Die Büro-Alltags-Bibel
Haltung wird immer unbewusst wahrgenommen und wirkt entsprechend aufdringlich. Das lockere Parlieren dient dazu, sich unverbindlich auszutauschen, sich besser kennenzulernen, Gemeinsamkeiten zu betonen und so eine gute Atmosphäre sowie Vertrauen zu schaffen. Es ähnelt in seinem Wesen daher eher guter Bildung: Smalltalk versprüht Charme und Charisma, Witz und Esprit, ist aber völlig zweckfrei.
Weil das leider einige vergessen, führen zwischenmenschliche Begegnungen bei latent Schüchternen und um Worte verlegenen Menschen regelmäßig zu einer verkrampften Alertheit, deren Folgen ebenso schaurig schlicht und flüchtig sind wie weiße Weihnachten im Rheinland: »Schönes Wetter heute!«, »Sind Sie öfters hier?«, »Und sonst?« Der Pionier der Sozialphobieforschung, Philip Zimbardo, nannte die Angst, auf Fremde zuzugehen, das »Gefängnis im Kopf«. Das hat zwei Effekte.
Erstens: Solche Menschen können sich kaum auf ihr Gegenüber konzentrieren, weil sie vor allem mit dem Reflektieren und Korrigieren ihrer Aussagen und Gesten beschäftigt sind. Sie imaginieren bereits die (düstere) Zukunft und formen daraus diverse Worst-Case-Szenarien:
Wenn ich die jetzt anspreche, hält sie mich für einen Aufreißer! Wenn ich ihm das sage, mag er mich nicht mehr … Ich hab davon zwar keine Ahnung, aber wenn ich was sage, merkt es auch der Chef …
Zweitens: Weil aus ihrer Sicht die Blamage wahrscheinlicher ist als die Anerkennung, handeln sie erst gar nicht beziehungsweisekriegen den Mund nicht auf, was von den anderen wiederum fälschlicherweise als Arroganz oder Desinteresse gewertet werden kann. So entsteht eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale.
Sollten Sie davon betroffen sein, ist das Folgende sicher nicht bequem, aber wahr. Für das Heer der Gehemmten gibt es nur einen Ausweg: Hören Sie auf zu grübeln! Es mag ein starkes Indiz für einen empathischen Menschen sein, man kann es aber auch übertreiben. Es allen recht machen zu wollen, führt in die geistige Sklaverei. Also genießen Sie den Augenblick, Ihre Freiheit – und die Chance, Ihren Horizont zu erweitern. Sehen Sie es positiv: Sich nicht in der Vordergrund zu drängeln, ist eine Tugend, die viele schätzen. Genauso wie zuhören zu können. Wenn Sie also Sorge haben, anfangs das Falsche zu sagen oder nicht smalltalken zu können, stellen Sie eben Fragen und gehen auf die Antworten Ihres Gegenübers ein – er wird Sie dafür mehr schätzen als jeden Draufgänger und Sprücheklopfer. Die Masche, Fragen zu stellen, eignet sich sowieso immer zum Anwärmen und Auflockern (ganz besonders, wenn einem nichts Besseres einfällt) – vorausgesetzt, es sind die richtigen:
Was machen Sie beruflich?
Der Klassiker unter allen Smalltalk-Intros, denn er eröffnet eine Reihe von Anschlussfragen, etwa zum Unternehmen, der Branche oder der Position, in der Ihr Gegenüber arbeitet. Die Frage ist gut, allerdings auch ziemlich abgedroschen. Durch Originalität fällt man damit nicht auf.
Wodurch lassen Sie sich inspirieren?
Zweifellos der originellere Opener. Denn er bringt den anderen dazu, über sich selbst zu reflektieren – und das inspiriert Sie beide. Die Frage eignet sich daher nicht nur als Gesprächseinstieg, sondern auch als Diskussionsauftakt in einer bereits etablierten Gruppe.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Diese Frage zielt ebenfalls auf Inspirationsquellen, kann aber auch durch Hobbys oder private Interessen erweitert werden. In jedem Fall gewinnen Sie so eine Menge Informationen über Ihr Gegenüber sowie weiteren Gesprächsstoff.
Was haben Sie davor gemacht?
Diese Frage können Sie stellen, nachdem sich der andere ausgiebig vorgestellt hat. Allerdingssollte sie nie so klingen, als würden Sie sich nicht für seinen aktuellen Job interessieren. Sonst ist Ihr Gegenüber beleidigt. Ein bisschen über den Werdegang des anderen herauszufinden, verrät Ihnen viel über seine Profession und seine potenziellen Erwartungen an Sie.
Und was machen Sie hier?
Obacht: Die Frage lässt sich so und so betonen. In der einen Variante klingt sie nach Verhör. Gemeint ist aber die zweite: Sie interessieren sich, wie es Ihr Gegenüber auf diese Veranstaltung, zu diesem Vortrag oder zu der Party verschlagen hat und in welchem Verhältnis er oder sie zum Veranstalter steht. Spätestens damit haben Sie die erste Gemeinsamkeit, denn auch Sie kennen den Veranstalter ja irgendwoher.
Wie fanden Sie den Vortrag?
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es eine solche
Weitere Kostenlose Bücher