Die Burg der flammenden Herzen
aufgegeben, dass Frauen sich so verhalten, wie ich es erwarte. Sie werden dich immer wieder überraschen. Lady Manners könnte eine ausgezeichnete Gemahlin werden.” Er zauderte und warf Sebastian einen verstohlenen Blick zu, als wolle er die Vertrauenswürdigkeit seines Neffen abschätzen, und fügte dann hinzu: “Ich hatte jahrelang mit Lord Manners zu tun. Er war so unstet wie ein Wetterhahn, der sich nur nach dem vorherrschenden Wind dreht, und neigte zu Zornesausbrüchen. So ein Mann kann durchaus eine hübsche, lebhafte Gemahlin in die Arme eines anderen Mannes treiben, sofern dieser andere Mann sie mit zärtlichen Worten zu umgarnen versteht.”
“Ihr entschuldigt sie”, empörte Sebastian sich.
“Nein, das tue ich nicht. Ich bringe ihr lediglich Verständnis entgegen. Denn ich habe festgestellt, dass es mir bei meinen Geschäften hilft, wenn ich nachvollziehen kann, warum ein Mensch sich so verhält, wie er sich verhält. Was nun Lady Manners anbelangt; wenn es nach mir ginge, wärst du aus dieser unseligen Beziehung befreit. Da du diese Möglichkeit nicht in Betracht ziehst, muss ich dir helfen, den Weg einzuschlagen, für den du dich entschieden hast.”
“Das ist nicht nötig.”
“Wir sind verwandt. Was du tust, geht auch unweigerlich mich etwas an.” Henry hielt inne. “Es gibt da noch einen Punkt, den du bedenken solltest. Vorhin habe ich von dem Kind eines anderen Mannes gesprochen, das Benbury erben könnte. Meine größere Sorge ist aber, dass es vielleicht nie einen Erben geben wird. Lady Manners war vier Jahre verheiratet und offenbar zu keinem Zeitpunkt guter Hoffnung. Vermutlich hast du dich für eine unfruchtbare Gemahlin entschieden. Wenn dem so ist, wird aus dieser Ehe kein Nachwuchs hervorgehen.”
“Sie ist nicht unfruchtbar. Alte Bullen zeugen keine Kälber, nicht einmal mit fruchtbaren Kühen. Sie wird ein Kind bekommen.”
“Das kannst du nicht wissen.”
Sebastian seufzte. “Du hast Recht. Aber ich kann beten.”
“Teile das Bett mit ihr.”
“Wie bitte?”
“Hole sie in dein Bett, bevor ihr verheiratet seid. Wenn sie kein Kind erwartet, verstößt du sie.”
“Das kann ich nicht tun!”
“Müsste deine Sorge um Benbury nicht wichtiger sein als deine Bedenken?” ermahnte Henry ihn. “Willst du, dass alles, was deine Vorväter errichtet haben, wieder an die Krone fällt, nur weil du es nicht fertig bringst, mit einer Frau das Bett zu teilen, die du als deine Gemahlin bezeichnest?”
“Natürlich bringe ich das fertig”, entgegnete Sebastian. Bei diesem Gedanken brannte es in seiner Lendengegend. Die Regungen brachten ihn aus der Fassung, denn es war denkbar, dass Beatrice seine Begierde ausnutzte, um ihren Willen durchzusetzen. “Was ich nicht fertig bringe, ist, sie fallen zu lassen.”
“Du musst rücksichtslos handeln, um das zu schützen, was dir gehört.”
“Aber nicht unehrenhaft.”
“Ich dränge dich nicht dazu, unehrenhaft zu handeln, sondern möchte dir vor Augen führen, was du deinem Besitz schuldig bist.”
Henrys Einsatz für Benbury gab ihm das Recht, über die Zukunft des Guts zu sprechen. Wäre er nicht gewesen, wäre Benbury unter einem Schuldenberg versunken, den Sebastians Vater zu verantworten hatte. Geduldig und beharrlich hatte sein Onkel ihm beigebracht, seine Einkünfte zu verwalten, damit seine Ausgaben gedeckt waren, und die Belastungen, die er geerbt hatte, zu mindern. Wenn Sebastian nun sein väterliches Erbteil aufgab, würde er zudem Henrys unablässige und selbstlose Arbeit zunichte machen.
Was für ein verfluchter Kreislauf! Ein kompliziertes Knäuel, das er nicht entwirren konnte. Was auch immer er tat, welche Maßnahmen er auch in Zukunft ergriff, immer würde er jemanden verraten. Wem schuldete er Treue? Seinem Onkel? Sich selbst? Benbury?
“Ich kann Euch keine Versprechungen machen, aber ich werde Benbury nicht vergessen.”
“Mehr kann ich nicht verlangen”, erwiderte sein Onkel.
“Es gibt da noch eine Angelegenheit, bei der ich Eure Hilfe benötige”, sagte Sebastian.
“Um was handelt es sich?”
“Der verstorbene Lord Manners schenkte seiner Gemahlin Schmuckgegenstände, und Lady Manners’ Stiefsohn weigert sich, den Schmuck zurückzugeben.”
“Du möchtest, dass ich mich für dich einsetze.”
“Ihr könntet den Himmel davon überzeugen, die Sonne aufzugeben”, sagte Sebastian.
Sein Onkel schnaubte. “Ich habe für Schmeicheleien wenig übrig.”
Sebastian lächelte
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