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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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menschliche Existenz es wert seid.
    Hier ist sie. Eine von vielen.
    Die Bücherdiebin.
    Wenn ihr Lust habt, begleitet mich. Ich werde euch eine Geschichte erzählen. Ich will euch etwas zeigen.
    TEIL 1
    DAS HANDBUCH DES TOTENGRÄBERS
    Es wirken mit: die Himmelstraße - Saumenschen - eine Frau mit Eisenfäusten - ein gescheiterter Kuss - Jesse Owens -
    Sandpapier - der Geruch von Freundschaft - ein Schwergewichts-Champion - und die Mutter aller Watschen
    ankunft in der himmelstrasse
    Das letzte Mal.
    Dieser rote Himmel...
    Wie konnte die Bücherdiebin so enden, auf den Knien, heulend und flankiert von lächerlich wirkenden, klebrigen, zusammengebackenen Schutthaufen - alles das Werk von Menschen?
    Es begann Jahre zuvor, mit Schnee.
    Die Zeit war gekommen. Für einen.
    EIN BESONDERS TRAGISCHER MOMENT
    Ein Zug fuhr schnell. Er war vollgepackt mit Menschen. Im dritten Wagen starb ein sechsjähriger Junge.
    Die Bücherdiebin und ihr Bruder fuhren nach München, wo sie Pflegeeltern übergeben werden sollten. Aber wir wissen ja bereits, dass der Junge dort niemals ankam.
    WIE ES GESCHAH
    Ein heftiger Hustenanfall. Ein letzter Atemzug, der Endspurt. Und dann - nichts mehr.
    Als der Husten aufhörte, blieb nichts mehr außer dem Nichts des Lebens, das weiterschleift, kurz und still aufzuckt. Eine Plötzlichkeit fand ihren Weg auf seine Lippen - Lippen von einem korrodierten Braun, die sich abschälten wie alte Farbe. Die dringend einen neuen Anstrich benötigten.
    Ihre Mutter schlief.
    Ich betrat den Zug.
    Meine Füße bahnten sich durch den überfüllten Gang, und dann lag meine Hand auf seinem Mund.
    Niemand bemerkte etwas.
    Der Zug raste weiter.
    Bis auf das Mädchen.
    Mit einem wachen und einem noch träumenden Auge sah die Bücherdiebin, auch bekannt unter ihrem Namen Liesel Meminger, dass Werner, ihr kleiner Bruder, zur Seite gerutscht war. Er war tot, daran gab es keinen Zweifel.
    Seine blauen Augen starrten zu Boden.
    Und sahen nichts.
    Bevor sie aufwachte, hatte die Bücherdiebin vom Führer geträumt, von Adolf Hitler. In ihrem Traum nahm sie an einer Versammlung teil, auf der er eine Rede hielt. Sie betrachtete den knochenfarbenen Scheitel in seinem Haar und das vollkommene Viereck seines Schnurrbarts. Bereitwillig lauschte sie dem Strom aus Worten, die aus seinem Mund quollen. Seine Sätze glühten im Licht. In einem ruhigeren Augenblick beugte er sich doch tatsächlich nieder und lächelte sie an. Sie erwiderte das Lächeln und sagte: »Guten Tag, Herr Führer. Wie geht's dir heut?« Sie konnte nicht besonders gut sprechen, geschweige denn lesen, weil sie kaum je die Schule besucht hatte. Den Grund dafür würde sie zur rechten Zeit erfahren.
    Gerade als der Führer antworten wollte, wachte sie auf.
    Es war Januar 1939. Sie war neun Jahre alt.
    Ihr Bruder war tot.
    Ein Auge offen.
    Eines noch träumend.
    Ich glaube, es ist besser, wenn ein Traum vollendet wird, aber darüber habe ich nun wirklich keine Macht.
    Das zweite Auge schrak auf, erwachte und erwischte mich, gerade als ich niederkniete, seine Seele heraustrennte, in meine geschwollenen Arme nahm, wo sie schlaff lag. Schon bald wurde sie wärmer, aber als ich die Seele des Jungen aufnahm, war sie noch ganz weich und kalt, wie Eiskrem. Sie schmolz in meinen Armen. Dann wurde sie warm. Heilte.
    Für Liesel Meminger blieben nur die eingekerkerte Steifheit der Glieder und der b eständige Angriff der Gedanken.
    Es stimmt nicht. Es stimmt nicht. Es stimmt nicht.
    Und das Zittern.
    Warum zittern sie immer?
    Ja, ich weiß, ich weiß - ich nehme an, es hat etwas mit Instinkt zu tun. Den Fluss der Wahrheit aufzuhalten. Ihr Herz war in diesem Augenblick schlüpfrig und heiß, und laut, so laut so laut.
    Dummerweise blieb ich. Ich schaute zu.
    Als Nächstes ihre Mutter.
    Die Bücherdiebin weckte sie mit demselben verstörten Zittern.
    Vielleicht könnt ihr es euch vorstellen, vielleicht auch nicht. Denkt euch eine schwerfällige Stille. Denkt euch Fetzen und Splitter aus fließender Verzweiflung. Und stellt euch vor, wie man in einem Zug ertrinkt.
    Es schneite unentwegt, und der Zug nach München musste wegen eingeschneiter Gleise auf der Strecke anhalten. Eine Frau heulte. Neben ihr stand ein Mädchen, wie betäubt.
    In Panik öffnete die Mutter die Tür.
    Sie kletterte hinaus in den Schnee, den kleinen Körper in den Armen.
    Dem Mädchen blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
    Wie ihr bereits wisst, stiegen auch zwei Wachmänner aus. Sie diskutierten und

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