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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ihr dann die Kehle durchschneiden wie einem Kalb bei der Schlachtung. Aber das werde ich nicht zulassen, niemals!
    An einem der Seitenaltäre flackerten einige Kerzen und warfen lange Schatten, die wie riesenhafte Hände über die Wände zuckten. Melchior entzündete eine Fackel daran, dann begaben sie sich gemeinsam nach vorne zur Apsis, wo vor dem Lettner ein mannshohes würfelförmiges Monument aufragte.
    Mathis blinzelte, er versuchte, in der Dunkelheit mehr zu erkennen. Das Denkmal wurde von einem purpurnen Baldachin gekrönt und schien ganz aus Marmor gehauen. Als Melchior voranschritt, leuchteten im Schein der Fackel an der Vorderseite goldene Inschriften auf.
    »Die Kaisergruft!«, flüsterte der Barde mit ergriffener Stimme. »Riecht den Atem der Geschichte! Es gibt nicht wenige Christen, die diesen Ort als geistiges Zentrum des Deutschen Reichs bezeichnen. So viele herausragende Persönlichkeiten sind hier begraben!« Er beugte sich vor und begann leise zu lesen: »König Konrad II. samt Gemahlin Gisela von Schwaben, Heinrich III., Heinrich IV., der Staufer Philipp von Schwaben, Rudolf von Habsburg …« Plötzlich stockte er und wandte sich an den Grafen. »Oh, hier liegt auch ein Bischof namens Konrad von Scharfenberg. Ist der etwa mit Euch verwandt?«
    »Über drei Ecken«, antwortete Friedrich. »Er residierte damals tatsächlich auf Burg Scharfenberg. Ich hoffe, ich kann es vermeiden, das Grab eines meiner Vorfahren zu schänden. Zumal ich kaum glaube, dass die Heilige Lanze sich just in seinem Sarkophag befindet. Dafür war der gute Konrad dann doch zu unwichtig.« Er wandte sich an Agnes. »Wo soll die Lanze denn jetzt sein?«
    »Ich … ich weiß es nicht«, erwiderte Agnes. Noch immer war sie an den Händen gefesselt. Müde ließ sie sich neben einer Säule nieder. »Dies ist der Ort, an dem alle Feindschaft endet. Aber wo Johann die Lanze genau versteckt hat, kann ich nicht sagen.«
    »Dann, fürchte ich, werden wir eben danach suchen müssen.« Der Graf schnippte mit den Fingern, und der lange Marten ließ einen Sack zu Boden gleiten, der mit allerlei Grabungswerkzeug gefüllt war. »Wir fangen mit den oberen Gräbern an und arbeiten uns dann langsam zu den unteren Schichten durch. Versucht es so zu erledigen, dass man die Sauerei nachher wieder zuschütten kann. Ich will mir nicht den Fluch des gesamten christlichen Abendlands zuziehen.«
    Die Landsknechte erklommen das mannshohe Monument. Dann griffen sie sich ein paar der mitgebrachten Schaufeln und Hacken und begannen vorsichtig, die Grabplatten aufzustemmen. Melchior von Tanningen löste derweil Mathis’ Fesseln und drückte ihm einen Spaten in die Hand.
    »Meister Wielenbach, darf ich bitten?« Der Barde deutete auf eine der Grabplatten. »Was haltet Ihr davon, das Grab der Kaiserin Beatrix von Burgund zu öffnen? Es muss ein erhebender Moment sein, die Gebeine von Barbarossas Gemahlin und Mutter Heinrichs VI. betrachten zu dürfen.«
    »Wenn es so erhebend ist, macht Euch doch selbst die Finger schmutzig, Tanningen«, blaffte Mathis. »Ihr könnt Euch auch gerne dazulegen.«
    »Interessant, dass Ihr das sagt. Etwas Ähnliches schlug Friedrich gestern für Euch vor.« Melchior verzog keine Miene. »Und ich finde, es gibt wahrlich schäbigere Orte, an denen man seine letzte Ruhe finden kann.« Er machte eine aufmunternde Geste, und Mathis kletterte auf das Monument, wo er schweigend mit der Arbeit begann.
    Das Grab zu öffnen war nicht so schwer, wie er zunächst gedacht hatte. Mit dem Spaten fuhr Mathis in den schmalen Spalt, löste den Mörtel heraus und hebelte dann den steinernen Behälter auf. Ächzend rutschte die tonnenschwere Platte vom Sockel herunter und krachte schließlich dröhnend auf den Boden. Ein feiner Sprung zeigte sich an der Ober­fläche.
    »Um Himmels willen, Vorsicht!«, mahnte Melchior. »Wir wollen die Gräber ja nicht zerstören. Was wird sonst der Speyerer Bischof sagen, wenn er erfährt, dass wir hier die Leichen der Edelsten des Reiches schänden?«
    »Selbst wenn es der Bischof nicht erfährt«, sagte Mathis, »Gott wird es Euch nie verzeihen.«
    Melchior nickte betrübt. »Ihr habt recht. Wir können nur hoffen, dass ihm die Bergung der allerheiligsten Reliquie wichtiger ist als ein paar morsche Knochen und das eine oder andere Leben.«
    »Verflucht, Melchior, ich hasse Euch!«, brauste Mathis auf und warf den Spaten auf den Kirchenboden. »Niemals hätte ich Euch trauen sollen. Ich …«
    Doch Roland neben

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