Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
dich aus mit Golf und du weißt, was einen Mann aus dem Spiel bringen kann.«
    »Es muss eine ziemlich ernste Angelegenheit gewesen sein, die Sessle derart aus dem Spiel brachte. Er hat ein Handicap von zwei, und vom siebten Abschlag an hat er gespielt wie ein Kleinkind, sagen die Leute.«
    »Welche Leute?«
    »Barnard und Lecky. Die waren direkt hinter ihm, wenn du dich erinnerst.«
    »Das war, nachdem er die Frau getroffen hatte – die große Frau in Braun. Die beiden haben gesehen, wie er mit ihr gesprochen hat, richtig?«
    »Ja… zumindest…«
    Tommy hielt inne. Verwundert schaute Tuppence zu ihm auf. Er starrte auf den Bindfaden in seiner Hand, allerdings mit den Augen eines Mannes, der etwas vollkommen anderes sieht.
    »Tommy, was ist los?«
    »Still, Tuppence. Ich spiele das sechste Loch in Sunningdale. Vor mir auf dem sechsten Grün lochen Sessle und der alte Hollaby ein. Es wird schon dunkel, aber die hellblaue Jacke von Sessle ist immer noch gut zu erkennen. Auf dem Fußweg links von mir geht eine Frau. Sie kommt nicht vom Damen-Platz, der liegt zur Rechten, ich hätte sie sehen müssen, wenn sie von dort gekommen wäre. Überhaupt ist es komisch, dass ich sie nicht eher bemerkt habe, vom fünften Abschlag aus zum Beispiel.«
    Er hielt inne.
    »Du hast gerade gesagt, dass ich den Platz kenne, Tuppence. Kurz hinter dem sechsten Abschlag steht eine kleine Hütte, eine Art Unterstand aus Torf. Es ist ein Leichtes, sich darin zu verstecken und den richtigen Augenblick abzuwarten. Dort könnte man sich auch umziehen. Ich meine – sag du es, Tuppence, weil hier nämlich wieder dein besonderes Fachwissen gefragt ist –, wäre es sehr schwer für einen Mann, auszusehen wie eine Frau und sich dann wieder in einen Mann zurückzuverwandeln? Könnte er zum Beispiel einen Rock über einer Kniebundhose tragen?«
    »Natürlich könnte er das. Die Frau würde recht kräftig aussehen, mehr aber auch nicht. Ein längerer brauner Rock, zum Beispiel, ein brauner Pullover, wie ihn Männer und Frauen tragen können, und die Pelzmütze einer Frau mit ein paar Locken an der Seite. Mehr bräuchte es gar nicht – ich spreche hier natürlich nur von dem Eindruck aus der Ferne, denn darauf willst du ja wohl hinaus. Dann zieht man sich den Rock wieder aus, streift die Pelzmütze mit den Locken ab, setzt sich eine Kappe auf, wie sie Männer tragen, die man die ganze Zeit über zusammengerollt in der Hand halten konnte, und voilà: Man ist wieder ein Mann.«
    »Und wie viel Zeit würde die Verwandlung in Anspruch nehmen?«
    »Von der Frau zum Mann höchstens eineinhalb Minuten, wahrscheinlich deutlich weniger. In die andere Richtung dauert es etwas länger, man muss den Hut mit den Locken ein wenig zurechtrücken, und den Rock über die Kniebundhose zu ziehen, ist bestimmt auch nicht so einfach.«
    »Das macht mir weniger Kummer. Die erste Zeit ist entscheidend. Wie gesagt, ich spiele das sechste Loch. Die Frau in Braun hat inzwischen den siebten Abschlag erreicht. Sie passiert ihn und bleibt stehen. Sessle in seiner blauen Jacke geht auf sie zu. Einen Moment lang stehen sie beisammen, dann folgen sie dem Fußweg um die Bäume herum und außer Sicht. Hollaby ist allein auf dem Abschlag. Zwei bis drei Minuten vergehen. Ich bin inzwischen auf dem Grün. Der Mann in der blauen Jacke kehrt zurück und schlägt ab, grauenhaft schlecht. Es wird immer dunkler. Mein Partner und ich spielen weiter. Vor uns diese beiden, Sessle trifft den Ball nicht richtig, schlägt über ihn hinweg und tut alles, was er nicht tun soll. Dann sehe ich, wie er am achten Grün davongeht und durch eine Lücke in der Hecke verschwindet. Was ist passiert, dass er plötzlich spielt wie jemand anders?«
    »Die Frau in Braun – oder der Mann, wenn du glaubst, dass es ein Mann war.«
    »Ganz genau, und wo die beiden gestanden haben – denk dran, die Männer hinter ihnen konnten sie nicht sehen –, wachsen dichte Stechginsterbüsche. Dort könnte man eine Leiche verstecken und ziemlich sicher sein, dass sie bis zum Morgen nicht gefunden wird.«
    »Tommy! Du meinst, es ist schon in dem Moment passiert! Aber jemand hätte doch hören müssen…«
    »Was hören müssen? Die Ärzte waren sich einig, dass der Tod unmittelbar eingetreten ist. Im Krieg habe ich gesehen, wie Männer von einem Moment auf den anderen tot waren. Die schreien nicht auf – höchstens ein Röcheln oder ein Stöhnen, manchmal nur ein Seufzer oder ein leises Husten. Sessle nähert sich dem

Weitere Kostenlose Bücher