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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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völlig überteuerten Preisen an die Soldaten.
    Der Hurenhändler warf dem schnatternden Affen soeben ein paar getrocknete Pflaumen zu, als Agnes und Mutter Barbara sich mit dem Jungen näherten. Sein neugieriger Gesichtsausdruck verwandelte sich schon bald in Abscheu.
    »Ich schick euch los, um mir Beute zu bringen, und mit was kommt ihr zurück? Mit einer Leiche!«, polterte er. »Was soll ich damit?«
    »Das ist keine Leiche, sondern ein verletzter Bauernbub, der unsere Hilfe braucht«, erwiderte Agnes scharf. »Mutter Barbara hat mir erlaubt, dass ich mich um ihn kümmere.«
    »Mutter Barbara hat dir gar nichts zu erlauben. Du bist mein Eigentum, vergiss das nicht! Nimm dir lieber ein Beispiel an Agathe.« Barnabas deutete auf die Wirtstochter, die am Feuer saß, vor sich die reiche Ausbeute eines Tages. Im Flammenschein sah Agnes ein paar Kupferknöpfe, einige rostige Sicheln und sogar eine verbogene Faustbüchse. Agathe lächelte, weil sie wusste, dass sie heute wohl von Prügeln verschont bleiben würde. »Das Mädchen weiß eben, wie man mich glücklich macht«, fuhr Barnabas fort. »Und du, du Unglückswurm? Machst mir nur Ärger.« Er hob warnend den Finger. »Übertreib es nicht, Agnes! Die Männer fragen mich ohnehin schon, was ich an dir störrischer Kuh finde.« Er seufzte. »Und ehrlich gesagt, ich weiß es langsam auch nicht mehr.«
    Samuel grinste und leckte sich demonstrativ die Lippen. Angewidert drehte sich Agnes von ihm weg und ging auf Barnabas zu.
    »Ich … ich habe ein silbernes Kruzifix gefunden. Ist das etwa nichts?«
    »Zeig her!«
    Sie reichte das Schmuckstück dem Hurenhändler, der es prüfend musterte. Kurz hatte Agnes überlegt, dem verletzten Jungen das Kruzifix wieder zuzustecken, doch dann musste sie an die kommende Nacht denken. Das kleine silberne Kreuz schien ihr der gerechte Lohn dafür zu sein, dass sie den Jungen heilte.
    »Hm, nicht schlecht«, brummte Barnabas schließlich. »Das ist einiges wert. Also gut, versuch dein Glück mit dem Jungen. Solange du noch deiner Arbeit nachgehst, soll’s mir recht sein.« Er sah sie argwöhnisch an. »Und komm nicht auf dumme Gedanken, ja? Ich finde dich, und wenn ich ganz Schwaben nach dir absuchen muss. Und dann wirst du dir wünschen, ich hätte dich an die Türken verkauft.«
    Agnes nickte schweigend, dann trug sie mit Barbara den stöhnenden Jungen hinüber zu dem zweiten Karren. Tatsächlich hatte sie schon ein paarmal über Flucht nachgedacht. Im Gegensatz zu der Zeit auf dem Boot kettete Barnabas sie und Agathe hier nicht fest, außerdem waren Samuel und die zwei anderen Halunken äußerst unaufmerksame Wachen. Aber wohin hätte sie schon gehen sollen? Die Wahrscheinlichkeit, von umherziehenden Landsknechten vergewaltigt oder gleich getötet zu werden, war zu groß. Außerdem hatte Barnabas noch immer ihren Ring, den er mittlerweile an einer Kette um den Hals trug. Doch solange er und der Ring nach Norden zogen, konnte ihr das nur recht sein.
    Denn im Norden am Rhein lag Sankt Goar.
    Agnes lächelte schmal. Ohne weiteres Zutun näherte sie sich wieder dem eigentlichen Ziel ihrer Reise. Schon bald würde der Tag kommen, an dem sich ihre und Barnabas’ Wege trennten.
    Und wenn ich dir dafür die Kehle durchschneiden muss, du Schwein.
    Mittlerweile hatten die Frauen den Jungen auf ein paar Ballen Stroh neben Barbaras Karren gebettet. Er hatte Fieber und murmelte im Schlaf.
    »Mutter, Mutter …«, flüsterte er immer wieder.
    »Man nennt mich Mutter Barbara, weiß der Teufel war­um. Ich hab selbst nie Kinder gehabt«, knurrte die Alte und wischte dem Jungen den Schweiß von der Stirn. »Also kann ich gut für eine Weile auch deine Mutter sein.« Agnes musste unwillkürlich schmunzeln. Sie wusste, dass Barbara im Grunde ihres Herzens ein guter Mensch war. Fürsorglich träufelte die Marketenderin aus einem Lederschlauch verdünnten Wein auf die spröden Lippen des Knaben.
    »Und was hast du jetzt vor?«, fragte sie Agnes schließlich.
    »Ich werde die Wunde waschen und die Kugel aus seiner Schulter entfernen. Hast du Branntwein und eine Zange?«
    Barbara nickte. »Hab ich. Aber ich sag dir gleich, der Junge wird den Eingriff nicht überleben. Die Kugel steckt viel zu tief.«
    »Lass es mich wenigstens versuchen.«
    »Ganz wie du meinst.« Mutter Barbara beugte sich über ihre schwere Arzneitruhe und reichte Agnes eine lange Zange mit nach innen gebogenen Enden, einen sogenannten Kugelzieher. »Hier. Ein Gebet könnte auch nicht

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