Die Bücher von Umber: Drachenspiele
befürchten«, richtete Umber das Wort an ihn.
Der Todeskeiler drückte eine Hand an seine Brust, dort, wo bei einem Menschen das Herz gesessen hätte. Umber öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch im selben Moment ertönte aus Richtung des Wasserfalls ein erschreckter, überraschter Schrei, der nach einem plötzlichen dumpfen Schlag unvermittelt abriss. Kurz darauf erhoben sich die Stimmen mehrerer Männer. Umber und Hap drehten sich um, doch der dichte Wald und der Nebel dahinter machte es ihnen unmöglich zu sehen, was passiert war. Hinter sich hörte Hap schwere Schritte im Matsch. Der Todeskeiler stürmte flussabwärts davon, ohne sich weiter darum zu kümmern, wie viel Lärm er machte.
Umber wurde blass. Er warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf die fliehende Kreatur und rannte dann zum Wasserfall. »Komm!«
Sie schlängelten sich zwischen den Bäumen hindurch, sprangen über Wurzeln und herabgefallene Ãste und stürmten auf die Lichtung. Neben dem Wasserfall lag jemand mit unnatürlich abgespreizten Beinen auf der Erde, daneben ein Bogen und überall Pfeile. Zwei Mitglieder der Jagdgesellschaft knieten bereits neben dem Verletzten und weitere kamen aus ihren Verstecken, die sie rund um den Wasserfall eingenommen hatten.
Zwischen den Männern erspähte Hap den Zipfel eines kurzen silbernen Umhangs, den der Verletzte trug. »Es ist Prinz Argent«, sagte er und hatte plötzlich das Gefühl, als wäre ihm etwas Warmes und Dickes in der Kehle stecken geblieben. Argent lag rücklings im nur wenige Zentimeter tiefen Wasser am Flussufer, das sich langsam rot färbte.
Umber lief zum Prinzen. »Was ist passiert?«, rief er.
Grumman war bei ihm, seine Wangen tränennass. »Er ⦠er ist gestürzt! Ich hörte ihn schreien und dann sah ich, wie er durch den Nebel fiel!«
»Vorsichtig!«, rief Umber einem der anderen Männer zu, der versuchte, die Glieder des Prinzen in eine bequemere Position zu schieben. »Bewegt ihn so wenig wie möglich!«
Die anderen Männer scharten sich um den gestürzten Prinzen und rangen die Hände. Da fehlt doch irgendwer, dachte Hap. Und dann hörte er Lodens Rufe.
»Argent! Bruder! Geht es dir gut? Antworte mir! Sag, dass du nicht verletzt bist!« Die geisterhafte Gestalt des Prinzen war kaum zu erkennen, während er die Felsplatte herabeilte und dabei waghalsig über die Steine schlitterte. Dann sprang Loden vom Felsen herab und rannte zu der Gruppe. Als er Argent auf dem felsigen Boden liegen sah, unterdrückte er einen Schrei und griff sich in die Haare. » Nein! Das darf nicht sein!«
Umber drückte unterhalb von Argents Kiefer zwei Finger auf seinen Hals. »Er lebt«, sagte er leise.
»Was?«, rief Loden. Er fiel auf die Knie und schob Grumman zur Seite. Dann ergriff er die Hand seines Bruders und küsste sie. »Er lebt? Den Sternen sei Dank!«
Argents Augen waren geschlossen, doch seine Lippen bebten und versuchten, Worte zu formen. Loden beugte sich herab und legte seinen Mund an Argents Ohr. »Versuch nicht zu sprechen, Bruder! Spare deine Kraft. Ich bin bei dir.« Loden blickte zu den anderen hoch. »Er war hinter mir â wir hatten schon fast den Platz erreicht, den wir suchten. Die Steine waren feucht von der Gischt, und ich wollte ihm gerade sagen, dass er aufpassen soll ⦠da hörte ich ihn schreien. Oh, und es war auch noch meine Idee, da hinaufzusteigen! Das werde ich mir nie verzeihen!«
Loden senkte den Kopf, seine Schultern zuckten. Die Männer, die den verletzten Argent umringten, machten Gesichter, als wären ihre Körper von Pfeilen durchbohrt worden. In Umbers Augen glänzten Tränen, doch sein Blick ruhte auf Loden und hatte einen Ausdruck, den Hap nicht recht deuten konnte.
Die Augen des älteren Prinzen öffneten sich halb. Sie wanderten nach links, dann nach rechts und weiteten sich, als sie Umber erspähten. Die Finger seiner freien Hand krümmten und streckten sich in einer schwachen, aber unmissverständlichen Geste: Komm her . Seine Lippen bewegten sich stumm, aber der Name, den sie formten, war leicht abzulesen. Umber trat näher und fiel auf die Knie.
»Ich bin hier, mein Prinz. Was kann ich für Euch tun?«
Loden beugte sich über seinen gestürzten Bruder und legte die Hand auf Umbers Brust, um ihn abzuwehren. »Jetzt nicht, Umber! Und ihr
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