Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
gestanden hatte.
Er musste erneut niesen, dann wurde ihm schwindlig, und er ließ sich auf einen umgestürzten Steinblock sinken.
«Kommt ans Feuer, Herr», sagte der Knappe. Er hieß Michel und war der Sohn eines Pächters aus dem nördlichen Teil der Grafschaft, ein tumber, phantasieloser Siebzehnjähriger, der keinerlei Neigung gezeigt hatte, mit Joscelyn dem Triumph entgegenzureiten.
«Feuer?» Aus tränenden Augen blickte der Graf zu dem jungen hoch.
«Da drüben, Herr», sagte Michel und deutete zum anderen Ende der Gruft, wo jemand aus Stücken der zersplitterten Sargdeckel ein kleines Feuer gemacht hatte.
«Aha.» Der Graf hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Wieder nieste er und rang nach Luft.
«Es ist kalt, Herr», sagte der Knappe, «und am Feuer fühlt Ihr Euch gewiss wohler.»
«Feuer», wiederholte der Graf verwirrt. Dann lichtete sich der Nebel in seinem Kopf für einen Moment. «Natürlich! Ein Feuer! Gut gemacht, Michel. Geh und hol mir eine Fackel.»
Michel trat ans Feuer und fischte vorsichtig ein langes Stück Ulmenholz, das nur an der Spitze brannte, aus den Flammen. Er brachte es zu der Mauer, wo der Graf wie im Fieber die Leibeigenen beiseitestieß. An der Oberkante der Mauer befand sich eine kleine Lücke, gerade groß genug für einen Spatzen. Der Graf hatte bereits versucht hindurchzuspähen, doch abgesehen davon, dass sich hinter der Mauer offenbar ein Hohlraum befand, hatte er nichts erkennen können. Ungeduldig drehte der Graf sich zu Michel um. «Gib schon her!» Er schnappte sich das brennende Scheit und schwenkte es hin und her, um die Flammen zu verstärken. Als das Holz kräftig loderte, schob er es durch den Spalt, bis es auf der anderen Seite zu Boden fiel, dann bückte er sich und spähte durch die Lücke.
In der abgestandenen Luft des Hohlraums wurden die Flammen schnell schwächer, aber sie gaben noch genug Licht, um zu enthüllen, was sich hinter der Mauer befand. Der Graf schnappte hörbar nach Luft. «Michel!», sagte er. «Michel! Da ist …» In dem Moment verlosch das Licht.
Und der Graf sank ohnmächtig zu Boden.
Bleich und mit offenem Mund glitt er von der aufgehäuften Erde, und einen Augenblick dachte Michel, sein Herr sei gestorben. Doch dann stieß der Graf einen Seufzer aus, ohne jedoch aus seiner Bewusstlosigkeit aufzuwachen. Die Leibeigenen starrten erschrocken den Knappen an, der seinerseits den Grafen anstarrte. Schließlich raffte Michel sein bisschen Verstand zusammen und befahl den Männern, den Grafen aus der Gruft zu tragen. Sobald er oben war, holten sie einen Handkarren aus dem Dorf und zogen den Grafen darin zum Kloster St. Sévère. Der Weg dorthin dauerte fast eine Stunde, und der Graf stöhnte mehrmals und schien zu zittern, doch er lebte noch, als die Mönche ihn in den Krankentrakt trugen. Sie legten ihn in einen kleinen weiß gekalkten Raum, in dessen Kamin ein kräftiges Feuer brannte.
Bruder Ramón, Spanier und der Arzt des Klosters, begab sich zum Abt, um Bericht zu erstatten. «Der Graf hat Fieber», sagte er, «und einen Überschuss an Galle im Körper.»
«Wird er sterben?», fragte Abbé Planchard.
«Nur wenn es Gottes Wille ist», erwiderte Bruder Ramón. Das sagte er stets, wenn ihm diese Frage gestellt wurde. «Wir werden ihn schröpfen und dann versuchen, das Fieber durch Schwitzen zu vertreiben.»
«Und du wirst für ihn beten», erinnerte der Abbé Bruder Ramón. Dann begab er sich zu Michel, der ihm mitteilte, dass die Soldaten des Grafen fortgeritten waren, um die Engländer anzugreifen. «Reite ihnen nach», wies Planchard den Knappen an, «und sag ihnen, dass ihr Herr krank ist. Sieur Joscelyn soll eine Nachricht nach Berat schicken.»
«Ja, Herr.» Michel zog eine sorgenvolle Miene ob dieser schweren Verantwortung.
«Was hat der Graf gemacht, als er ohnmächtig wurde?», fragte Planchard, und so erfuhr er von der seltsamen Mauer unterhalb der Burgkapelle.
«Vielleicht sollte ich dorthin zurückkehren», sagte Michel nervös, «und nachsehen, was hinter der Mauer ist?»
«Das überlässt du besser mir, Michel», sagte Planchard streng. «Du hast deinem Herrn und seinem Neffen zu dienen. Jetzt geh und sieh zu, dass du Sieur Joscelyn findest.»
Michel ritt los, Joscelyn entgegen, und Planchard machte sich auf die Suche nach den Leibeigenen, die den Grafen ins Kloster gebracht hatten. Sie warteten am Tor, in der Hoffnung auf eine Belohnung, und fielen auf die Knie, als Planchard zu ihnen kam. Der Abbé
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