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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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hatte.
    «Eher wohl dicker Frust», antwortete Astrid und biss sich auf die Unterlippe.
    Toppe hängte seine Jacke auf und setzte sich auf Cox’ Platz. «Hat Peter sich gemeldet?»
    Ackermann holte ein Päckchen Tabak und Blättchen hervor und berichtete, während er mit großem Geschick fix zehn Zigaretten drehte.
    «Ich habe ein bisschen mehr über Harris’ Biographie herausgefunden, zumindest, was die Zeit bis 1995 angeht», sagte Toppe und nahm sich eine von den Selbstgedrehten.
    «Sein Lebenslauf liest sich ziemlich abenteuerlich. Bevor die Familie nach Weeze gekommen ist, hatte der Junge bereits fünf verschiedene Schulen besucht, weil sein Vater sich ständig hat versetzen lassen. 1989, als die Familie an den Niederrhein zog, kam der Junge auf das ‹Katholische Jungeninternat Herz Jesu›. Dieses Institut hat er allerdings schon 1991 wieder verlassen, also, wenn deine Informationen richtig sind, Jupp, schon ein Jahr bevor die Familie nach England zurückgegangen ist. Er hat danach ein Internat in der Nähe von Birmingham besucht, eine Art Militärakademie, wo er seinen Abschluss gemacht hat. Danach ist er zurück nach Deutschland zur Bundeswehr. 1995 war er zur Grundausbildung in der Kaserne in Emmerich, wo er von einem Unteroffizier beim ‹blutigen Masturbieren› erwischt wurde, was auch immer das bedeuten mag. Harris hat den Mann krankenhausreif geschlagen, Nasenbein- und Kieferbruch. Daraufhin ist er für eine Weile in den Bau gewandert und dann unehrenhaft aus der Armee entlassen worden. Vermerk in der Akte: ‹dissoziale Persönlichkeit, aggressiv und potentiell gewalttätig›.»
    «Mich laust der Affe», rief Ackermann, «schon wieder dat komische Internat! Dat, wo auch der Jamin un’ der Jäger drauf waren. Kann ’n blöder Zufall sein …»
    «… oder auch nicht», fuhr Astrid fort. «Ich würde mich gern mal mit dem Direktor und den Lehrern dort unterhalten.»
    «Ich auch. Dann lass uns ma’ los. Die werden ja wohl auch inner Schule wohnen, jedenfalls ’n paar von denen. Ha, so ’nen katholischen Schuppen wollt’ ich mir immer scho’ ma’ angucken!»
     
    Die Landschaft war lieblich, sanfte Hügel, grüne Hohlwege, Dörfer wie aus einem vergangenen Jahrhundert, und überall blühten Osterglocken, an den Straßenrändern, unter Hecken und in dicken, windzerzausten Büscheln unter freistehenden Bäumen.
    «Osterglocken waren die Lieblingsblumen von Königin Victoria», erklärte Penny. «Zu irgendeinem ihrer Jubiläen haben ihre ergebenen Untertanen alle eine Narzissenzwiebel in die Erde gesteckt, und die sind dann munter verwildert.»
    «Es ist wirklich schön hier», sagte Cox, «irgendwie verwunschen.»
    «Dann wird dir Evesham gefallen.»
    «Kommst du hier aus der Gegend?»
    Sie nickte. «Aus Pershore am Avon, nicht weit von Worcester. Meine Eltern wohnen immer noch dort, seit fünfunddreißig Jahren im selben Cottage. Und meine Geschwister leben auch alle in der Nähe.»
    «Wie viele hast du denn?»
    «Geschwister? Drei, zwei Brüder, einer älter, einer jünger, und eine kleine Schwester. Ich war die Wilde im Clan.»
    Er lachte. «Kann ich mir denken.»
    «Nein, wirklich, ich fand es grässlich hier. Hab gerade so mit Ach und Krach meine A-Levels gemacht und dann zugesehen, dass ich wegkam. London, natürlich, viereinhalb Jahre und danach zwei Jahre Edinburgh.»
    «Und jetzt bist du doch wieder hier gelandet», stellte er fest.
    «Ja», sagte sie zufrieden. «Und es gefällt mir gut. Fahr mal ein bisschen langsamer, ich glaube, wir müssen da vorn rechts abbiegen.»
     
    Harris’ Haus lag am Ortsrand, ein nüchterner Bau aus hellem Backstein. Das Ehepaar hatte offenbar auf sie gewartet, denn Cox hatte kaum den Finger auf den Klingelknopf gelegt, als die Tür auch schon geöffnet wurde. Geoffrey Harris war gute zwanzig Zentimeter kleiner als Cox, kompakt gebaut, mit einem kantigen Gesicht, zinngrauen Haaren und einem akkurat gestutzten Schnurrbart. Er trug einen dunklen Anzug, Hemd und Krawatte, und seine Schuhe waren auf Hochglanz poliert. Seine Frau, die zwei Schritte hinter ihm stand, wirkte nicht weniger steif: grauer Rock, grau gestreifte Bluse, Perlenkette, Betonfrisur.
    Beide schienen sie nicht viel vom Lächeln zu halten.
    «Bitte, kommen Sie herein.»
    Sie wurden ins Esszimmer geführt, dunkle Möbel, auf antik getrimmt, Stühle mit hohen, geraden Lehnen, eine Spitzendecke auf dem Tisch. Es roch unangenehm künstlich nach wildem Jasmin.
    «Nehmen Sie Platz.» Der Vater

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