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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Schuppen standen. Pater Johannes gab ihnen ein Zeichen, woraufhin die Wachen die breite Schiebetür öffneten und zur Seite traten. Sofort schlug Mathis der ätzende Gestank der Beize entgegen, der aber von einem anderen starken Geruch nahezu verdrängt wurde.
    Es war Blut, viel Blut. In dem Schuppen roch es wie in ­einem Schlachthaus.
    Auf dem Boden, nur unweit des Eingangs, lag die Leiche des Stadtvogts – vielmehr das, was davon noch übrig war. Bernwart Gessler war nur noch an seiner Kleidung zu erkennen, denn die Hälfte seines Gesichts und des Hinterkopfs waren wie von der Klaue eines Dämons weggerissen worden. Der teure Wollmantel, Wams, aber auch die nackten Arme, Hals und Beine waren dunkelbraun eingefärbt wie ein Stück knorriges Wurzelholz. An den Händen zeigten sich Schrunden und Risse, die an verwitterte Rinde erinnerten. Mathis musste schlucken, um sich nicht zu übergeben.
    Der Annweiler Stadtvogt Bernwart Gessler war über Nacht wie ein Stück Leder in ätzender Beize gegerbt worden.
    Aus der Menge trat nun Nepomuk Kistler hervor. Sein Gesicht war aschfahl, nur mit Mühe unterdrückte der alte Gerber ein Zittern in der Stimme.
    »Als ich gestern von einer längeren Reise zu meiner kranken Schwester zurückkam, hab ich den Schuppen inspiziert und danach wohl die Tür aufgelassen«, sagte er leise. »Heute Morgen bin ich noch mal hin, um sie zu schließen, und da habe ich den Herrn Vogt dann hier in einer der Lohgruben gefunden. Mit dem Kopf nach unten, nur noch die Füße sahen raus.« Plötzlich sah er Mathis scharf an. »Sag, Bursche, warst du das? Bist du zu so einer Tat fähig?«
    Mathis schwieg entsetzt. Noch immer starrte er auf den braun gegerbten Körper Gesslers, aus dessen Kleidung ­ätzende Säure troff. Weiße Gehirnmasse leuchtete durch den zersplitterten Schädel.
    »Als wir ihn rauszogen und die Wunde sahen, dachten wir zunächst an irgendein Tier«, mischte sich der Pater nun ein. »Aber dann fand unser Apotheker einen sicheren Hinweis dafür, dass unser Vogt durch eine dieser neuen Feuerwaffen den Tod fand.«
    Sperlin nickte eifrig und zog eine Bleikugel hervor. »Hier ist das Corpus Delicti!«, sagte er triumphierend. »Das Teufelsding steckte noch in seinem Kopf. Na, Mathis, kommt dir diese Kugel vielleicht bekannt vor?«
    »Es … es ist eine Kugel für eine Hakenbüchse, wenn auch eine sehr kleine«, erwiderte Mathis stockend. »Aber das muss doch noch lange nicht heißen, dass ich der Schütze war. Auch die übrigen Landsknechte …«
    »Die Landsknechte haben die Stadt schon vor zwei Stunden verlassen. Keiner von ihnen hatte innerhalb der Stadtmauern eine Hakenbüchse bei sich«, fuhr Pater Johannes dazwischen. »Alle Waffen waren gestern im Wachthaus eingeschlossen. Die Säbel, Spieße, aber auch diese neuen Feuerrohre und vor allem das Schießpulver. Es war streng ver­boten, etwas von dem Teufelszeug mit in die Stadt zu nehmen!« Genüsslich verschränkte der Pfarrer die Arme vor seiner speckigen Kutte und blickte Mathis herausfordernd an. »Als du vorhin deinen Rausch ausschliefst, habe ich dein Gepäck durchsucht. Und weißt du, was ich dabei gefunden habe?« Er griff unter die Kutte und präsentierte lächelnd einen kleinen Beutel, dessen Inhalt er nun vorsichtig in seine Hand streute. Angewidert rümpfte er dabei die Nase.
    »Das ist Schießpulver, nicht wahr? Du bist der Einzige hier, der weiß, wie man damit umgeht. Der Einzige, der einen solchen Mord letzte Nacht begangen haben kann. Und du hast ein handfestes Motiv. Gesteh also endlich!«
    Mathis stöhnte leise. Den kleinen Beutel hatte er vollkommen vergessen! Er stammte noch von seinen ersten Versuchen mit Schießpulver vor einigen Monaten. Das gekörnte Pulver war ihm besonders gut gelungen, und er hatte sich nicht davon trennen können. Sein Vater hatte ihm gesagt, dass ihn dieses Pulver noch einmal ins Unglück stürzen würde. Nun war es tatsächlich geschehen – allerdings anders, als das irgendeiner hätte vermuten können.
    »Ha, er fühlt sich schuldig!«, rief der Apotheker Sperlin. »Seht ihn an, wie er zusammenbricht. Die Tat holt ihn ein!«
    Mathis schüttelte verzweifelt den Kopf. Er spürte, wie sich die Schlinge immer enger um seinen Hals zog. »Gut, ich mag dieses Pulver besessen haben, aber doch keine Büchse!«, warf er ein. »Woher hätte ich so eine Waffe nehmen sollen? Außerdem können meine Kameraden bezeugen …«
    »Deine Kameraden waren so sturzbetrunken, dass sie nicht mal bezeugen

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