Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
Umber für euch getan hat. Seine Medikamente haben euren Kindern das Leben gerettet. Seine Erfindungen haben euer Leben verbessert. Schaut nur die Wunder an, die er dieser Stadt geschenkt hat! Denkt an die Musik, die er uns gebracht hat und die eure Seelen berührt. Denkt an die Schiffe, die er entworfen hat und die wie Delfine durch die Wellen pflügen und uns allen Wohlstand bringen! Und jetzt will Loden, dass all das aufhört â und warum? Aus schnöder Eifersucht. Das darf nicht sein! Umber hat an den Wert und die Kraft eines jeden von euch geglaubt â nicht nur von Adligen, sondern auch von einfachen Bürgern wie euch und mir. Und jetzt müssen wir Umber zu Hilfe kommen. Auf zum Palast â wenn alle Bürger nach Umbers Freiheit verlangen, dann hat der König keine Wahl!«
Köpfe nickten. Der Geräuschpegel stieg. Einige, die gesessen hatten, standen auf. Andere, die standen, setzten sich in Bewegung. Und wieder andere, die schon gingen, fingen an zu laufen. Die Händler beeilten sich, ihre Waren zu verstauen und ihre Zelte zu schlieÃen, damit sie sich der Menge anschlieÃen konnten.
Sandar sprang von den Fässern herunter und rieb sich die Hände. »Los, hinterher!«
Kurz vor dem Ende des Marktplatzes blieben sie stehen. Die MarktstraÃe mündete an dieser Stelle in einen offenen Platz, auf dessen gegenüberliegender Seite der Palast aufragte. »Ich habe Angst um die Leute«, sagte Sophie. Hap nickte. Eine gewaltige Menge sammelte sich vor den Mauern und wurde von Minute zu Minute dichter. Die Menschen strömten vom Markt, aus den Schiffswerften und den StraÃen in der Umgebung zusammen. Der Rand des Burggrabens war bereits von Menschen übersät und die Brücke vor den mächtigen Eichentüren, die wie eine Auster zugeklappt waren, hatte sich ebenfalls gefüllt. Auf der Festungsmauer, die den Burggraben überragte, erschienen Wachsoldaten, die die Menge beobachteten und miteinander tuschelten. Sie hatten Bögen über den Schultern, aber die Pfeile befanden sich noch in den Köchern. Aus der Menge erhoben sich Rufe: »Befreit Lord Umber!« und »Lasst ihn frei!«. Ein Offizier mit finsterer Miene lehnte sich über die Mauer und befahl der Menge, sich zu zerstreuen, wenn sie nicht den Ãrger des Königs auf sich ziehen wolle. Aber niemand bewegte sich und der Geräuschpegel stieg nur noch weiter an.
Hap lief ein Schauer über den Rücken, aber nicht weil ihn die Szene vor ihm beunruhigte. Eine dumpfe Hitze stieg in seinen Augen auf. Er schloss die Lider und wusste, dass er, wenn er sie wieder öffnete, die Lichtfäden sehen würde, und zwar zum ersten Mal seit vielen Tagen. Diesmal darf ich sie nicht verlieren , befahl er sich selbst. Ich muss sie unter Kontrolle bekommen . Er machte die Augen auf.
Die Filamente waren da, leuchtender als je zuvor: Tausende schimmernder Lichtfäden. Jeder Mensch in der Menge hatte seinen eigenen, der ihn auf Schritt und Tritt begleitete und anzeigte, woher er kam und wohin er gehen würde. Vorsehung , dachte Hap, jeder Faden zeigt das Schicksal eines Menschen an .
Nahe seiner linken Hand, in dem belebten Teil der MarktstraÃe, hing ein ganzes Bündel von Lichtfäden. Hap hob seine Hände und bewegte sich darauf zu.
Er bekam undeutlich mit, dass Sandar ihm hinterherrief: »Hap â was ist los mit dir? Was machst du?«, und dass Sophie antwortete: »Kapitän, lassen Sie ihn â er muss sich konzentrieren!«
Ja, konzentrieren , befahl sich Hap. Sie verstehen . Er berührte die Lichtfäden wie die Saiten einer Harfe und lauschte ihrem eigenartigen Gesang, der am lautesten war, wenn das Licht durch seine Handflächen hindurchging. Einige der Fäden waren verfärbt. Hap wurde mulmig zu Mute. Er suchte nach dem dunkelsten Filament und bemühte sich, dessen Bedeutung zu verstehen. Er sprach die Worte unwillkürlich aus: »Vor uns liegen Leiden und Tod.«
Hap bemerkte, dass Sophie nur einen Schritt hinter ihm stand und ihm etwas zuflüsterte. Sie war ihm leise auf die StraÃe gefolgt. »Was ist, Hap? Was wird geschehen?«
Hap kniff die Augen fast ganz zu und starrte auf die Lichtfäden. »Ich bin mir nicht sicher. Diese Leute ⦠sind in Gefahr. Nicht nur vom Palast her. Da ist noch etwas.« Er untersuchte das vorbeischwebende Fädenbündel genauer. Selbst die allerhellsten Fäden
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