken stolzer Besitzer eines erstklassigen deutschen Kettenpanzers, kam herüber, warf einen Blick auf Robbie und spuckte verächtlich aus.
    Tränen der Demütigung in den Augen, starrte Robbie auf die Toten, die in blutigen Hemden auf dem Pflaster lagen. Vierzig Angreifer hatten den Platz vor der Burg überquert, und mehr als die Hälfte von ihnen war tot. Er sah zu d’Evecque auf. «Ich bin Euer Gefangener», sagte er, obwohl er sich fragte, wie er es anstellen sollte, nicht nur Lord Outhwaite in England Lösegeld zu zahlen, sondern auch noch d’Evecque.
    «Das bist du nicht, du niederträchtiger Hund», entgegnete d’Evecque. «Ich habe euren Ruf gehört. Keine Gefangenen. Und wie du dich vielleicht erinnerst, haben wir das letzte Mal, als wir Gefangene genommen haben, statt Lösegeld nur ein Stück Pergament bekommen. Ist es das, was man in Schottland unter Ehre versteht?»
    Robbie blickte in das wütende einäugige Gesicht über ihm und zuckte die Achseln. «Tötet mich einfach», sagte er resigniert. «Tötet mich und fahrt zur Hölle.»
    «Das würde deinem Freund nicht gefallen», erwiderte d’Evecque. Robbie sah ihn verständnislos an. «Deinem Freund Thomas. Dieser gottverdammte Narr mag dich, weiß der Himmel, warum. Also lasse ich dich am Leben. Steh auf.» Er versetzte Robbie einen Fußtritt. «Und jetzt geh zu Joscelyn und sag diesem nichtsnutzigen Bastard, er soll uns auszahlen, was du uns schuldest, und dann verschwinden wir. Hast du verstanden? Er gibt uns das Geld, und dafür lassen wir ihn in Ruhe.»
    Robbie hätte gerne das Schwert zurückbekommen, das seinem Onkel gehörte und in dessen Griff eine kostbare Reliquie des heiligen Andreas eingearbeitet war, doch er wusste, dass d’Evecque ihm diesen Gefallen nicht tun würde, und so wankte er, noch immer benommen, zum Tor. D’Evecque rief den Armbrustschützen in der Stadt zu, dass der Mann, der jetzt herauskam, einer von ihnen sei. «Vielleicht erschießen sie dich trotzdem», sagte er zu Robbie und stieß ihn hinaus in die Dämmerung.
    Niemand schoss auf Robbie, als er sich mit pochendem Schädel und schmerzender Leiste die Straße hinunterschleppte. Die Überlebenden des Angriffs hatten sich um die noch immer rauchende Kanone versammelt; einigen von

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