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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Nordsee zusammenzusuchen, aber als sie ankam, hatten Sofia und Arend die Reisetasche und den kleinen roten Rucksack für Bücher und Spiele längst gepackt und waren schon fast auf dem Weg zu Steendijks, um ihr Ferienkind abzuholen.
    Am Morgen hatte sie mit ihrer Tochter telefoniert, und Katharina war ganz begeistert gewesen über den Segeltörn. Astrid wusste, dass sie es dabei hätte bewenden lassen sollen. Aber dann war sie doch mit zum Haus ihrer Eltern gefahren, um Katharina noch einmal in die Arme zu nehmen und ihr nachzuwinken. Und natürlich hatte es dicke Abschiedstränen gegeben, und natürlich hatte sie sich wieder einmal schuldig gefühlt.
    Jetzt saß sie im Auto auf dem Krankenhausparkplatz und versuchte, sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. In diesem trostlosen Bau aus den frühen Sechzigern hatte es Toni also über zwanzig Jahre lang ausgehalten. Astrid schlüpfte an einer quälend langsamen Frau mit einem Gehwägelchen vorbei durch die Tür und blieb am Glaskasten des Pförtners stehen. Der Mann saß mit dem Rücken zu ihr und telefonierte. Sie wartete ein paar Sekunden, aber als er keine Anstalten machte, sich umzudrehen, klopfte sie gegen die Scheibe.
    Widerstrebend legte er den Hörer aus der Hand und schob das Fenster auf.
    «Wie kann ich Ihnen helfen?» Katzenfreundlich nannte man das wohl.
    «Wo finde ich den Chefarzt der Chirurgischen Abteilung?»
    «Der steht sicher noch im OP», antwortete er und schloss das Fenster.
    «Augenblick!» Astrid hielt ihren Dienstausweis hoch. «Kripo Kleve.»
    Der Blick des Pförtners wurde matt. Er schnarrte irgendetwas ins Telefon, ballerte den Hörer auf die Gabel und machte das Fenster wieder auf. «Und?»
    «Ich möchte mit jemandem sprechen, der mit Dr.   Pannier zusammengearbeitet hat.»
    «Mit wem?»
    «Dr.   Anton Pannier.»
    «Nie gehört.»
    Astrid kam die Galle hoch. «Ich bitte Sie, er hat über zwanzig Jahre in dieser Klinik gearbeitet!»
    «Als was?»
    «Als Oberarzt in der Chirurgie.»
    Der Mann kratzte sich hinter dem Ohr, und ein Wölkchen fettiger Schuppen ließ sich auf seinem Kragen nieder. «Wann soll das denn gewesen sein?»
    «Er hat sich vor ungefähr vier Jahren niedergelassen, bis 2002 also.»
    «Das erklärt’s!» Sollte das ein Lächeln sein? «War vor meiner Zeit. Am besten, Sie gehen rauf in die Ambulanz und fragen da mal.»
    Im Ambulanzflur herrschte Hochbetrieb, die meisten Patienten hatten keinen Sitzplatz. «Mittwoch», dachte Astrid, da hatten die Praxen nachmittags geschlossen.
    Sie trat einem jungen Arzt in den Weg, der, den Blick fest auf den Boden geheftet, an ihr vorbeiklotschen wollte. «Ich kenne nicht», stieß er verwirrt hervor, nachdem er kurz zugehört hatte, und hastete weiter.
    Die Schwester in der Glaskanzel lächelte verbindlich, als sie Astrids Ausweis sah, konnte aber auch nur die Achseln zucken. Es war die Sekretärin des Chefarztes, die ihr schließlich weiterhalf. Ihr Büro war eine Art Durchgangslager – durch die offene Tür zum großen Ambulanzraum kamen Ärzte und Pfleger herein, legten irgendwelche Papiere ab, nahmen andere Papiere mit hinaus, sprachen im Gehen in Diktaphone – aber das schien der Frau nichts auszumachen. Sie war irgendwo in den Dreißigern und, wie Astrids Oma es ausgedrückt hätte, ein bisschen verwachsen. Aber sie versteckte sich nicht, ihr goldblondes Lockengewirr erinnerte an die amerikanischen Fernsehstars der siebziger Jahre, und auch mit Lippenstift hatte sie nicht gegeizt.
    «Dr.   Pannier habe ich nur noch kurz kennengelernt. Ein Netter war das. Ich habe im November hier angefangen, und er ist, glaube ich, Ende Dezember gegangen. Mein Chef müsste sich noch an ihn erinnern, der ist schon seit fast fünf Jahren da, aber sonst …» Nachdenklich tippte sie sich mit dem Fingernagel gegen die Schneidezähne. «Nein, die Leute aus der Zeit sind alle nicht mehr hier. Der zweite Oberarzt ist kurz nach Pannier auch gegangen, nach Holland. Einer von den Assistenten ist in Norwegen, und der andere macht irgendetwas mit Computern an Krankenhäusern im Osten. Wir haben jetzt lauter neue Ärzte, die meisten aus dem Ausland.» Sie hielt kurz inne, Astrid konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten.
    «Na ja, die bleiben nicht lange, auch die deutschen nicht. Kriegen ja alle nur noch Zeitverträge. Und mit den paar Kröten, die du als Arzt für diesen Job hier bekommst», wurde sie auf einmal lauter, «kannst du nicht einmal kleine Sprünge machen, selbst wenn du zusätzlich

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