Die Büchse der Pandora
Kochrezept. Es ist ein Kniff, sonst nichts.«
»Versuchen wir’s noch einmal.«
»Es gibt nicht viele Dinge, die zum Spielen dienen«, bemerkte Tuppence nachdenklich. »Bälle, Golfschläger – oder vielleicht eine Puppe?«
»Es darf wahrscheinlich nur eine Silbe haben. Und man muss ihm das Ende wegnehmen können. Wie wär’s mit Wurst?«
»Man spielt doch nicht mit einer Wurst!«
»Das stimmt. Bridgekarten vielleicht? Aber was haben die im tiefen Dunkel zu suchen?«
»Warte mal! Gibt es ein Wort, das mit Karte anfängt und das man in der Nacht suchen muss? Kamin – Katze – Küster – «
»Lass sein, Tuppence, das ist alles Quatsch!«
Sie wurden von dem jungen Hausmädchen unterbrochen, das anklopfte, um ihnen mitzuteilen, dass das Abendessen bereit sei.
»Mrs Lumley möchte bloß wissen, ob Sie die Kartoffeln geröstet, gekocht oder im Schlaf rock wünschen? Sie brauchen es nur zu sagen!«
»Im Schlafrock«, antwortete Tuppence prompt. »Ich liebe Kartoffeln – «, sie blieb mit offenem Mund mitten im Satz stecken.
»Was gibt’s, Tuppence? Hast du ein Gespenst gesehen?«
»Tommy«, schrie sie aufgeregt. »Ich hab’s! Das Wort, das Wort, das wir suchen! Kartoffel! ›Mein Erstes dient zum Spielen dir, doch nimmst du ihm das Ende hier‹: Karte, und ohne das Ende heißt es Kart. ›Mein Zweites ist von fünf das viert’‹ – klar: a, e, i, o, u; der vierte Vokal ist o. Und wenn du nur die Hälfte vom Apfel nimmst, bleibt fei! Und das Ganze liegt in der Erde, im tiefen Dunkel!«
»Du hast Recht! Du bist wirklich ein sehr helles Mädchen. Aber ich fürchte, wir haben viel Zeit für nichts und wieder nichts vergeudet. Kartoffeln lassen sich beim besten Willen nicht mit einem verschwundenen Schatz vergleichen! Aber halt, einen Augenblick! Was war das, was du mir vorgelesen hast, als wir die Papiere durchstöberten? War es nicht ein Rezept für Kartoffeln? Ob das etwas damit zu tun hat?«
Er blätterte eilig den Stoß Rezepte durch.
»Da ist es: ›Wie man Kartoffeln konserviert: Man lege die neuen Kartoffeln in Blechbüchsen und vergrabe sie im Garten. Selbst mitten im Winter wird ihr Geschmack dann dem der jungen Knollen gleichen‹.«
»Wir haben es, Tommy, das ist es!« Tuppence schrie fast vor Aufregung. »Der Schatz ist im Garten in einer Blechbüchse verborgen!«
»Aber ich habe doch den Gärtner gefragt; er sagte, er hätte nie etwas vergraben.«
»Ja, ich weiß. Aber das kommt nur daher, weil die Leute meistens eine Frage ganz anders auffassen, als sie gemeint ist. Sie antworten nicht auf das, was du sagst, sondern nur auf das, was sie meinen, dass du meinst. Er wusste, dass er nie etwas Außergewöhnliches in die Erde getan hatte. Morgen wollen wir ihn fragen, wo er die Kartoffeln vergraben hat.«
Am nächsten Tag war Heiliger Abend. Nach einigem Suchen fanden sie das Häuschen des Gärtners. Tuppence brachte, nachdem ein paar Worte über das Wetter gewechselt worden waren, das Gespräch auf das gewünschte Thema.
»Ich wollte, es gäbe neue Kartoffeln zu Weihnachten!«, bemerkte sie seufzend. »Wie herrlich würden sie zum Truthahn schmecken! Ist es hier üblich, sie im Sommer in Blechbüchsen einzugraben? Angeblich bleiben sie auf diese Weise frisch.«
»Ja, ja, das tun die Leute hier«, erklärte der alte Mann. »Die alte Miss Dean, oben im ›Roten Haus‹, die hat alle Jahre drei Büchsen voll einbuddeln lassen, und meistens hat sie dann vergessen, sie wieder auszugraben.«
»Im Beet beim Haus, nicht wahr?«
»Nein, oben an der Mauer, neben der Tanne.«
Sie hatten nun alle Auskünfte, die sie brauchten, und so nahmen sie bald Abschied vom alten Gärtner. Als kleine Weihnachtsgabe drückte Tommy ihm fünf Shilling in die Hand.
»Und jetzt schnell zu Miss Dean«, sagte Tommy.
»Tommy, du hast keinen Sinn für dramatische Auftritte! Überlass das mir. Ich habe einen herrlichen Plan. Glaubst du, du könntest dir einen Spaten ausleihen oder sogar stehlen, wenn es nicht anders geht?«
Tommy gelang es, einen Spaten zu beschaffen, und ein aufmerksamer Spaziergänger hätte in dieser Nacht beobachten können, wie sich zwei Schatten in den Garten des »Roten Hauses« schlichen. Der Platz, den der Gärtner bezeichnet hatte, war leicht zu finden, und Tommy machte sich ans Werk. Bald stieß sein Spaten auf Metall, und wenige Sekunden später hatte er eine große Keksdose ausgegraben. Sie war rundherum mit Leukoplast verklebt und fest verschlossen, aber mithilfe von Tommys Messer
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