Die Capitana - Roman
läuft ihm im Mund zusammen. Mit ausgestreckten Armen tastet er umher, taucht mit den Augen durch die Dunkelheit, hat nur eines im Sinn: sie aufzuspüren.
»Sag mir kalt, warm, heiß, führe mich«, bittet er sie wie ein kleiner Junge. »Wo versteckst du dich?«
Als würden sie Blindekuh spielen, dieser Mann ist vollkommen verrückt geworden, denkt Mika, während sie sich an die Wand presst, den Atem anhält, sich unsichtbar macht. Was tun? Sie muss sich schnell etwas ausdenken. Und wenn sie das Spiel mitmacht? Da entdeckt er sie.
»Hier bist du«, jubiliert er, vor Begeisterung taumelnd.
Er berührt ihre Stirn, ihr Haar, seine Hand fährt ihren glatten Hals ab, Mikas Haut zu berühren erregt ihn, er tastet sich vor zur Schulter, den Arm hinab, über die schlanke Hand, sie schreit nicht, sagt nichts, zittert sie? Ruvin fühlt, wie das feuchte Geschlecht zwischen Mikas Beinen ihn ruft, das Flehen ihres ganzen Körpers, aber er wird langsam vorangehen: Wir haben die ganze Nacht, chérie , ganz ruhig.
Er wird diese Berührungen aus seinen Träumen unzählig oft wiederholen. Das Bild ihrer erregten Brustwarzen macht ihn rasend, seine Hände suchen sie, nervös, als gälte es, einen Brand zu löschen. Gierig stürzt sein Mund sich auf sie.
Mikas Stimme, energisch und ruhig, überrascht ihn: Jan, redet sie ihn an, Jan, bringt sie ihn aus dem Konzept, er nimmt die Hände von ihren Brüsten.
»Jan Well, sieh mich an.«
Ruvins Mund sucht die Lippen von Mika, aber sie zieht sie sanft weg, nimmt seinen Kopf mit beiden Händen, behutsam, ihre einander gegenüberstehenden Gesichter, als wollte sie trotz der Dunkelheit seine Züge genau erforschen.
»Jan.«
»Sag.«
In dem Augenblick spuckt Mika ihm kräftig ins Gesicht. Ein abgestandener Ekel, zu Spucke geworden.
Die Ohrfeigen, die Ruvin ihr eine nach der anderen übers Gesicht zieht, können die Schmach, von ihr bespuckt worden zu sein, nicht lindern, sie wächst nur noch an, legt sich um ihn, erstickt ihn. Er muss auf die Straße hinaus, rennen, schreien, sich das Gesicht waschen, die Schmach aus sich herausreißen.
Als Jan gegangen war, sank Mika zu Boden und blieb reglos liegen. Von allen Schlachten, die sie gefochten hatte, hatte diese sie am meisten Kraft gekostet. Der Schlaf überkam sie, bevor sie begriffen hatte, mit welchen Waffen, welchen Mitteln sie sie gewonnen hatte.
Am nächsten Tag bemühte sie sich, die Puzzlesteine zusammenzufügen, die Fotos von Oleg Alexandrovich und Jan Wells lüsterner Blick, wie er ihr lächelnd dafür gedankt hatte, dass sie ihn vor den anderen nicht Well genannt hatte, Andrei Kozlov, der versucht hatte, sie für den Stalinismus zu gewinnen, Jan Well, der Blindekuh mit ihr gespielt hatte, mit seiner krankhaften Fixiertheit auf sie, seiner Verkorkstheit, was suchte er bei ihr … Anerkennung? Er wollte, dass Mika sich auf ihn einließ, wie schrecklich, ihn achtete, begehrte, liebte … Nur so war zu erklären, dass Jan Well, Andrei Kozlov oder wie auch immer dieser Widerling sich nannte, sie nicht vergewaltigt oder umgebracht hatte. Hatte sie ihm mit irgendetwas Anlass zur Hoffnung gegeben? Das konnte nicht sein.
Der Wärter kam herein und warf ihr ihre Kleider auf die Pritsche, die sie getragen hatte, als man sie in die Tscheka gebracht hatte.
»Wasch dich und zieh dich an. Wir bringen dich woandershin.«
Sie hat keine Ahnung, warum sie sie in die Sicherheitszentrale gebracht haben, aber in der dunklen Zelle fühlt Mika sich dem Licht sehr viel näher als in der Tscheka. Sie weiß nicht, was sie mit ihr machen werden, aber sie hat die Gewissheit, dass sie Jan Wells Klauen entkommen ist. Und das ist schon viel.
Drei Tage nachdem Juan Ojeda mit Andrei Kozlov gesprochen hatte, erhielt Rechtsanwalt Pabón die Nachricht, dass Mika Etchebéhère in der Sicherheitszentrale festgehalten wurde.
Ojeda wollte augenblicklich hinmarschieren, so aufgebracht war er, aber Pabón riet ihm davon ab, noch nicht einmal ihm hatte man erlaubt, sie zu sehen, sondern ihn damit abgewimmelt, er könnte sie in einem möglichen Prozess verteidigen, aber wie die Lage sich derzeit darstellte ... Sie mussten versuchen, zu ihrer Befreiung andere Hebel in Bewegung zu setzen.
»Mera«, sagte Juan Ojeda.
Sie konnten den POUM vernichten, aber auf die mächtige CNT - FAI verzichten konnten sie nicht. Cipriano Mera war dort Kommandant und mit Mika eng befreundet.
Manuel Muñoz, Direktor der Sicherheitszentrale, empfängt Cipriano Mera prompt: Was führt
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