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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Gegend«, erwiderte er schließlich und schnippte gegen den Knauf des Messers, so dass es zu vibrieren begann. »Vor allem für Leute, die nachts kommen und es eilig haben.«
    Agnes betrachtete den Mann genauer. Er hatte schwarzes zottiges Haar und einen ebenso zottigen Bart; seine Haut war tiefbraun, fast verbrannt, so als würde er viel Zeit an der Sonne verbringen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Wirt einen seltsamen Dialekt sprach. Er schien nicht aus der Gegend zu kommen.
    Auch die Gäste am Tisch machten einen merkwürdigen Eindruck. Es waren vier derbe Gesellen mit Schlapphüten und vernarbten Gesichtern. Zwischen ihnen saß ein etwa vierzehnjähriges Mädchen, dessen Augen unruhig, wie in großer Angst, hin und her huschten. Plötzlich trat eine gespannte Stille ein, die fast mit Händen zu greifen war. Agnes spürte, wie sich ihr langsam die Nackenhaare aufstellten.
    Irgendetwas geht hier vor …
    Langsam wanderte der Blick des Mädchens hinüber zum Tresen. Auf der rechten Seite, dort, wo man hinter die Theke gelangte, ragte im Dämmerlicht etwas hervor.
    Es waren zwei Füße, um die sich eine schimmernde Blutlache ausgebreitet hatte.
    Im gleichen Augenblick ertönte von der Theke ein schrilles Kreischen. Agnes wandte den Kopf und erblickte ein Monstrum, das direkt ihren Alpträumen entsprungen zu sein schien. Auf dem Tresen saß ein kleiner haariger Teufel, der den Mund fauchend geöffnet hatte. Spitze Zähne ragten dar­aus hervor, und sein Gesicht war wie das winzige Zerrbild eines alten Mannes. Rote Knopfaugen musterten Agnes böse, dann setzte der Dämon zum Sprung an.
    »Verflucht, Satan! Bleib hier!«
    Es war die Stimme des Wirts, der nun an einer dünnen Kette zog, woraufhin der Dämon fauchend auf seine Schulter hüpfte. Verwirrt sah Agnes von dem kleinen Teufel hinunter zu der Blutlache am Boden und wieder zurück. Als der Wirt ihren Blick bemerkte, knurrte er böse wie ein Wolf.
    »Bringt die drei Narren um, aber passt mir auf die hübsche Gräfin auf.«
    Einen Moment lang schien die Zeit stillzustehen. Dann vernahm Agnes hinter sich plötzlich das sirrende Geräusch von Stahl, und Melchior von Tanningen stürmte mit dem Degen voran auf die Gruppe am Tisch zu. Die Männer sprangen auf, Braten, Teller und Weingläser fielen klirrend zu Boden, das Mädchen schrie und rollte sich zur Seite, während die Fremden ihre Schwerter zogen.
    »Verflucht, das sind keine Gäste! Das sind …«, schrie Ulrich Reichhart.
    Der Wirt zog sein Messer aus der Theke und warf es auf den Geschützmeister, dessen Ruf schlagartig verstummte. Ulrich Reichhart glotzte ungläubig auf die zitternde Klinge zwischen seinen Rippen, dann rutschte er langsam an der Stubenwand zu Boden.
    Agnes war einen Augenblick lang wie erstarrt, dann rührte sie sich wieder und rannte auf den Ausgang zu, wo noch immer Mathis stand. Soeben wollte sich der junge Schmied ins Getümmel stürzen, als sein Blick auf den stark blutenden Reichhart fiel. Entsetzt ließ er den Knüppel wieder sinken.
    »Mein Gott, Ulrich!«, rief er und rannte auf seinen Freund zu. »Diese Schweine, diese gottverdammten Schweine!«
    »Bringt die Weiber zum Boot!«, brüllte der Anführer, der noch immer hinter dem Tresen stand. Auf seiner Schulter saß noch immer fauchend und auf und ab hüpfend der kleine Teufel. »Die anderen tötet und dann raus hier. Schnell!«
    Der zierliche Barde stand mittlerweile genau in der Mitte der Stube und focht gegen vier Mann. Die silbern glänzende Degenklinge schien an mehreren Orten gleichzeitig zu sein, sie war wie ein Blitz, der auf die Männer niederfuhr. Als sie merkten, dass ihnen ihr Gegner trotz seiner geringen Körpergröße überlegen war, wandten sich plötzlich zwei der Räuber von ihm ab und rannten auf die Eingangstür zu. Sie packten Agnes heftig an der Schulter, ihr Schlapphut fiel zu Boden, die langen Haare quollen hervor.
    »Lasst mich los, ihr Mörder!«, schrie Agnes. »Ihr … ihr …«
    Doch gegen die starken Arme ihrer Widersacher hatte sie nicht die geringste Chance. Die Männer zerrten sie an ihren Haaren durch die Tür. Jemand verpasste ihr einen Schlag ins Gesicht und gleich darauf einen weiteren gegen die Schläfe. Der Schmerz war so stark, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Wie in Trance sah sie Mathis, der sich brüllend auf einen der Räuber warf und ihm seinen Knüppel auf den Hinterkopf drosch. Der Mann ließ von ihr ab, doch der zweite schleifte sie weiter durch die Dunkelheit. Unter ihren

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