Die Burg Der Abenteuer
Ginsterbusch zurück. Als es dunkel genug war, schlenderte er zu der Quelle in der Nähe der Mauer, um etwas zu trinken. In die Küche traute er sich nicht, aus Angst, jemand in den Weg zu laufen.
Vielleicht hätte man auch das Quietschen der Pumpe ge-hört.
Der Knabe beugte sich zu der Quelle hinunter, hielt aber plötzlich erstaunt inne und lauschte. Aus dem kleinen Tunnel, in den das Wasser hineinfloß, kam ein ganz merkwürdiges Geräusch.
»Uuuuf, uuuuf, uuuuf!« stöhnte es erbärmlich. Dazu er-tönte ein seltsames Scharren und Kratzen. Irgend etwas kam durch den Tunnel herauf. Jack wich erschreckt zu-rück. Was konnte das sein?
Tassie ist sehr tapfer
Da vernahm Jack das unverkennbare Bellen von Schnäuzchen. War es der Fuchs, der diese merkwürdigen Töne hervorbrachte? Er beugte sich neugierig hinunter und leuchtete mit seiner Taschenlampe in den engen Tunnel. Doch sogleich fuhr er ganz entsetzt wieder zurück. Ein weißes Gesicht starrte gespenstisch zu ihm empor!
Aber das war ja Tassie! Sie rührte sich nicht. Erst als sie das Licht sah, begann sie sich heftig zu winden.
»Tassie! Was machst du hier?« rief Jack ganz erstaunt.
Tassie antwortete nicht. Sie zwängte sich weiter durch den Tunnel, bis Kopf und Schultern draußen waren. Und dann zog Jack sie völlig heraus. Hinter ihr kam ein ganz unglückliches Schnäuzchen zum Vorschein, denn Tassie hielt ihn an einer Leine fest.
Heftig keuchend sank das Mädchen auf den Boden und ließ den Kopf auf die angezogenen Knie sinken. Sie schien vollkommen unfähig zu sein, auch nur ein Wort hervorzubringen. Jack beleuchtete sie mit seiner Lampe.
Sie war gänzlich durchweicht und unbeschreiblich schmutzig. Gesicht, Arme und Beine waren mit Schlamm bedeckt.
Als Jack sah, daß Tassie vor Kälte und Angst zitterte, nahm er sie bei der Hand und führte sie auf die Felsen.
Dort suchte er einen geschützten Platz und holte ein paar Decken. Er befahl ihr, das durchnäßte Kleid auszuziehen und sich von Kopf bis Fuß in eine Decke zu wickeln.
Dann setzte er sich dicht neben sie, um sie zu wärmen.
Kiki flog auf ihre Schulter und schmiegte sich an ihre kalte Wange. Allmählich ging Tassies Atem wieder gleichmäßiger. Sie blickte Jack an, und ein schwaches Lächeln ver-breitete sich über ihre Züge. »Wo ist Philipp?« flüsterte sie.
»Bei den Mädels«, sagte Jack, der ihr nicht gleich alles erzählen wollte. »Komm doch erst einmal zu dir! Du bist ja ganz außer Atem!«
Er legte den Arm um sie und spürte, wie ihr Herz hämmerte. Arme Tassie! Wovon war sie nur so erschöpft?
Aber sowie Tassie ein wenig warm wurde, erholte sie sich wieder. Sie preßte sich dicht an den Jungen. »Ich bin so hungrig!«
Jack fütterte sie mit Keksen und Lachs aus der Büchse.
Dazu trank sie den Rest des Pfirsichsaftes. Kiki sah zu und machte das schluckende Geräusch nach.
»Nun ist mir wieder besser«, sagte sie. »Was ist passiert, Jack?«
»Ich denke, du erzählst mir erst etwas«, meinte der Junge. »Du mußt aber leise sprechen. Es sind Feinde in der Nähe.«
Feinde? Tassie machte große Augen und sah sich erschrocken um. »Ist es der böse, alte Mann?« flüsterte sie.
»Aber nein!« sagte Jack. »Tassie, hat Schnäuzchen dir unsern Zettel gebracht?«
»Ja. Hör mal zu, Jack! Gestern entwischte ich meiner Mutter und kam hier herauf, um euch zu besuchen. Aber das Brett war fort. Wo ist es geblieben?«
»Das möchte ich auch gern wissen«, sagte Jack grimmig. »Und was hast du dann gemacht, Tassie?«
»Ich ging wieder nach Hause. Und ich hatte große Angst, daß euch etwas passiert sein könnte. Da kam heute morgen Schnäuzchen zu mir, und ich entdeckte sein Halsband und den Brief daran.«
»Na und?«
»Ich konnte ihn ja nicht lesen«, sagte Tassie traurig.
»Und wen sollte ich denn fragen? Meine Mutter war böse mit mir, Frau Mannering war nicht da, und zu dem Bauern wollte ich nicht gehen. Da dachte ich, ich wollte eine Leine für Schnäuzchen machen. Und wenn er dann wieder zur Burg läuft, um nach Philipp zu suchen, wollte ich mit ihm mitgehen und seinen Weg finden.«
»Das war eine gute Idee!« sagte Jack anerkennend.
Tassie freute sich über das Lob. »Ich fand eine alte Hundeleine«, fuhr sie etwas munterer fort, »und band sie Schnäuzchen um den Hals. Und dann folgte ich ihm den ganzen Tag lang überallhin. Er war furchtbar böse auf mich und versuchte immer wieder, die Leine zu zerbei-
ßen. Und beinahe hätte er mich auch gebissen.«
Jack
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