Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
und Genevièves Bogen, dann gingen die beiden zu dem Hof, wo Guillaume d’Evecque und seine Männer versteckt waren. Er kletterte auf den Heuwagen, um über die Mauer hinwegsehen zu können. «Dauert nicht mehr lange», rief er seinen Bogenschützen zu, die hinter der Hecke des Obstgartens verborgen waren, die Bogen geschnürt und bereits den ersten Pfeil auf der Sehne.
Er begab sich zu ihnen und wartete. Und wartete. Die Zeit zog sich, kroch dahin, schien stehenzubleiben. Thomas wartete so lange, dass er sich fragte, ob der Feind überhaupt noch kommen würde oder ob die Reiter gar seinen Hinterhalt durchschaut hatten und den Fluss in einem weiten Bogen überquerten, um ihn ihrerseits aus einem Hinterhalt zu überfallen. Überdies sorgte er sich, dass die Stadt Masseube, die nicht sehr weit entfernt war, Soldaten losschickte, um nachzusehen, weshalb die Dorfleute das Signalfeuer entzündet hatten.
D’Evecque war genauso unruhig wie er. «Wo zum Henker bleiben die?», fragte er, als Thomas in den Hof zurückkehrte, um noch einmal vom Heuwagen Ausschau zu halten.
«Weiß der Himmel.» Thomas spähte zum Wald hinüber, sah jedoch nichts Ungewöhnliches. Die Blätter begannen sich zu verfärben, und zwischen den Stämmen wühlten zwei Schweine herum.
Guillaume d’Evecque trug ein langes Kettenhemd, das bis zum Fußknöchel reichte, dazu einen verschrammten, verbeulten Brustpanzer, mit Seil zusammengehalten, eine Unterarmröhre, die er um seinen rechten Arm schnallte, und eine einfache Beckenhaube. Die Beckenhaube hatte hinten einen breiten, nach außen geschwungenen Rand, um gegen Schwertschläge von oben zu schützen, aber es war ein billiges Blechding und längst nicht so solide wie ein guter Helm. Thomas’ Männer waren ähnlich ausgestattet, mit lauter Einzelstücken, die sie auf vielen Schlachtfeldern zusammengeklaubt hatten. Keiner besaß einen richtigen Plattenpanzer, und ihre Kettenhemden waren alle ausgebessert, einige mit gehärtetem Leder. Einige trugen Schilde. D’Evecques Schild bestand aus Weidenholz, das mit Leder bezogen war, und er war schon so alt, dass man das Wappen darauf – drei gelbe Falken auf blauem Grund – kaum noch erkennen konnte. Er holte einen halben Laib dunkles Brot unter seiner Brustplatte hervor, brach ein Stück ab und fluchte laut, nachdem er den ersten Bissen genommen hatte. Er spuckte ein Stückchen Granit aus, das wohl beim Mahlen des Korns abgesplittert war, und betastete unter weiteren Flüchen seinen abgebrochenen Zahn. Thomas blickte auf und sah, dass die Sonne schon tief am Himmel stand. «Wir werden im Dunkeln zurückreiten müssen», grummelte er.
«Immer geradeaus über die Hügel», sagte d’Evecque mit schmerzverzerrtem Gesicht. «Verflucht, ich hasse Zähne.»
«Nelken», riet einer der Soldaten. «Schiebt Euch Nelken in den Mund. Hilft gegen die Schmerzen.»
Die beiden Schweine reckten plötzlich den Kopf, standen einen Moment reglos da und trotteten dann in linkischer Hast davon. Etwas hatte sie aufgeschreckt, und Thomas hob warnend die Hand, um seine Gefährten zum Schweigen zu bringen. In dem Augenblick blitzte zwischen den Bäumen jenseits des Flusses etwas Metallisches auf. «Wir bekommen Gesellschaft», verkündete er, sprang vom Heuwagen und lief hinüber zu den Bogenschützen. «Aufwachen», rief er seinen Männern zu. «Die kleinen Lämmer kommen zur Schlachtbank.»
Er ging hinter der Hecke in Stellung, und Geneviève postierte sich neben ihm, einen Pfeil auf der Sehne. Thomas bezweifelte, dass sie irgendjemanden treffen würde, aber er lächelte ihr zu. «Versteck dich, bis sie bei dem Feldstein ankommen», wies er sie an und spähte über die Hecke.
Und da kamen sie, die feindlichen Reiter. Sobald sie den Wald verließen, sah Thomas, dass sein Vetter nicht darunter war, denn das Banner, das nun im Wind spielte, zeigte nicht den Greif der Vexilles, sondern den Leoparden von Berat. «Bleibt in Deckung!», warnte Thomas seine Männer, während er versuchte, die Feinde zu zählen. Zwanzig? Fünfundzwanzig? Jedenfalls nicht viele, und nur die ersten zehn trugen Lanzen. Die Schilde der Reiter, die ebenfalls den orangefarbenen Leoparden auf weißem Grund zeigten, bestätigten, dass es die Männer des Grafen von Berat waren. Nur ein Mann, auf einem mächtigen schwarzen Hengst mit schwerer Rüstung, trug einen gelben Schild mit einer roten, gepanzerten Faust, ein Wappen, das Thomas nicht kannte. Der Reiter war mit einem vollständigen Plattenharnisch
Weitere Kostenlose Bücher