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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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starken Alkohol nicht nur zum Waschen der Wunden, sondern auch dazu, ihre Patienten ruhigzustellen. Pater Tristan hatte ihr vor einer gefühlten Ewigkeit ein paar Kräuter verraten, die in Schnaps gelöst für einen ohnmachtsähn­lichen Schlaf sorgten. Es waren noch einige Tage vergangen, bis sie auf den Feldern und Wiesen Frankens endlich die Samenkapseln von Mohn sowie wildem Hopfen und Baldrian gefunden hatte, doch schließlich war der Trank fertig gebraut. Diese Nacht hatte sie ihn schließlich Barnabas zusammen mit seinem üblichen Quantum Wein verabreicht. Der Affe befand sich glücklicherweise draußen am Lagerfeuer bei Marek und Schniefnase. Agnes atmete tief durch. Nun würde sie den Heerestross endlich verlassen und allein nach Sankt Goar weiterreisen können. Dort wollte sie mehr über den Ring, die Träume und ihre eigene Vergangenheit in Erfahrung bringen, aber noch immer hoffte sie, vielleicht auf ein Zeichen von Mathis zu stoßen.
    Doch zuvor musste sie noch eines hinter sich bringen.
    Mittlerweile hatte sich Agnes neben dem schnarchenden Hurenhändler aufgerichtet und musterte nun argwöhnisch dessen zuckende Gesichtszüge. Barnabas schien zu träumen, er schmatzte leise im Schlaf und brummelte, dann drehte er sich zur Seite, so dass die Halskette unter seinem Hemd deutlich zum Vorschein kam.
    Daran baumelte Agnes’ Ring.
    Auf diesen Augenblick hatte sie gewartet. Lautlos zog sie eine kleine Zange hervor, die sie in Mutter Barbaras Arznei­truhe gefunden hatte und die sonst zum Ausbrechen von schmerzenden Zähnen verwendet wurde. Agnes’ Hand näherte sich der Kette, schließlich kniff sie beherzt zu, und das silberne Band rieselte lautlos in ihre Hand. Ihre Finger umschlossen den Ring, endlich hatte sie ihn wieder. Nun musste sie nur noch …
    »Schön hiergeblieben!«
    Barnabas’ Hand zuckte hervor wie eine böse Schlange. Er packte sie am Hals und drückte sie zurück auf die Liegestatt.
    »Hab ich dich ertappt, du Hexe!«, zischte er und starrte sie aus hellwachen Augen an. »Hast wohl geglaubt, ich merk’s nicht, wenn du mir was in den Wein mischst. Ha, aber Barbara hat dich beobachtet! Zuerst wollt ich’s nicht glauben, aber dann hat der Wein so seltsam süßlich geschmeckt, dass ich ihn wieder ausgespuckt hab. Wolltest mich wohl vergiften und abhauen, was, Liebchen?«
    »Ich wollte nur …«, krächzte Agnes, doch die Hand ihres Entführers drückte ihre Kehle nun so fest zu, dass sie kaum noch Luft bekam. Dann fasste Barnabas auch mit seiner zweiten Hand zu, kräftige Finger schlossen sich um ihren Hals und pressten das Leben Stück für Stück aus ihr heraus.
    »Ich hab dir nie getraut, du Schlampe«, flüsterte Barnabas, »vom ersten Tag an nicht. Dachte, ich könnte dich zähmen, aber du bleibst ein hochnäsiges, widerspenstiges Weibsstück. So was ist auf dem Markt nichts wert, also werd ich dich wohl wie ein altes verbogenes Stück Eisen wegwerfen müssen. Aber zuvor sollst du mir noch einmal zu Diensten sein …«
    Barnabas lachte leise. Während er ihr mit der einen Hand den Mund verschloss, wanderte die andere spinnengleich hin­unter zu ihrem Rock und schob ihn hoch. Agnes zuckte und wand sich, sie versuchte zu schreien, doch Barnabas war zu stark. Er drückte sie auf die Liegestatt und presste ihr die Schenkel auseinander.
    »Bis jetzt war ich immer nett zu dir«, knurrte er. »Doch damit ist jetzt Schluss, du Hexe! Du wirst nie wieder Gift mischen.«
    Agnes konnte unter Barnabas’ schwieliger Hand kaum Atem holen, sie roch den billigen Wein, den Schweiß und das Schießpulver, das an seinen Händen klebte. Während der Hurenhändler schnaufend in sie eindrang, fühlte sie sich, als müsste sie ersticken. Wild schlug sie mit den Händen auf seinen Rücken, doch es war, als würde sie auf Fels hauen. Grenzenlose Furcht und ebenso grenzenloser Hass flossen ineinander und ließen sie keinen klaren Gedanken mehr fassen.
    Plötzlich bekam Agnes einen kleinen, kühlen Gegenstand zu fassen, der unter den zerwühlten Decken gelegen hatte. Es war die Zange, mit der sie vorhin die Kette durchschnitten hatte. Ohne weiter nachzudenken, packte sie das Werkzeug und hieb damit auf Barnabas’ Hand ein, die noch immer auf ihr Gesicht drückte. Als er dennoch nicht von ihr abließ, öffnete sie die Zange und drückte schließlich zu.
    Mit einem hässlichen Knacken schlossen sich die Scherblätter, und Barnabas begann zu schreien. Er ließ von ihr ab, setzte sich aufrecht hin und starrte

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