Die Büro-Alltags-Bibel
anruft und sich wegen der exzessiven Enthemmung im Hintergrund anschließend beschwert. In diesem Fall kann der Chef die Entgleisung mit einer Abmahnung quittieren. Mehr noch: Wenn Sie am nächsten Tag im Büro erscheinen, müssen Sie wieder nüchtern sein. Denn Restalkohol, auch von einer privaten Party, ist im Büro genauso problematisch wie im Straßenverkehr. Auch das ist abmahnfähig. Und im Wiederholungsfall darf der Chef deswegen kündigen. Der Vorgesetzte ist sogar berechtigt, alkoholisierte Mitarbeiter umgehend wieder nach Hause zu schicken. Natürlich ohne denen den Heimarbeitstag bezahlen zu müssen.
Für den Sonderfall, dass Sie hingegen beobachten, wie der Chef selbst unter zunehmendem Alkoholeinfluss auf den Tisch klettert, sich das Hemd aufreißt und mit seinem legendären Hüftschwung kokettiert, sollten Sie sich schleunigst aus der Affäre ziehen. Erstens, weil das peinlich und Ihrem Respekt für die Führungskraft nicht zuträglich ist. Zweitens, weil Manager dazu neigen, die Scham und das schlechte Gewissen, das sie am nächsten Morgen verspüren, jenen anzulasten, die sie einst bejubelt und angefeuert haben. Selbst wer mit unerschütterlichem Wohlwollen an eine solche Party herangeht, muss zugeben, dass mit Alkohol wirklich nicht zu spaßen ist.
Die meisten Betriebsfeiern entwickeln sowieso ihre ganz eigene Dynamik. Denn ob man will oder nicht, etwas Schaulaufen ist immer dabei: Auf jeder Party muss man damit rechnen, beobachtet zu werden, überall lauern Fettnäpfchen und Fallstricke, und immerschwebt über einem das Damoklesschwert: Benimmt er sich? Oder benimmt er sich daneben? Machen Sie sich keine Illusionen: Alle Ihre Gesten oder Gespräche werden in einem solchen Umfeld aufmerksam registriert und erinnert. Wirklich alle! Erst kürzlich hat mir ein Bekannter eine, sagen wir, kurzweilige Anekdote aus einer Beratungsfirma erzählt: Ein paar junge Consultants sind nach einer launigen Weihnachtsfeier in einer Bar. Mit steigendem Alkoholpegel treffen sie einen folgenschweren Entschluss – sie pilgern noch in einen Stripclub. Gut, der offizielle Teil war vorbei, die Party galt jetzt als privat, kann man also machen. Beim Verlassen des Etablissements entdeckt jedoch einer zufällig einen Partner der Beratung. Es ist ihm ein bisschen peinlich, weshalb er ihn auch nicht anspricht. Doch schon wenige Tage nach dem Vorfall hält es der Juniorberater nicht mehr aus: Er erzählt die Geschichte weiter, schmückt sie ein bisschen aus, alle lachen und er mutiert zum Held. Riesenfehler. Wochen später sitzt dasselbe Team wieder beisammen, diesmal ist auch eben jener Partner dabei. Sie feiern, es fließt wieder reichlich Alkohol. Dann poltert ein ziemlich angeschickerter Kollege los: »Hey, erzähl uns doch noch mal die Geschichte, wie du XY im Stripclub erwischt hast …« Sie können sich vorstellen, wie unangenehm die Situation wurde. Für beide.
Seine Klappe zu halten, kann manchmal Karrieren retten. Überhaupt: Sodbrennen, Hämorrhoiden, Zwischenblutungen, fremdgehende Ehepartner, gemeine Gören, geile Kollegen – man kann auf Partys über viele Themen plaudern, über diese aber bitte niemals. Das ist distanzlos und geschmacklos sowieso. Geschwätzigkeit ist keine Einbahnstraße. Früher oder später wird man damit wieder konfrontiert. In der Regel im ungünstigsten Moment. Dasselbe gilt für Partylöwen, Büroclowns und Kollegen mit ausgeprägter ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung): Selbst wenn die Pointen mal zu Lasten der Männer, mal zu Lasten der Frauen und manchmal unter die Gürtellinie gehen, kann das böse Folgen haben. Nach Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – soll die ungerechtfertigte Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Betrieb verhindert werden. »Ein diskriminierender Witz kann also sowohlfür Mitarbeiter wie für den Chef zu arbeitsrechtlichen Problemen führen«, sagt der Frankfurter Anwalt Peter Groll. Noch schlimmer ist das Lästern über den eigenen Chef, Motto: »Was ich schon immer mal über den Alten sagen wollte …« Nicht nur im Suff ist das tödlich. Bei einer schweren Beleidigung eines Vorgesetzten ist es noch nicht einmal erforderlich, dass diese während der Arbeitszeit ausgesprochen wurde, um dem Arbeitnehmer zu kündigen. Durch eine grobe Beleidigung wird
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