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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ihm schlug ihm mit der Schaufel so heftig auf den Rücken, dass er keuchend nach vorne stürzte. »Mach deine Arbeit und halt’s Maul«, knurrte der Söldner. »Sonst graben wir dich hier noch lebendig ein. Hast ja gehört, was die hohen Herren mit dir vorhaben.«
    Mathis rappelte sich auf und warf Melchior einen bösen Blick zu. Der Barde sah ihn darauf eindringlich an.
    »Bei allen Heiligen, Mathis! Ich wollte auch nicht, dass es so kommt!«, flüsterte er und sah sich vorsichtig nach den anderen Männern um. »Glaubt mir, wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich ihn wählen. Aber das Schicksal des Reiches …«
    »Es reicht, wenn ich sterben muss«, erwiderte Mathis. »Erspart mir wenigstens Eure jämmerlichen Ausreden.«
    Er wandte sich ab und spähte in den von ihm geöffneten Sarkophag. Ein muffiger Geruch stieg daraus hervor. Vor ihm lag ein Skelett in zerfetzter, einst prunkvoller Kleidung. Schwärzliche, vertrocknete Fleischfetzen klebten am Schädel, den eine schlichte kupferne Grabkrone zierte.
    »Einst muss Beatrix eine wahre Schönheit gewesen sein«, seufzte Melchior, der in der Zwischenzeit mit dem Grafen auf das Monument gestiegen war und nun versonnen die Leiche betrachtete. Seine Skrupel von gerade eben schienen wie weggefegt. »Schade, dass wir ihr Antlitz nur noch in diesem Zustand betrachten können.«
    Mathis deutete auf die knochigen Arme der Kaiserin. »Sie hält etwas in den Händen.«
    »Tatsächlich, da ist etwas!« Aufgeregt beugte sich Friedrich von Scharfeneck nach unten und entriss der Mumie einen verfaulten hölzernen Kasten. »Die … die Heilige Lanze! Wir haben sie also wirklich gefunden! Sie …«
    Der Behälter zerbröselte in seinen Händen, und winzige Knochen und ein kleiner Schädel fielen klappernd zu Boden.
    »Verflucht, was ist das?«, schrie der Graf.
    »Ich fürchte, wir hätten die Grabinschrift genauer lesen sollen«, murmelte Melchior, der mit zusammengekniffenen Augen auf eine kleine beschriftete Bleiplatte vorne am Sarkophag starrte. »Mit Beatrix wurde hier auch ihre kleine neugeborene Tochter ins Grab gelegt. Sie hieß übrigens Agnes. Ist das nicht ein hübscher Zufall?«
    Er hob den Kopf und blickte hinüber zu Agnes. Noch immer kauerte sie zusammengesunken auf einer der unteren Treppenstufen, an eine Säule gelehnt. Sie hatte die Augen geschlossen, als würde sie schlafen.
    Als keine Antwort kam, wandte sich Melchior den drei Landsknechten zu. »Wie sieht es in den übrigen Gräbern aus? Habt ihr irgendetwas entdeckt, was auf eine Lanze oder wenigstens einen Hinweis darauf schließen lässt?«
    In der Zwischenzeit hatten die Männer auch die anderen Sarkophage der obersten Schicht geöffnet. In allen dreien lagen Skelette, von denen zwei bereits nach wenigen Minuten anfingen, zu Staub zu zerfallen. Ein Leichnam jedoch war noch so gut erhalten, dass Mathis glaubte, der Tote verfolge den Frevel an seinem Leib mit kleinen bösen Augen. Der Inschrift zufolge musste es sich um keinen Geringeren als den großen Habsburger Kaiser Rudolf handeln.
    Erschöpft schüttelte der Söldnerführer Roland den Kopf und stützte sich auf seine Schaufel. »Wir … wir haben nichts gefunden! Es gibt ein paar Grabbeigaben. Dolche, Ringe, Broschen und dergleichen. Sogar einen kleinen rostigen Reichsapfel haben wir entdeckt. Aber nichts, was auf eine Lanze hindeutet.«
    »Die Lanze ist sehr klein, vergesst das nicht«, mahnte Melchior. »Es ist nur die Spitze, nicht mehr als ein Unterarm lang.«
    »Ihr habt doch gehört, was meine Männer sagen!«, sagte der Graf. »Die Lanze ist nicht hier! Und so langsam rennt uns die Zeit davon.« Zornig wandte er sich an Agnes. »Du wolltest uns nur hinhalten. Gib es zu! Aber das nützt dir jetzt auch nichts mehr.«
    »Ich … ich habe wirklich geglaubt, die Lanze sei in der Gruft«, ließ sich Agnes vernehmen. Sie zitterte und rieb sich fröstelnd die Arme; ihr Blick war leer, er schien auf etwas in der Ferne gerichtet. »Vielleicht ist sie ja in einem der unteren Sarkophage.«
    »Wo genau, Gräfin?«, drängte Melchior. »Wir können nicht das ganze Monument durchwühlen. So viel Zeit haben wir nicht!«
    »Warum sollte ich Euch eigentlich weiterhin helfen?«, flüsterte Agnes. »Sterben muss ich so oder so.«
    »Du kannst dir aber aussuchen, auf welche Weise«, erwiderte der Graf. »Und denk an deinen Freund hier! Du willst doch nicht, dass meine Männer ihn hier lebendig in einem der Särge begraben, nicht wahr? Das willst du doch

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