Die Büro-Alltags-Bibel
und Löschen von völlig unnützer Post. Eine Milliarden-Verschwendung!
Michael Nippa, Professor für Unternehmensführung und Personalwesen an der TU Freiberg, hat 2008 eine umfassende E-Mail -Studie für Deutschland erstellt, die leider nicht repräsentativ ist, weil er die sogenannte Schneeballtechnik anwendete. Dabei wurden zwischen dem 16. April und dem 4. Juni 2008 ausgewählte Probanden angeschrieben und ihrerseits gebeten, die Umfrage an ihre Freunde weiterzuleiten. Insgesamt haben so 327 E-Mail -Nutzer teilgenommen – mit bemerkenswerten Antworten:
28,7 geschäftliche E-Mails erhielten die Befragten im Schnitt pro Tag, Führungskräfte sogar noch mehr: 31,3 Prozent von ihnen bekommen täglich bis zu 37,7 Geschäftsmails.
63 Prozent dieser Mails stammten von internen Absendern, nur 37 Prozent von außerhalb des Unternehmens. In Konzernen ist das Verhältnis noch dramatischer: 69 Prozent interne, 31 Prozent externe E-Post .
29 Prozent der Mails stuften die Befragten als völlig unwichtig ein, 32 Prozent als immerhin noch »bedingt wichtig«, 39 Prozent als »sehr wichtig«. Aber nur 20 Prozent waren wirklich dringend.
Dennoch wendeten die Befragten für deren Bearbeitung jeden Tag im Schnitt eineinhalb Stunden auf, Führungskräfte kamen sogar auf eine Stunde und 45 Minuten. Weshalb 28 Prozent von ihnen ihre E-Mails einfach an ihre Mitarbeiter delegierten (so kann man das auch machen) und 36 Prozent beantworteten unwichtige Mails gar nicht mehr.
Verstehen Sie mich nicht falsch: E-Mails sind praktisch und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Binnen kurzer Zeit lässt sich damit das gesamte Team über den aktuellen Projektstand informieren, Termine werden schnell mal abgestimmt, Fragen geklärt, Notizen archiviert, Dokumente verschickt. Eine ebenso einfache wie effiziente Blitzkommunikation. Doch genau darin liegen auch die Tücken. Wer eine Mail verschickt, hat hernach das gute Gefühl, eine Sache erledigt zu haben. Abgehakt und ab geht die Post. Denkste! Denn wenn alle mal eben was verschicken, entsteht daraus einSchneeballeffekt, der sich zur veritablen E-Mail -Lawine auswachsen kann. Unlängst ist mir das in der Redaktion passiert: Es ging um eine gemeinsame Aktion. Ein Beteiligter schickte eine Mail an alle mit der Frage: Wer sieht das genauso? Der Effekt: Der Reihe nach gaben die anderen ihre Stimme ab – indem sie jedes Mal auf »Allen antworten« klickten. Aus einer Mail wurden 20. Ein ständiges Gebimmel und Gepiepe im Posteingang. Forscher haben einmal ausgerechnet, dass mit jeder versendeten E-Mail eine Konversation um den Faktor 2,3 wächst. Die digitale Version von Pandoras Büchse.
Ich kann jeden verstehen, der sich durch diesen E-Mail -Terror regelrecht belästigt fühlt und in seiner Arbeit ununterbrochen unterbrochen. Das ist schädlich für Produktivität und Leistungskraft. Wissenschaftler der Universität in Kalifornien kamen schon 2004 zu dem Ergebnis, dass ein Büromensch sich gerade einmal elf Minuten einer Aufgabe widmen kann, bevor er abgelenkt wird. Ein einziges intellektuelles Stop-and-go. Nach der unfreiwilligen Pause dauert es im Schnitt 25 Minuten, bis man den Faden wieder aufgenommen hat. Der Geistesblitz von vorhin ist da natürlich längst vergessen. Und die wirklich wichtigen Mails gehen in diesem Chaos auch verloren.
Was aber lässt sich dagegen tun? Einfach abschalten ist keine Lösung. Ich könnte das nicht, Sie vermutlich auch nicht. Erstens, weil der Chef etwas dagegen hätte, wenn Sie seine elektronischen Anweisungen plötzlich ignorierten; zweitens, weil schon eine kurze Auszeit böse bestraft wird. Wenn ich etwa zwei Wochen in den Urlaub fahre, erwarten mich hinterher rund 2000 E-Mails , die bis dahin aufgelaufen sind – trotz Abwesenheits-Assistent. Allein die abzuarbeiten, verbraucht mindestens einen halben Tag.
Gut, im Urlaub lässt sich das kaum vermeiden, es sei denn, Sie bleiben dauerhaft online. Aber im Alltag helfen ein paar Kniffe, wie Sie die E-Mail -Flut eindämmen und unnötige Unterbrechungen verringern können:
Wechseln Sie – falls möglich – ab und an Ihre E-Mail -Adresse, und sei es nur die private (die viele Menschen inzwischen aufs Büro oder ihren BlackBerry weiterleiten). Der Computersicherheitsexperte Richard Clayton hat mehr als 550 Millionen E-Mails ausgewertet, die an Konsumenten über die größten britischenInternet-Service-Provider zwischen Februar und März 2008 versendet wurden, und dabei festgestellt: Mail-Adressen, die mit A,
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