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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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den Armen rudernd landete Jannsen mitten zwischen Truhen, Leitern, Regalen und verstaubten Krügen, die mit einem ohrenbetäubenden Getöse zersplitterten.
    Mittlerweile hatte Mathis begriffen, was der alte Geschützmeister vorhatte. Geschwind zog er seinen Dolch und hielt ihn dem verblüfften Paulus an die Kehle. »Hinein mit dir, und zwar schnell!«, zischte er. »Bevor ich dein Blut quer über den Gang verteile.«
    Mit erhobenen Händen trat Paulus rückwärts in den Raum. Doch ganz plötzlich öffnete er den Mund zum Hilfeschrei, im gleichen Augenblick hieb ihm Reichhart mit der flachen Seite seines Schwerts über den Schädel. Der Wachmann kippte seufzend nach hinten, und Mathis verriegelte hinter ihm die Tür. Bereits kurz darauf war zorniges Klopfen zu vernehmen. Offenbar hatte sich Jannsen von seinem Sturz wieder erholt.
    »Wir haben nicht viel Zeit!«, rief Reichhart Mathis zu, während der Lärm weiter anschwoll. »Ich war vorhin bei der Plünderung schon mal hier. Hinten am Ende des Ganges gibt es ein kleines Portal, das hinüber ins Waschhaus führt. Von dort aus kommen wir auf die andere Seite des Klosters. Hol die Agnes! Nun mach schon!«
    Mathis nickte wie in Trance, dann eilte er im Laufschritt in das Krankenzimmer gegenüber. Agnes kniete noch immer hinten in der Ecke am Bett Pater Tristans. Erschrocken wandte sie sich um und starrte ihn an. Die anderen Kranken und die zwei Klostermägde verharrten wie zu Stein erstarrt, mit offenem Mund blickten sie auf den keuchenden jungen Mann mit dem Dolch in der Hand.
    »Komm schnell, Agnes!«, schrie Mathis. »Raus hier!«
    Als Agnes nichts erwiderte, rannte er auf sie zu, packte sie am Kragen und schleifte sie zum Ausgang. Erst jetzt schien sie ihren Schrecken überwunden zu haben.
    »Was soll das?«, fauchte sie. »Lass mich in Ruhe, meine Beichte ist noch nicht zu Ende. Ihr bringt mich noch früh genug um!«
    »Keiner bringt dich um, wenn du die Beine in die Hand nimmst.« Mathis schob sie den Gang entlang, an dessen Ende Ulrich Reichhart bereits ungeduldig wartete. Noch immer hämmerte Jannsen gegen die verriegelte Tür der Rumpel­kammer.
    »Wir fliehen!«, erklärte Mathis atemlos. »Du, ich und der alte Reichhart, nun lauf schon!«
    Sie rannten den Gang entlang und schlüpften gemeinsam durch das niedrige Portal, das hinüber ins Waschhaus führte.
    Hektisch blickte sich Mathis um, während hinter ihnen der Lärm weiter anschwoll. In der großen, von Wasserdampf feuchten Kammer standen ein paar Waschzuber, Mönchskutten hingen zum Trocknen über einigen Holzstangen, in der Ecke befand sich eine gewaltige Feuerstelle, über der man Wasser in einem riesigen Topf erhitzen konnte. Erst jetzt fiel Mathis das stetige Rauschen auf, das hinter den aufgehängten Kutten zu hören war. Er riss die Gewänder zur Seite und sah zu seinem Erstaunen einen schmalen Kanal, der mitten durch den Waschraum führte. Er floss auf einige Holzverschläge zu, die von ihren Gestank her unschwer als Latrinen zu erkennen waren.
    »Zum Teufel!«, schrie Ulrich Reichhart, der mittlerweile am gegenüberliegenden Ende des Raumes angekommen war und sich verzweifelt gegen die dortige Tür warf. »Abgesperrt! Hier kommen wir nicht weiter!«
    Von jenseits des Ganges zum Krankenzimmer waren nun eilige Schritte zu hören. Mathis schlug die Tür zu, durch die sie gekommen waren, und verbarrikadierte sie mit einer der Holzstangen, die er hinter die Klinke klemmte. Kurz darauf ertönte zorniges Klopfen.
    »Macht auf!«, schrie ein sehr wütender Jannsen. »Sofort, oder wir verbrennen euch mitsamt dem Waschhaus!«
    Die Tür erzitterte, und erste Risse zeigten sich im Rahmen. Mathis wusste, dass sie nicht mehr lange halten würde. Panisch sah er sich um.
    Wo sollen wir hin? Durch welches Mauseloch können wir fliehen?
    Sein Blick fiel auf den rauschenden Kanal, der unter den Latrinen hindurchführte. Ulrich Reichhart neben ihm schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben. Er sprang hinein, und das Wasser reichte ihm bis zu den Knien.
    »Vermutlich werden wir in versteinerter Mönchsscheiße stecken bleiben!«, knurrte er. »Aber einen anderen Weg hier raus sehe ich nicht.«
    Agnes schüttelte den Kopf, mittlerweile schien sie sich ein wenig beruhigt zu haben. »Niemand bringt mich dazu, dort reinzusteigen!«, rief sie. »Wer weiß, wo dieser Kanal hinführt und …«
    »Er führt nach draußen in die Freiheit«, unterbrach sie Ulrich Reichhart barsch. »Ich habe es selbst gesehen. Der Bach wurde

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