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Die Capitana - Roman

Die Capitana - Roman

Titel: Die Capitana - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Sie hierher, Kommandant.
    »An der Front hat mich eine Nachricht erreicht, die ich nicht recht glauben kann. Halten Sie etwa Mika Etchebéhère fest, eine französische Staatsbürgerin argentinischer Herkunft, die Capitana unserer Streitkräfte ist?«
    »Ja, ich erinnere mich, die Ausländerin.«
    »Wie ist es möglich, dass Sie eine antifaschistische Kämpferin von Mika Etchebéhères Format als Gefangene halten? Sie müssen sie auf der Stelle frei lassen. Was wird ihr vorgeworfen?«
    »Die Verhandlung hat noch nicht begonnen, aber einiges weist daraufhin, dass sie eine Feindin der Republik ist, Kommandant.«
    »Eine Lüge!«, fuhr Mera auf. »Das sollen sich Ihre Ankläger in meiner Anwesenheit zu sagen trauen. Diese außergewöhnliche Frau hat mit vollem Einsatz in Sigüenza, in Moncloa, in Pineda de Húmera gekämpft. Ihre Kolonne wurde am Cerro de Ávila massakriert. Und Sie sperren sie ein? Feindin der Republik?« Seine Stimme dröhnte. »Sie lassen sie auf der Stelle frei.«
    »Auf ihr lastet ein schwerer Vorwurf, Kommandant.«
    »Auf ihr lastet, dass sie mit den Milizionären des POUM gekämpft hat, den die Kommunistische Partei in ihrer verantwortungslosen Moskautreue loswerden will. Eine Verbrecherbande.«
    »Vorsicht, Mera!«
    »Wir Spanier sind dafür bekannt, dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen und die Dinge beim Namen nennen.«
    Aber auf diesem Weg wird er sein Ziel nicht erreichen, und die Compañera Mika hat es verdient, dass er sich für sie einsetzt, er darf sich jetzt nicht gehenlassen. Und Mera senkt die Stimme: Señor Muñoz, hören Sie, Mika Etchebéhère hat mein ganzes Vertrauen, dann geht er noch näher an ihn heran, sie ist eine liebe Freundin von mir, er sieht Muñoz’ Augen aufleuchten. Ich übernehme die Verantwortung für sie.
    »Hätten Sie das doch früher gesagt, Mera«, und dann dieses doppelbödige Lächeln, von Mann zu Mann.
    Soll er nur denken, was er will, wenn Mera auf diese Weise Mika befreien kann, soll es ihm recht sein: Ich bitte Sie von Mann zu Mann, lassen Sie sie frei.
    Muñoz schweigt, ist nachdenklich, aber sein Gesichtsausdruck ein anderer, und Mera, der normalerweise nicht viele Worte macht, argumentiert: Hier eingesperrt nützt sie niemandem, versucht er klarzumachen, und in der Division, die ich befehlige, können wir eine Capitana wie sie gut gebrauchen.
    »Dann weiß ich Bescheid«, lenkt Muñoz ein, »Sie können beruhigt gehen, Mera, ich werde das Notwenige in die Wege leiten, damit die Gefangene frei kommt. Aber sie wird weder in Ihre Division gehen noch in irgendeine andere, bringen Sie mich nicht in Schwierigkeiten, Kommandant, es sind an der Front keine Frauen mehr erlaubt, und schon gar nicht auf Befehlsposten, und noch dazu eine Ausländerin, die sich verdächtig gemacht hat. Bringen Sie sie an einen sicheren Ort, wo niemand sie sieht, oder sorgen Sie dafür, dass sie weggeht, in ihr Land zurückkehrt, verduftet, es kommen schon wieder bessere Zeiten, dann können Sie sie in Frankreich besuchen gehen.
    Mera könnte ihm den Hals umdrehen, aber er verbietet sich jede Regung. Das Wichtigste ist, dass die Compañera Mika frei kommt. Muñoz sieht sich um, als fürchtete er, belauscht zu werden, und sagt sehr leise:
    »Ganz im Vertrauen, Mera, Ihre Freundin ist nicht wohl gelitten.« Eine lange Pause folgt. »Bei wichtigen Leuten. Bringen Sie sie in Sicherheit.«
    Und um aus dieser unbehaglichen Vertraulichkeit, die er selbst heraufbeschworen hat, herauszukommen, streckt er ihm die Hand hin. Cipriano Mera erwidert seinen Händedruck ohne eine weitere Frage.
    Am nächsten Tag brachte Eduardo Val Mika in seinem Auto in den Norden des Río Tajuña zur 14. Division der vereinten republikanischen Streitkräfte, deren Kommandant Cipriano Mera war.
    Gleich bei ihrer Ankunft verkündete sie: Sie will weiter kämpfen, trotz allem, was passiert ist, sie wird den Krieg nicht aufgeben, man muss dem spanischen Volk beistehen. So wie die Tausenden von Brigadisten aus allen Teilen der Welt, die ihr Leben aufs Spiel setzen für eine Revolution, die allen gehört und die nichts zu tun hat mit der verbrecherischen Politik der Kommunistischen Partei und ihrer Lakaien in der Regierung. Die Kommunistische Partei und die Regierung sind nicht das Volk, Mera, nimm mich in deine Division auf.
    »Nicht jetzt, Mika, das sehen wir später.« Cipriano Meras trauriger Blick widersprach seinen Worten.
    Es war absurd, ungerecht, das wusste er, aber er konnte es nicht ändern, Compañera,

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