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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Kannte er die vermeintliche Verschwörung Johann von Braunschweigs und dessen Flucht vom Trifels?
    »Haben diese Geheimnisse vielleicht etwas mit einem ­gewissen Welfen Johann und einer Frau zu tun?«, fragte sie stockend.
    Der alte Vogt sah sie erstaunt an. »Welfen? Eine Frau?« Er schüttelte müde den Kopf. »Davon weiß ich nichts. Du enttäuschst mich, Agnes. Ich dachte, das Lesen hätte wenigstens dazu geführt, dass du dem Grafen bei seiner Suche helfen könntest. Nein, es geht wie so oft um Gold. Um viel Gold.«
    »Um Gold ? Hier? Aber …«
    Erstaunt hielt Agnes inne, dann plötzlich beschlich sie eine leise Ahnung. Sie musste an die Männer im Wald denken, als sie den Ring gefunden hatte, an die Lichter in der Nacht, an die Sage von Kaiser Barbarossa, der irgendwo im Trifels schlief. Sie erinnerte sich an all die alten Geschichten, die ihr Pater Tristan einst erzählt hatte.
    Vor allem an die eine Geschichte und an das kürzliche Gespräch mit Melchior.
    Ich habe Befehl, Seiner Exzellenz eine gewaltige Ode darüber zu dichten …
    »Es geht um Gold und um die Macht, die daraus erwächst«, fuhr Erfenstein keuchend fort. »Der junge Scharfeneck hat es bislang immer nur angedeutet. Aber ich bin kein Narr. Ich weiß, was er vorhat. Es geht um …« Plötzlich bäumte er sich auf, sein ganzer Körper schüttelte sich, bevor er schließlich wie ein leerer Sack in sich zusammensank. Kurz glaubte Agnes, ihr Vater wäre vor ihren Augen verschieden. Doch dann bemerkte sie, dass er immer noch schwach atmete.
    »Du brauchst nichts mehr zu sagen«, flüsterte sie leise und drückte seine Hand. »Ich glaube, ich weiß jetzt selbst, was der Graf vorhat.«
    Und warum er dich aus dem Weg räumen ließ , dachte sie, während ihr eine unsichtbare Faust das Herz zusammenballte.
    Eine gefühlte Ewigkeit blieb sie am Bett ihres Vaters sitzen, dessen Atem immer schwächer und schwächer wurde. Die Gedanken rasten durch ihren Kopf.
    Ich kann ihn nicht heiraten! Er ist der Mörder meines Vaters!
    Aber konnte sie sich wirklich sicher sein, dass es der Graf war, der ihren Vater vergiftet hatte? Konnte sie sich dem letzten Willen ihres Vaters verschließen? Und was würde geschehen, wenn sie sich weigerte? Noch nie hatte Agnes sich mit der Vorstellung auseinandergesetzt, was passierte, wenn ihr Vater starb und sie unverheiratet auf der Burg zurückließ. Der Trifels würde an ein anderes Geschlecht gehen, an eines, das dem Herzog treu ergeben war. Und sie selbst? Sie hatte keine Familie, keinen einzigen Menschen, zu dem sie gehen konnte. Ihre Mutter war schon lange tot, von weiteren Verwandten hatte ihr Vater nie gesprochen. Würde man sie wie einen räudigen Köter von der Burg jagen, wie es ihre Zofe Margarethe immer für sich befürchtet hatte?
    Plötzlich spürte Agnes, dass sie diese Burg niemals aufgeben konnte. Ein ungeahntes Gefühl von Stärke stieg in ihr auf. Der Trifels war ihre Familie, ihr Ein und Alles, der Mittelpunkt ihrer Welt. Sie war und blieb die Herrin vom Trifels.
    Herrin vom Trifels …
    Schon einmal hatte sie sich so genannt. Damals, als der Verwalter Martin von Heidelsheim im Pferdestall über sie herfallen wollte. Erst ein paar Monate war das her, und doch hatte Agnes das Gefühl, es läge bereits viele Jahre zurück. Sie war älter geworden, älter und reifer – und sie würde sich aus dieser Burg nicht vertreiben lassen.
    Meiner Burg.
    Nachdenklich tauchte sie einen Streifen Stoff in die Schüssel neben dem Bett und wischte ihrem leichenblassen Vater den Schweiß von der Stirn. Philipp von Erfenstein zitterte am ganzen Leib, sein Herz raste. Sein Geist schien mittlerweile in wirren Träumen gefangen zu sein.
    »Guinegate«, flüsterte er immer wieder. »Guinegate …«
    Plötzlich richtete der Vogt sich noch einmal auf. Seine gelähmten Lippen versuchten Worte zu formen. »Agnes …«, brachte er keuchend hervor. »Da ist noch etwas, das du wissen sollst. Ich … ich habe dich immer geliebt, auch …« Er fiel in sich zusammen, und seine Worte gingen in ein Gurgeln über, das schon bald verstummte.
    Traurig, doch mit erhobenem Haupt blieb Agnes am Bett ihres sterbenden Vaters sitzen und sang ihm ein altes okzitanisches Schlaflied vor, während sein Körper mehr und mehr versteifte.
    ***
    Das Erste, was Mathis am nächsten Morgen spürte, war ein stechender Schmerz, der seinen ganzen Kopf ausfüllte. Er öffnete kurz die Augen, und grelle Strahlen durchlöcherten sein Gehirn. Beim nächsten Mal

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