Die Burg
Angriff auf einen Vorgesetzten», las er. «1995 … Bundeswehr. Oliver Harris war bei den Pionieren in Emmerich!»
«Soldatenblut», kommentierte Ackermann, «scheint ’ne Familienkrankheit bei denen zu sein. Un’ er muss ja wohl ’ne deutsche Mutter haben und ’nen deutschen Pass, sonst hätt’ er nich’ zum Bund gekonnt.»
«Meint ihr, wir kommen an die Akte heran?», fragte Astrid.
«Heut’ sicher nich’ mehr, et is’ schon fast elf», antwortete Ackermann. «Aber morgen bestimmt, wenn Helmut ma’ so richtig den Polizeichef raushängen lässt.»
Fünfzehn
«Jamin scheint sauber zu sein, was die Bombe angeht», erklärte van Gemmern.
«Mein Gott!», rief Astrid erschrocken. «Du siehst ja furchtbar aus! Hast du überhaupt geschlafen?»
«Schlafen ist Luxus», murmelte er und rieb sich die entzündeten Augen. «Seine Wohnung, der Keller, die Garage, alles wie geleckt. Und auf seiner Festplatte ist auch nichts Interessantes, jedenfalls nicht, was Bombenbau angeht.»
«Aber?», drängte sie.
Er zuckte schlaff die Achseln. «Jamin treibt sich auf einer Menge Pornoseiten herum – nichts Illegales –, aber ich würde sagen, er steht auf Jungs.»
Sie grübelte noch über diese Information nach, als Ackermann kam.
«Wo steckt denn Helmut?»
«Der ist noch bei der Bundeswehr wegen Oliver Harris’ Akte.» Sie schaute auf ihre Uhr, schon fast zehn. «Ich hätte gedacht, das ginge schneller.»
«Nee, nee», lachte er, «dat dauert immer, bis diese Kommissköppe mit’m Korinthenkacken fertig sind. Ich hatte bloß Glück, dat in Kalkar, wo dat ganze Zeug aus Weeze hingekommen is’, ’n alter Kumpel von mir sitzt.» Er wedelte mit einem Zettel. «Infos über Olivers Papa, nich’ viel, aber der Mensch freut sich. Also: Geoffrey Harris, Jahrgang 1949, seit 1974 verheiratet mit einer Renate Sowieso, ein Kind, Oliver, geboren am 3. Februar 1976. Harris war von 1989 bis 1992 in Weeze stationiert, dann is’ er zurück nach England, danach nach Bayern, dann nach Irland un’ wieder nach England zurück. Da is’ er jetzt seit einem guten Jahr in Rente.»
«Das ist wirklich nicht viel», sagte Astrid enttäuscht.
«Mehr war echt nich’ drin», verteidigte sich Ackermann. «Ich hab keinen mehr auftreiben können, der diese Harrisleute gekannt hat. Die werden ja alle naslang inne Weltgeschichte rumversetzt.»
Er schien sich zu freuen, dass das Telefon klingelte. «Jaa? Sie sprechen mit Josef Ackermann … Ach, du bis’ et, Peter! Un’ wie stehen die Aktien auffe Insel?»
Cox berichtete, was Penny bisher herausgefunden hatte. «Wir haben Harris eben in die Fahndung gegeben», sagte er. «Und ihr solltet ihn auch ausschreiben, für den Fall, dass er tatsächlich noch in Deutschland ist. Ich gebe dir die Daten, ein Foto habt ihr ja. Und hier ist das Autokennzeichen, VW Golf, dunkelblau, Baujahr 1997. Notierst du?»
«Aber immer.» Ackermann kritzelte etwas auf einen Aktendeckel.
«Ich habe Kontakt zu seinen Eltern aufgenommen. Sie wohnen hier ganz in der Nähe, in Evesham. Bei ihnen ist Oliver nicht, sagen sie, aber wir fahren gleich zu ihnen. Möglicherweise wissen sie ja, welche Freunde er in Kleve besuchen wollte.»
«Nu’ hol doch ma’ Luft, Jung! Du hörst dich ja an wie ’n Automat.»
«Keine Zeit», erwiderte Cox. «Wir wollen uns heute auf alle Fälle noch Harris’ Wohnung vornehmen und müssen uns vorher um die richterliche Anordnung kümmern.»
«Un’ wat macht die Liebe?», fragte Ackermann.
Er hörte, wie Cox verblüfft Luft holte und dann lachte. «Wie du es ausdrücken würdest: Alles im grünen Bereich – und zwar sehr.»
«Dann wollen wir den Kerl auch ma’ in die Fahndung geben», machte sich Ackermann ans Werk, nachdem er aufgelegt hatte.
«Klaus meint übrigens, dass Jamin auf Jungs steht», sagte Astrid.
«Wie Jungs?» Ackermann drehte sich abrupt zu ihr um. «Soll dat heißen, dat er schwul is’ oder dat er auf Kinder steht?»
«Ich hab das so verstanden, dass er schwul ist, aber ich rufe lieber nochmal im Labor an und frage nach.» Sie wählte. «Falls Klaus noch bei Sinnen ist … Der übertreibt es wirklich manchmal.»
Van Gemmern machte sich nicht die Mühe, freundlich zu sein. «Ich habe dir doch gesagt, dass Jamin nur auf legalen Pornoseiten war, und soweit ich weiß, ist Kinderpornographie immer noch illegal, oder?»
«Dir auch noch einen schönen Tag», gab sie wütend zurück.
«Dicke Luft?», fragte Toppe, der von der Tür aus zugehört
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