Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
Boden lagen, nahmen keinerlei Notiz von ihnen. Gelegentlich torkelten einige laut grölende Kameraden an ihnen vorbei, aber auch sie stellten keine Gefahr dar.
    Am schwierigsten war es gewesen, die äußeren Wachposten zu umgehen. Melchior hatte Mathis erklärt, dass hier meist eine Parole vonnöten war, die von Tag zu Tag wechselte. Doch die Wachen standen so weit verteilt, dass die beiden im Schutz einiger Büsche und dorniger Sträucher ge­fahrlos an ihnen vorbeischleichen konnten. Indem sie einem flachen, sumpfigen Graben folgten, der von außen nicht einzusehen war, hatten sie schließlich das Herz des Lagers erreicht.
    Im Kampf orientierten sich die Landsknechte an großen Flaggen, die von Trägern geschwenkt wurden und den Mittelpunkt jeder Einheit darstellten, doch hier im Lager waren die einzelnen Gruppen nicht voneinander zu unterscheiden. Die vielen buntgekleideten Soldaten in ihren Schlitzhosen und aufgeplusterten Wamsen trugen als Erkennungsmerkmal ­lediglich eine weiß-rote Armbinde oder eine Schleife am Hut. Trotzdem wartete Mathis förmlich darauf, dass irgendein Feldwebel oder Leutnant sie ansprach und ihre Maskerade doch noch aufflog, während sie scheinbar stundenlang an unzähligen Feuern, Lafetten, Karren und Zelten vorbei­gingen.
    »So stelle ich mir einen Marsch durch Rom oder Konstantinopel vor!«, stöhnte Mathis und blickte sich nervös um. »Wie sollen wir in dem Gewimmel bloß Agnes finden?«
    »Erst mal gilt es, den Tross mit den Händlern, Frauen und Handwerkern zu entdecken«, beruhigte ihn Melchior von Tanningen. »Das sollte nicht besonders schwer sein. Wartet kurz.«
    Ohne eine weitere Erläuterung schritt er auf eines der Lagerfeuer zu und wandte sich an die dort singenden und zechenden Männer. Mathis schloss die Augen und murmelte ein leises Gebet, doch schon nach kurzer Zeit kam der Barde lächelnd zurück.
    »Ich habe gefragt, wo man hier billig Huren kaufen kann«, erklärte Melchior. »Den Weg ins irdische Paradies kennen alle Landsknechte.« Fürsorglich nahm er Mathis am Arm und zog ihn weiter. »Nun kommt schon, Meister Wielenbach! Wenn Ihr weiter so ängstlich dreinschaut, schöpft wirklich noch jemand Verdacht.«
    »Verflucht, ich bin Schmied und kein …«, hob Mathis an. Doch dann fiel ihm auf, dass er das vor ein paar Stunden schon einmal gesagt hatte. Er schien wirklich nicht zum Soldaten geboren zu sein.
    Selbst wenn ich dafür sorge, dass sie sich gegenseitig in die Luft sprengen , fuhr es ihm durch den Kopf. In was bin ich hier nur hineingeraten!
    Nach einer weiteren halben Stunde wurden die bunten Lagerzelte endlich weniger. Dafür tauchten nun immer mehr Handkarren und mit Segeltuch bespannte Wagen auf, die von klapprigen Gäulen oder Ochsen gezogen wurden. An vielen von ihnen hingen Töpfe, Pfannen und blecherne Schüsseln. Auch sah Mathis jetzt viele Frauen und sogar einige schmutzstarrende Kinder, die lärmend durchs Lager stromerten. Es roch nach Eintopf, geschmorten Zwiebeln und Mehlsuppe, und trotz der grausigen Erlebnisse des vergangenen Tages lief Mathis das Wasser im Mund zusammen. Im Gegensatz zum Soldatenlager herrschte hier im Tross eine beinahe friedliche Atmosphäre. Viele der Landsknechte verbrachten die Nacht an warmen Feuern bei ihren Familien, die sie während des ganzen Krieges begleiteten, für regelmäßige Mahlzeiten sorgten, die Latrinen aushoben und die verlassenen Schlachtfelder plünderten. Mathis runzelte die Stirn. So wie die Menschen hier essend, singend und lachend zusammensaßen, mochte man kaum glauben, dass viele von ihnen noch tagsüber geraubt, gebrandschatzt und getötet hatten.
    Eben lauschte er den Klängen einer Fiedel, als zwei grell geschminkte Frauen in rot-gelben Kleidern hüftwackelnd auf sie zukamen.
    »Na, ihr zwei Süßen«, gurrte die eine von ihnen, die nicht mehr die Jüngste war. Mathis sah, dass ihr die meisten der oberen Schneidezähne fehlten. »Lust auf ein wenig Spaß in unserem Wagen? Da sind wir vier ungestört.«
    »Mit Verlaub, die Damen, aber wir suchen heute eine andere Form der Zerstreuung«, erwiderte Melchior von Tanningen und zog dabei den Hut. »Es heißt, es gäbe hier eine Gauklertruppe mit einem Affen und einem Vogel, der sprechen kann. Kennt ihr sie zufällig und wisst den Weg?«
    »Ach, der alte Barnabas mit seinen räudigen Viechern.« Die alte Hure winkte abfällig. »Den will doch keiner mehr sehen. Außerdem schläft er bestimmt gerade mal wieder seinen Rausch aus.«
    »So wie du

Weitere Kostenlose Bücher