Die Burg Der Abenteuer
die Türme zu steigen oder überhaupt nach oben zu gehen, um etwa von dort aus Signale zu geben.
Und das sage ich euch, wenn ihr nicht gehorcht, wird es euch sehr schlecht ergehen. Wir werden euch in ein Verließ sperren, wo Ratten, Mäuse und Spinnen sind.«
Dina stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Wie furchtbar, an so etwas auch nur zu denken!
»Seid also brave und gehorsame Mädchen, dann wird euch nichts geschehen«, fuhr der Mann mit dem Bart fort.
»Bleibt immer hier in der Nähe, wo wir euch sehen können, und kommt, wenn wir euch rufen! Zu essen habt ihr ja genug. Und Wasser könnt ihr euch aus der Küche holen.«
Die Mädchen schwiegen, und die Männer verschwanden wieder in der Burg.
»Wie mag es dem armen Philipp ergehen?« meinte Lucy nach einer Weile. »Er wird ja da unten verhungern.
Wenn wir ihn doch nur retten könnten!«
»Ach, er wird schon nicht verhungern«, sagte Dina. »Auf dem Tisch steht ja genug zu essen. Er braucht nur einmal von seinem Sockel herunterzusteigen und sich etwas zu holen. Wenn wir doch nur eine Nachricht an Tassie sen-den könnten, damit sie uns Hilfe schickt! Aber wie sollen wir das anfangen?«
»Kiki würde wohl kaum mit einem Briefchen am Bein zu ihr fliegen, wie die Tauben das im Kriege tun«, meinte Lucy. »Ach nein, er würde Jack niemals verlassen. Er ist furchtbar klug und verständig. Aber wir können wohl nicht verlangen, daß er den Boten für uns spielt.«
Dennoch tauchte ein Bote auf, ein ganz unerwarteter, aber ein sehr willkommener!
Lucy hat eine Idee
Den ganzen Tag über trieben sich die Mädchen in dem Hof herum und hielten sich immer in der Nähe der Felsen, so daß sie mit dem armen Jack sprechen konnten, der sich in seinem Busch langweilte. Immer wieder fragten sie sich, wie es wohl Philipp in dem verborgenen Zimmer ergehen mochte. Hoffentlich war er nicht entdeckt worden!
»Es ist schade, daß die Männer sich in einer fremden Sprache unterhalten, die wir nicht verstehen«, sagte Dina.
»Sonst könnte Philipp eine Menge von ihren Geheimnis-sen erfahren, da er ja so dicht neben ihnen steht.«
»Ja, das könnte er«, sagte Lucy. »Aber ich wünschte, er wäre nicht dort unten. Ich würde jedenfalls schreckliche Angst haben, wenn ich in einer Rüstung steckte, die bei jeder Bewegung klirren oder quietschen kann.«
»Ach, Philipp hat bestimmt keine Angst«, sagte Dina.
»Er fürchtet sich niemals. Und wahrscheinlich macht ihm das Ganze Spaß.«
Aber das konnte Lucy nicht glauben, und sie fand es albern von Dina, so etwas zu sagen. Nun ja, Dina liebte ihren Bruder eben nicht so, wie Lucy Jack liebte. Es war schlimm genug, daß Jack sich in diesem gräßlichen Ginsterbusch verbergen mußte. Aber es wäre viel schlimmer gewesen, wenn er sich unten in dem verborgenen Zimmer befunden hätte, wo er jeden Augenblick entdeckt werden konnte.
»Kopf hoch, Lucy!« rief Jack aus dem Busch, als er ihr verdüstertes Gesichtchen bemerkte. »Denk mal, was für ein Abenteuer dies ist!«
»Ich mag Abenteuer nur, wenn sie vorüber sind«, sagte Lucy, »aber nicht, wenn ich mitten drin bin.
Auf jeden Fall habe ich mir dieses Abenteuer nicht ge-wünscht. Wir sind alle zusammen hineingeraten, ohne es zu wollen.«
»Ach, das macht nichts! Es wird schon alles gut ausgehen«, tröstete sie Jack.
Aber die arme Lucy glaubte nicht daran. Es war ja son-nenklar, daß sie nicht aus der Burg fliehen konnten. Und es war ebenso klar, daß niemand sie retten würde.
Sie aßen ihr Nachmittagbrot auf dem Felsen. Die Mädchen reichten Jack ebenfalls etwas zu essen. Der Junge war schon ganz steif und verkrampft und sehnte sich danach, aus dem Versteck herauszukommen und seine Glieder zu strecken. Aber er wagte es nicht, den Busch zu verlassen, bevor es dunkel war.
Die Sonne sank allmählich tiefer. Kiki, der sich langweilte, wurde sehr geschwätzig. Die Kinder ließen ihn reden. Solange die Männer nicht in Sicht waren, bestand keine Gefahr, daß er sie verriet. Aber die Mädchen paßten gut auf, ob sich auf dem Hof etwas rührte.
»Armer, alter Kiki!« ertönte es aus dem Busch. »Wie schade, wie schade! Setz den Kessel auf! Gott segne den König! Nun, nun! Aufgepaßt! Sitzt gerade und rekelt euch nicht! Wie oft habe ich euch gesagt, ihr sollt das Wiesel wecken!«
Die Kinder begannen zu kichern. Es war zu komisch, wenn Kiki so drauflos redete! Er rasselte dann alle Wörter und Sätze herunter, die er auswendig wußte, und brachte sie dabei gräßlich
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