Die Buecherfluesterin
den Typen ja nicht gleich zu heiraten.«
Ich betrachte das Buch in meiner Hand. The Ghost and Mrs. Muir. Es handelt von einer Frau, die sich in einen Geist verliebt und ihr ganzes Leben auf ihn wartet. Ich schiebe das Buch ins Regal. » Für diese Art von Vergnügung bin ich noch nicht bereit.«
» Du hast dir diese Art von Vergnügung aber verdient. Kein Stress, kein Ärger.«
Ich stelle ein Exemplar von Verliebt in die Vergangenheit weg. » Das war eher das Hobby von meinem Ex. Affärchen ohne Stress und Ärger. Er hat dabei nur vergessen, dass zu Hause seine Frau auf ihn wartete. Wie nachlässig von ihm.«
» Erstens bist du nicht dein Ex, und zweitens seid ihr nicht mehr verheiratet. Eine unverbindliche Bettgeschichte kann lustig sein. Ich bin Spezialist darin und könnte dir ein paar Stunden Unterricht geben.«
Ich strecke abwehrend die Hand aus. » Schon in Ordnung, wirklich.«
» Du triffst dich mit einem toll aussehenden Typen, der auf dich steht und mit dem du Spaß haben könntest. Warum nicht nachgeben? Die Vorsicht in den Wind schlagen? Anschließend kehrst du einfach zurück nach L. A. « Er macht eine wegwerfende Handbewegung.
Ich weise auf einen anderen Bücherstapel. » Ich räume die da jetzt weg. Die Bücher, die wir nicht brauchen, spende ich wohltätigen Zwecken. Und jetzt Schluss mit dem Gerede über Bettgeschichten mit fremden Männern.«
Tony schnalzt mit der Zunge. » Er ist nicht fremd. Wovor fürchtest du dich? Du wirst dich nicht gleich in einer Rauchwolke auflösen.«
» Woher willst du das wissen? Manchmal fühle ich mich wie ein Schatten.«
» Wenn du erst einmal mit Connor geschlafen hast, wirst du dich wieder wie eine Frau fühlen. Vollständig.«
» Ich werde erst dann vollständig sein, wenn die Scheidung endlich durch ist. Hoffentlich versucht Robert nicht weiter, mir die Wohnung wegzunehmen.«
Tony tätschelt mir die Schulter. » Vergiss den Typen. Wollen wir mal kurz rausgehen?«
» Und wer passt währenddessen auf den Laden auf?« Wieder drohen sich Kopfschmerzen in meinem Schädel breitzumachen.
» Ich hänge ein Bin-gleich-zurück -Schild an die Tür. Wir kriegen schon keinen Ärger. Ich lade dich im Fairport Café auf ein Zimtbrötchen ein.«
» Ich könnte eine Dosis Zucker gebrauchen.«
Wenige Minuten später stehen wir draußen im Wind. Die kalte Luft und der Nieselregen fühlen sich erfrischend an auf der Haut.
Im Faiport Café wimmelt es von Einheimischen– Studenten tippen auf ihren Notebook-Tastaturen herum, einige Frauen haben Kinder im Kinderwagen dabei. Der süße Duft nach frisch gebackenem Brot und Croissants lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
» Ich wusste gar nicht, dass so viele Leute auf der Insel wohnen«, sage ich. » Sie machen einen glücklichen Eindruck.« Sie wirken so unbeschwert, als könnte der leiseste Windhauch sie davontragen.
» Muss der Zauber der Insel sein«, erwidert Tony. » Einige Leute schreiben den Strömungen, die rings um die Insel herum zusammentreffen, magische Kräfte zu. Andere führen es auf die Witterung zurück.«
» Ein bisschen Glücksmagie wäre nicht schlecht.«
Wir bestellen Cappuccinos und zwei große Zimtbrötchen aus der Vitrine und setzen uns an einen Ecktisch am Fenster.
Ich rühre in meinem Cappuccino herum. Eine Frau, die mit ihrem Tablett vorbeieilt, rempelt mich an.
» Ich wünschte, meine Tante würde modernisieren«, sage ich. » Ich habe das Gefühl, dass sie sonst den Buchladen verlieren könnte. Ich habe ein paar neue Bestseller bestellt und die Bücher abgestaubt. Doch ganz gleich, wie viel Mühe ich mir gebe, ich kann in einem Monat nicht alle Antworten finden…«
» Ich wünschte auch, dass mir jemand alle Antworten gibt.« Während Tony seinen Cappuccino schlürft, bleibt ein zarter weißer Schnurrbart auf seiner Oberlippe zurück. » Zum Beispiel auf die Frage, warum ich noch immer keinen Verleger habe.«
» Du bist Schriftsteller? Als ich dein T-Shirt sah, habe ich mir gleich so etwas gedacht.«
Seufzend blickt er in seine schaumgefüllte Tasse. » Mit genau vierzehn Romanen bin ich hausieren gegangen, und bis jetzt ist kein einziger veröffentlicht worden. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.« Er schaut aus dem Fenster und mustert wehmütig die wie schimmernde gelbe und blaue Planen vorbeigleitenden glänzenden Regenmäntel, als handle es sich um unerreichbare Trugbilder.
» Du bist beharrlich. Das ist sehr gut. Wie ich gehört habe, muss man in der Verlagsbranche
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