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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Pogromstimmung gegen den POUM wächst, und er glaubt nicht, dass Negrín seine Auslöschung verhindern kann, vertraut er Augusto Ramírez an, einem der wenigen aus der Armee, die laut ihre Kritik äußern. Ramírez ist sich über das finstere Spiel der Kommunistischen Partei längst im Klaren, doch das Schlimmste ist, es gibt Kameraden, die tatsächlich glauben, dass die Mitglieder des POUM Agenten der Gestapo sind, nur weil die Kommunistische Partei das sagt. Niemand bestreitet die Bedeutung der russischen Unterstützung für diesen Krieg, er selbst hatte vor einigen Monaten noch eine andere Haltung als heute und lud sogar einen sowjetischen Berater zu sich nach Hause ein. Doch jetzt, da die Masken gefallen sind und er sieht, welchen Preis sie für diese Hilfe zahlen und wie die republikanische Regierung den Direktiven der Komintern Folge leistet, ist er nur noch empört. Ojeda daraufhin: Und während die Mitglieder des POUM als Verräter beschimpft, verfolgt und eingesperrt werden, lässt man Kommandant José Rovira und seine Milizionäre an der Front für die Republik die Köpfe hinhalten. Und wie viele schon gefallen sind, niederträchtig ist das.
    Mikas Verschwinden könnte damit im Zusammenhang stehen, obwohl Ojeda es merkwürdig findet, dass sie sie mehr als einen Monat vor den Anführern des POUM festgenommen haben, bei dem sie überdies gar kein ordentliches Mitglied ist. Ja, das ist merkwürdig, sagt Ramírez, der sich sehr besorgt über das Schicksal der Capitana zeigt, das passt nicht recht ins Bild, für ihn stimmt da etwas nicht.
    Niemand weiß etwas von Mika, sie haben keine Spur, weder Amparo, die Frau, bei der sie gewohnt hat, noch ihre Kameraden, noch Cipriano Mera, noch ihre Freunde in Frankreich, noch der Minister, an den der Anwalt sich gewendet hat. Ob man sie getötet hat?
    Irgendein Gefühl sagt Ojeda, dass nein und dass es möglich sein muss, sie herauszuholen. Sie müssen weiter nachforschen, Auskunft fordern, meint Ramírez.
    Die Tage vergehen, und Ethelvina begreift, dass Andrei Kozlov es ernst gemeint und sie aus seinem Leben verstoßen hat. Sie kann nichts machen, oder doch? Als sie hinter der Tür das Gespräch zwischen Augusto und Ojeda vernimmt, wagt sie es, sie zu unterbrechen:
    »Habt ihr Kozlov gefragt?«, platzt Ethelvina herein. »Er dürfte wissen, wo die Capitana ist.«
    Sie erklärt gar nicht erst, warum sie sich in ein Gespräch einmischt, das sie nichts angeht, dafür ist sie viel zu ungeduldig.
    Was weiß Ethelvina schon, hat sie Kozlov etwa gesehen, fragt Augusto sie, in harschem Ton, einem Wutanfall nah. Weder bejaht noch verneint sie es, sie wird das später mit ihm ausfechten, jetzt geht es darum, Andrei Kozlov zu denunzieren.
    »Der sowjetische Berater ist krankhaft besessen von der Capitana, das geht über die Politik und seine Arbeit weit hinaus«, behauptet Ethelvina. »Sie kennen sich seit Jahren. Vielleicht verbindet sie eine geheime Leidenschaft …«
    »Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie uns alles sagen würden, was Sie wissen, Señora«, unterbricht Ojeda und bemüht sich um einen freundlichen Ton. »Wir wären Ihnen dafür sehr dankbar.«
    »Woher weißt du, dass sie sich seit Jahren kennen?« Der zurückgehaltene Zorn färbt Augustos Wangen, verzerrt seinen Mund.
    »Er hat es mir gesagt. Er hasst sie. Oder er liebt sie. Das ist einerlei.« So wie sie Andrei, denkt sie. »Und er will sie haben.«
    »Und wo, glauben Sie, ist die Capitana?«, fragt Ojeda.
    Ethelvina weiß nichts Konkretes, aber sie hat eine Ahnung, und sie ist eine scharfe Beobachterin, erklärt sie. Zweifellos, sagt Ojeda schmeichelnd, er mag sie nicht und macht daraus auch keinen Hehl, aber er glaubt ihr, und das ist die Hauptsache.
    »Kozlov könnte ein enttäuschter Liebhaber sein, der seine Macht missbraucht, um eine offene Rechnung zu begleichen. Der sie unter dem Vorwand hat festnehmen lassen, sie sei beim POUM , und mit ihr macht, was er will. Arme Frau.«
    So ein Unsinn, fährt Augusto dazwischen, Ethelvina hat eine lebhafte Phantasie, woher will sie so etwas wissen, wenn sie Kozlov doch seit zwei, drei Monaten nicht mehr gesehen habe, woraufhin er sie fest ansieht. Sie soll es ihm bestätigen, bitte, fleht er fast.
    Jammerlappen, für ihn zählt doch nur, vor Ojeda nicht sein Gesicht zu verlieren. Was würde es Ethelvina kosten zu sagen: Ja, wir haben ihn schon lange nicht mehr gesehen. Aber den Gefallen tut sie ihm nicht.
    Ojeda erlöst ihn aus der peinlichen Situation, er bedankt sich

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